Fahrraddemo gegen A39 und Trinity-Werk: Protest auf der Autobahn verboten
Aktivist*innen wollen am Sonntag auf der A39 gegen die Autobahn und das Trinity-Werk von VW demonstrieren. Die Behörden wollen die Strecke ändern.
Der Widerstand gegen den Ausbau der A39 hält schon seit Jahren an. Die Gruppe, die sich hinter der Kampagne „Stop Trinity“ verbirgt und die gegen das von VW geplant E-Auto-Werk ist, hat sich im Spätsommer in Wolfsburg formiert. Gemeinsam wollten sie „den Zusammenhang zwischen den beiden Autowahnsinns-Projekten verdeutlichen und für eine echte Verkehrswende demonstrieren“, heißt es in ihrer Mitteilung.
Ruben, der sich derzeit bei der Mahnwache auf dem künftigen Baugelände der Fabrik bei Wolfsburg aufhält, erläutert, dass die A39 vor allem für VW eine wichtige Route nach Bremerhaven sei.
In einem Schreiben der Landräte aus Gifhorn, Uelzen und Lüneburg sowie des Oberbürgermeisters von Wolfsburg von Ende Oktober wird Letzterer tatsächlich wie folgt zitiert: „Die Autobahn ist auch für Volkswagen und das neue Trinity-Werk eine zentrale Verkehrsanbindung.“ Adressiert ist das Schreiben zum sogenannten Lückenschluss der A39 an den Bundesverkehrsminister.
Eine Antriebswende reicht Aktivist*innen nicht
Für Ruben bedeutet „echte Verkehrswende“, dass bei VW künftig Straßenbahnen statt Autos vom Band rollen sollen. „Autoverkehr zerstört Klima und Umwelt, unabhängig vom Antrieb.“ Auch für E-Autos würden Rohstoffe gebraucht, Herstellung und Betrieb kosteten Energie. Und trotz verbesserter CO2-Bilanz bleibe „der ganze andere Scheiß, den der Autoverkehr mit sich bringt“ bestehen: versiegelte Flächen, Unfallopfer, Feinstaub durch Reifenabrieb.
Vor gut drei Wochen sei die Demo bei der Stadt angemeldet worden, sagt Ruben. Von 10 bis 17 Uhr sollte zwischen dem Kohlmarkt in Braunschweig und dem Baugelände der „Trinity“-Fabrik über die Autobahn 39 geradelt werden. „Die Route ist so gewählt, dass sie die Inhalte optimal in der Streckenführung zum Ausdruck bringt“, steht in dem Antrag, der der taz vorliegt.
Doch dann sei am Montag zu einem „Kooperationsgespräch“ eingeladen worden. „Es war von Beginn an klar, dass das am wenigsten milde Mittel, nämlich die totale Untersagung, das Ziel war“, heißt es in der Mitteilung der Aktivist*innen. Der Anmelder der Versammlung habe angeboten, über die Abschnitte der Autobahn zu verhandeln, die Route eventuell zu verkürzen. Darauf sei die Behörde gar nicht eingegangen.
Ein Sprecher der Stadt Wolfsburg schreibt der taz, dass man die Versammlung nicht verboten, sondern lediglich die Strecke verändert habe, „da eine Führung über die Autobahn nicht möglich war“. Es sei eine „geeignete Alternativstrecke mit entsprechenden Zwischenkundgebungen zwischen Polizei und Stadt Wolfsburg abgestimmt“ worden. Die zweite wesentliche Veränderung zur Anmeldung der Demo ist die Startzeit: Aufgrund des Volkstrauertags dürfe die Auftaktkundgebung in Braunschweig erst um elf Uhr starten statt um zehn.
Polizei soll von Unfallrisiken gesprochen haben
Ein Sprecher des Braunschweiger Gerichts schreibt zu der Verlegung der Route, dass die Stadt sich auf eine Stellungnahme der Polizei beziehe, „die vor allem auf Unfallrisiken (auch für die Teilnehmer der Demo) hingewiesen hat“. Der Eilantrag der Aktivist*innen wende sich gegen eben diese Auflagen.
Im April hatten mehrere Hundert Menschen auf der A39 bei Braunschweig eine Fahrraddemo abgehalten. Die Aktion des Bündnisses „Verkehrswende statt Antriebswende“ war genehmigt und von der Polizei begleitet worden.
Ruben setzt wenig Hoffnung in das Braunschweiger Gericht. „Das ist ein elendes Geklüngel zwischen VW, Stadtverwaltung und Gericht“, sagt er. Vermutlich werde es für die Stadt entscheiden. In dem Fall wollten die Kläger eine Instanz weiter gehen: zum Oberverwaltungsgericht in Lüneburg. Dieses sei „weit genug weg von VW“.
Bereits zum Start der Mahnwache auf dem Acker, auf dem das „Trinity“-Werk gebaut werden soll, hatten die Aktivist*innen gegen Auflagen der Stadt geklagt, die diese ihnen für die Mahnwache gegeben hatte – zum Beispiel sollten sie Sicht- oder Lärmschutzwände zur angrenzenden Straße aufstellen. Das Gericht in Braunschweig wies die Klage dagegen ab, beim Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hatte sie dann Erfolg.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Privatjet auf Sylt besprüht
Haftstrafen für Letzte Generation – ohne Bewährung
Debatte um Bezahlkarte
Hundegulasch und Auslandsüberweisungen
Freihandelsabkommen Mercosur
Gegen die Isolation
„Wrapped“-Marketingkampagne von Spotify
Nicht einwickeln lassen!
Nach Recherchen zum Klaasohm-Fest
Ab jetzt Party ohne Prügel
Stellenabbau in der Autoindustrie
Kommt jetzt die Massenarbeitslosigkeit?