Fahrrad-Demo: Verkehrspolitik in Sternform
Sonntag wollen Fahrradfahrer zeigen, wie gut man ohne Auto von A nach B kommt. Allein die Radwege lassen zu wünschen übrig, so die Botschaft der Protestierer.
HAMBURG taz | Es gibt nicht viele Gelegenheiten, zu denen man als Radler über die Köhlbrandbrücke fahren darf. Am Sonntag, bei der Sternfahrt des Vereins Mobil ohne Auto Nord, lässt sich damit ein politisches Statement verknüpfen: Und zwar die Forderung, das Radfahren sicherer und angenehmer zu machen – und zwar pronto. Hinter dem Verein stehen große Umwelt- und Verkehrsverbände wie der Naturschutzbund (Nabu), der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) oder auch das Umwelthaus am Schüberg des Kirchenkreises Hamburg Ost.
Die Fahrradsternfahrt findet jedes Jahr Mitte Juni statt. Im vergangenen Jahr versuchten auf diese Weise rund 7.000 Menschen der Verkehrspolitik des Senats Beine zu machen. Dieser verfolgt zwar seit 2008 eine Radverkehrsstrategie. Doch nach Ansicht von Mobil ohne Auto handelt der Senat nicht rasch und stringent genug. „Der Wille ist da, aber die Umsetzung ist zu langsam“, sagt Uwe Jancke vom ADFC. Das Markieren von Radfahrstreifen, der Umbau von Kreuzungen und der Abbau von Hindernissen halte mit dem Wachstum des Fahrradverkehrs nicht Schritt.
Der Senat hat in seiner Radverkehrsstrategie das Ziel formuliert, den Anteil des Fahrradverkehrs bis 2015 auf 18 Prozent zu erhöhen. Bei der letzten Zählung 2008 waren es noch zwölf Prozent. Punktuelle Erhebungen des Senats deuten aber darauf hin, dass der Fahrradverkehr seither deutlich zugenommen hat. Die Strategie sieht vor, das Fahrradfahren sicherer zu machen, die Hauptrouten auszubauen und jährlich fünf Millionen Euro in den Radverkehr zu investieren.
Im Arbeitsprogramm für diese Legislaturperiode betont der SPD-Senat, er wolle besonders das bestehende Radwegenetz in Stand setzen und optimieren. So sollen regionale Netze wie in der Innenstadt, Bergedorf und Harburg ausgebaut werden.
Start: Die Fahrradsternfahrt beginnt zwischen 6 und 13 Uhr an 60 Orten in Hamburg und dem Umland.
Vier Fahrradgottesdienste werden entlang der Strecken angeboten: um 9.30 Uhr in Sasel, Hasloh und Moorburg sowie um 10 Uhr in Reinbek.
Die Abschlusskundgebung beginnt um 14 Uhr im Hof des Museums für Arbeit in Barmbek. Dort gibt es Bio-Essen, Infostände, Musik und Interviews mit Verkehrspolitikern.
Ausstellung: Teilnehmer der Sternfahrt können sich zu einem ermäßigten Preis die aktuelle Ausstellung des Museums zum Thema "Fahrrad" ansehen.
Schirmherr ist der Tagesschau-Sprecher Thorsten Schröder.
Mehr: fahrradsternfahrt.info
Jancke wirft dem Senat vor, er betreibe mit seiner Radverkehrspolitik Flickschusterei. „Es ist nicht zu erkennen, dass für den Radverkehr durchgängig etwas getan wird“, kritisiert er. Oft lasse der Senat etwa Kreuzungen umbauen und verbessere dabei die Verkehrsführung für die Radfahrer. Die Strecke zwischen den Kreuzungen bliebe aber so schlecht wie bisher. Gleiches gelte für Radwege oder Fahrstreifen, die plötzlich aufhörten. „Stellen Sie sich vor, es wird ein Stück Autobahn gebaut und dann kommt ein Stück Landstraße oder plötzlich ein Feldweg“, sagt er. „So empfinde ich das in Hamburg.“
Ein zentrales Anliegen der Sternfahrt ist die Sicherheit der Radfahrer. Entscheidend dabei sei, dass Rad- und Autofahrer einander im Blick haben könnten, sagt Thomas Schönberger vom Haus am Schüberg. Das sei am besten dadurch gewährleistet, dass Radfahrer auf der Fahrbahn führen. Diese Erkenntnis hat sich schon vor vielen Jahren in der Straßenverkehrsordnung niedergeschlagen. Ihre Umsetzung etwa durch die Markierung von Radfahr- und Schutzstreifen verläuft jedoch schleppend. Mobil ohne Auto plädiert außerdem dafür, flächendeckend Tempo 30 einzuführen.
Unterm Strich gesteht der Verein dem Senat zwar zu, vieles richtig zu machen, etwa beim Bau von Velorouten. Im Vergleich zu anderen Städten bleibe Hamburg jedoch hinter seinen Möglichkeiten zurück. Beim jüngsten Fahrradklimatest des ADFC landete Hamburg unter den deutschen Großstädten mit mehr als 200.000 Einwohnern noch immer auf einem der letzten Plätze. „Wenn man die Klimapolitik ernst nimmt, muss man die Radverkehrspolitik forcieren“, sagt Schönberger.
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