piwik no script img

Fake-News über beschädigte AutosNicht die Klimaaktivisten sind schuld, sondern die Russen

„Klima-Radikale“ sollen Autos mit Bauschaum attackiert haben, vermeldete im Dezember die „Bild“. Nun kommt heraus: Russland steckt dahinter.

Sabotage an Autos und Sabotage im Wahlkampf? Symobolbild mit unversehrtem Auspuff Foto: Eckhard Stengel/imago

Für die Bild-Zeitung wird es ein gefundenes Fressen gewesen sein. Vergangenen Dezember konnte man im Blatt über die „neue Chaos-Taktik der Klimaaktivisten“ lesen. Diese Klimaaktivisten sollen in Ulm Bauschaum in Autoauspuffe gesprüht und zudem Sticker am Auto hinterlassen haben. Auf den Stickern war der Grünen Wirtschaftsminister und Kanzlerkandidat Robert Habeck und die Aufforderung „SEI GRÜNER!“ zu lesen. Die Bild mutmaßte, die Aufforderung sei an Habeck gerichtet gewesen.

„Klima-Radikale attackieren Autos mit Bauschaum… und fordern mehr Klimaschutz von Minister Habeck“, hieß es in der Bild damals. Eine Überschrift, die sich wunderbar einreiht in eine Kampagne, die die Bild seit geraumer Zeit gegen Habeck, seine Partei und Gleichgesinnte fährt. Habeck sei ein „gefährlicher Traumtänzer“, sein „Heizungs-Hammer“ eine „Kostenlawine“, er „vermiest uns Weihnachten“.

Dass sein Name dann auch noch mit armen beschädigten Autos in Verbindung gebracht wird, nahm die Bild selbstverständlich mit auf. Nicht nur in Baden-Württemberg, auch in Berlin, Brandenburg und Bayern fand man mit Bauschaum verstopfte Auspuffe.

Jetzt stellt sich heraus: Es waren doch nicht die radikalen Klimaaktivisten. Wie Der Spiegel berichtet, seien es russische Akteure gewesen, die das Ganze angezettelt haben sollen. Demnach rekrutieren russische Geheimdienste Amateure – sogenannte „low level agents“ – um den Wahlkampf zu sabotieren. Hier seien es Menschen gewesen, die laut Spiegel über soziale Medien, etwa der Messenger App „Viber“, angeheuert wurden, um Sticker an den Windschutzscheiben und Schaum in den Auspuffen zu verteilen. Einer der Täter soll pro beschädigtem Auto 100 Euro vom geheimen Drahtzieher bekommen haben.

Mediale Manipulationskampagnen

Sicherheitskreise verweisen darauf, dass solche Aktionen im Rahmen des Bundestagswahlkampfes nicht selten seien, um die Wahlergebnisse möglicherweise zu beeinflussen. Die im vorletzten Jahr veröffentlichten Privatnachrichten des Axel-Springer-Chefs Mathias Döpfner zeugen davon, dass auch er sich mit so einer Einflussnahme auskennt. In den Nachrichten soll er den damaligen Bild-Chefredakteur Julian Reichelt darum gebeten haben, in der Bild mehr für die FDP zu tun.

Pro-FDP. Pro-CDU/CSU. Anti-Linke. Anti-SPD. Anti-Grüne. So ließe sich die Bild-Berichterstattung treffend beschreiben, findet auch Übermedien. In einem Video vom Januar sammeln und analysieren sie Anti-Habeck-Inhalte, um die Funktionsweise medialer Manipulationskampagnen darzustellen. Darin zitieren sie auch den Medienwachblog „Kobuk“.

Der veröffentlichte 2023 eine Analyse von 147 Bild-Artikeln aus dem Jahr 2022, die Habeck thematisierten – Meinungsbeiträge waren dabei ausgeschlossen. Die Analyse ergab, dass nur 45 davon neutral gewesen seien, dagegen seien ganze 101 negativ und ein einziger habe etwas Positives über den Grünen Politiker zu sagen gehabt. An dieser Verteilung hat sich seit dem nicht viel verändert. Und obwohl es nun eine Kehrtwende im Fall der vermeintlichen autofeindlichen „Klima-Radikalen“ gibt, war der Bild-Beitrag dazu bis Redaktionsschluss noch online.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

15 Kommentare

 / 
  • Was schließen wir daraus?

    Das nächste SUV wird ein Elektroauto.

  • Tja, die B*** und Fakten, die dem Konzept der Redaktionskonferenz zuwiderlaufen. Dumm nur, daß man dort weder den "Spiegel" noch die Ermittlungsbehörden feuern kann ...

  • Auch auf die Gefahr hin als Putin-Freund/Fan/Agent/ ... bezeichnet zu werden*, sehe ich zurzeit nach allen mir bekannten Informationen die Verantwortung Russlands für diese Aktion so wahrscheinlich wie die Verantwortung für den Anschlag auf die Nordstreampipeline. Es ist ein "russischstämmiger Serbe" als Geldgeber und Drahtzieher verdächtig. Das ist nach meinem Wissen das Hauptindiz für die "Russlandconection". Bißchen schwach finde ich.

    *Was ich nicht bin, nur würde natürlich so eine Person das auch behaupten. Ergo macht mich das erst recht verdächtig! ;-)

    • @Mustardmaster:

      Es ist nicht erwiesen. Es wäre dabei stimmig und innerhalb anderer Muster, es hat ein Motiv. Putin hat schon einiges an Geld und Ressourcen und Spins aufgebracht, um denjenigen zu schaden, die als erste benannten, wie er im Inneren und Äußeren gegen die Demokratie und den Frieden agierte und agiert.



      Die Grünen stehen nun einmal konsequent gegen Putins Revisionismus. Auch für die Energiewende, die Putin und den Scheichs jeden Tag mehr Ressourcen für Rabatz entziehen wird.

  • Frage: Hat Deutschland noch eine Spionageabwehr und was macht der Mann hauptberuflich?



    Und sollten die Einflussagenten des russischen Faschismus nicht mal Besuch vom.Staatsanwalt bekommen? Und ihre Wasserträger bei Springer und Konsorten auch - wegen Beihilfe zum Landesverrat?



    Ich wollte, der mediale und politische Furor, der wegen der "Migrationskrise" entfacht wird, würde sich am Thema Landesverrat, Sabotage und Spionage (AFD, NAZIS, BSW Schröder - SPD...) sowie der Beihilfe dazu genauso heftig entzünden.

    • @Schytomyr Shiba:

      Die Dienste dürften auch hierzulande mehr wissen, als in den Medien steht, würde ich doch mal annehmen.

      Putin spielt nicht Win-win, sondern in seinem eingefressenen Stress Ich-oder-du. Wo können wir ihm nun begrenzte Gegenstiche zufügen, dass er sein Verhalten wieder ändert? Jenseits der Sanktionen. Und ganz nüchtern.

  • Seit Putin in Russland an der Macht ist, wird Deutschland unterwandert, siehe G. Schröder, welcher sich von Putin de facto zum Oligarchen hat machen lassen.



    Wir haben sogar die Strategischen Gasreserven an Gazprom verkauft (und plötzlich waren dann mal die Speicher fast leer, "na sowas").

    Frau Merkel war dazu noch sehr blauäugig, wie sehr viele Politiker*innen aus dem Osten, siehe Wagenknecht.

  • Die Bild ist keine Zeitung, sondern ein ausführendes Organ des Fossil-Kapitals, so sehr ich auf individuelle Ausnahmen hoffe und Springerjournalistens zum Widerstand dagegen aufrufe.



    Die Obsession mit denen, die Klimaschutz betreiben, ist ja sehr auffällig.



    Sollte man nicht wenigstens als auch mal transatlantisch orientiertes Blatt gegen Putin-Russland zusammenhalten, werte Bild?

  • Im Grunde gingen die Attacken schon los bei Schröder. Dann kam Appeasement Weltmeister Merkel. Alles was Merkel tat oder nicht tat förderte Russland und schadete Deutschland und jetzt haben wir Scholz, der offensichtlich immer noch im "Seeheimer Kreis" festhängt. Im "Seeheimer Kreis" hat Putin - Marionette Schröder immer noch sehr großen Einfluss.

    Kein Wunder das Deutschland

    so bescheiden aussieht, in der Selbstverteidigung gegen Russland.

    Außerdem kann ich jedem nur empfehlen die 10-12 wichtigsten Hagiographien des Halbmondes, speziell über die Zeit in Medina, selbst zu lesen.

  • Der veröffentlichte 2023 eine Analyse von 147 Bild-Artikeln aus dem Jahr 2022, die Habeck thematisierten – Meinungsbeiträge waren dabei ausgeschlossen. Die Analyse ergab, dass nur 45 davon neutral gewesen seien, dagegen seien ganze 101 negativ und ein einziger habe etwas Positives über den Grünen Politiker zu sagen gehabt

    Na, ob die taz bei Merz eine bessere Quote hat?

    • @Strolch:

      Gibt es denn was Gutes über Merz zu sagen?

  • Was sagen die großen Putinfans von AgD und BSW dazu und die christdemokratischen Russlandfreunde wie Kretschmer?



    Traurig aber war, wir haben längst einen hybriden Krieg, ausgehend von Russland und wenn man solch Pressekonzerne wie Springer hat, die mittlerweile auf demokratische Werte scheißen, macht es das nicht einfacher.

    • @Axel Schäfer:

      Gute Frage:

      www.gmx.net/magazi...-einladen-40637838

      Zitat: "Das BSW habe argumentiert, dass Wagenknecht nach Unionskanzlerkandidat Merz die zweitbesten Chancen auf die Kanzlerschaft habe, weil sie in einer zwar nicht gewünschten, aber auch nicht ausgeschlossenen Koalition mit der AfD als "Königsmacherin" sogar die Kanzlerschaft beanspruchen könnte."

      und zwar in einem Schriftsatz an das Verwaltungsgericht, bei dem sich SW in die Wahlrunde des WDR einklagen wollte. Hat die Richter nur leider nicht überzeugt.

    • @Axel Schäfer:

      Das krasse ist, dass es in Deutschland jede Menge solcher Fälle gibt, aber das von den Behörden und der Regierung kaum öffentlich thematisiert wird, um die Menschen nicht zu beunruhigen. Andere Länder, etwa Polen, sind da viel transparenter und klarer.

  • Wird Zeit, den Russen den Krieg zu erklären ;-)