Facebook klärt über Fake News auf: Soll das alles sein?
Facebook schaltet in drei großen Tageszeitungen eine Anzeige mit Tipps, wie man Fake News erkennt. Liegt die Verantwortung damit bei den Nutzern?
Es gibt da dieses Sprichwort: Wie man sich bette, so schlafe man auch. Facebook schläft derweil wohl ziemlich schlecht. Wegen Hasskommentaren und bewussten Falschmeldungen, die häufig in dem sozialen Netzwerk gepostet werden, wächst der Druck auf das amerikanische Unternehmen. Vor allem, seit Fake News die Wahl in den USA beeinflusst haben sollen.
Fake News, darunter versteht man Nachrichten, die nachweislich falsch sind, ohne genaueres Hinsehen aber echt aussehen. Und die verbreiten sich über das Netzwerk mit seinen 1,9 Milliarden aktiven Nutzer*innen schnell. In Deutschland wird nun gefürchtet, dass jene Falschmeldungen auch die Bundestagswahl im Herbst beeinflussen könnten.
Facebook muss handeln, so viel ist mittlerweile klar. Lange Zeit hatte es sich gut gebettet, seit seiner Gründung 2004 wuchsen die Mitgliederzahlen stetig, das soziale Netzwerk rauschte vorbei an Myspace, Studi-VZ und Co, das Unternehmen machte Gewinne in Milliardenhöhe. Die Träume der Mitarbeiter*innen dürften süß gewesen sein in jenen Tagen.
Doch das Klima auf der Plattform änderte sich. Es begann mit Hasskommentaren, die immer weiter zunahmen und mittlerweile in Kommentarspalten bestimmter Beiträge überwiegen. Facebook reagierte verhalten, zog sich lange aus der Verantwortung. Ist ja auch gar nicht so leicht – immerhin gibt es Meinungs- und Pressefreiheit. Wie entscheiden, ob etwas Meinung oder Beleidigung ist? Und wann sogar strafbar? Und ist es dann nicht vielleicht Sache der Polizei? Wie auch immer: Das Nicht-Reagieren löste das Problem natürlich nicht.
Auch nach dem ersten Aufkommen von Fake News wies das Unternehmen erst alle Verantwortung von sich. Die Annahme, Fake News hätten den Wahlkampf in den USA beeinflusst, erklärte Facebooks Chef Mark Zuckerberg noch im November für verrückt. Doch mittlerweile nimmt Facebook sich dem Thema Fake News an. Höchste Zeit, denn es ist nicht nur längst ein Politikum, sondern auch Politik.
Heiko Maas fordert in einem neuen Gesetzesentwurf, dass Postings mit rechtswidrigen Inhalten innerhalb von 24 Stunden von der Plattform entfernt werden – sonst soll es Bußgelder bis zu 50 Millionen Euro geben. Eine Drohung wie diese lässt auch ein reiches Unternehmen wie Facebook nicht schlafen.
„Lies Überschriften kritisch“
Stattdessen handelt es. Am Donnerstag veröffentlichte es in drei großen, überregionalen Zeitungen eine Anzeige mit zehn Tipps, wie man Falschmeldungen erkennen könnte: in der Süddeutschen Zeitung, Bild und Handelsblatt. Sie erscheinen in 14 Ländern außerdem drei Tage lang auch als oberster Post in der Timeline jedes Mitglieds.
Verkürzt lauten die Tipps: Lies Überschriften kritisch, sieh dir die URL an, Überprüfe die Quelle, Achte auf die Formatierungen, schau, ob Fotos bearbeitet wurden, checke die angegebenen Daten und die Quellen, schau in anderen Medien, ob du den Bericht dort auch findest, denke daran, dass es auch Satire sein kann.
Soll das alles sein? Mit all den Gewinnen, die das Netzwerk einspielt, kriegt es nichts anderes hin als diese Liste, die auch noch voll ist mit zeitintensiven Anweisungen an Nutzer*innen? Zumal es schon seit über einem Jahr in den USA die Möglichkeit gibt, einzelne Meldungen als falsch zu melden. Machen nur nicht besonders viele.
Fairerweise muss man sagen: Das ist nicht alles, was Facebook tut. Auf seinem Blog berichtet das Unternehmen von seinem Programm. Das beinhaltet unter anderem, neue Produkte zu entwickeln, die Fake News erkennen und das Verbreiten stoppen. Außerdem sollen nicht nur Nutzer*innen die Nachrichten prüfen, sondern auch externe Firmen wie das spendenbasierte Recherchebüro Correctiv.
Beim Kampf gegen Fake News geht es auch darum, den finanziellen Nutzen der Verfasser*innen einzudämmen. Denn laut Facebook-Manager Adam Mosseri ist das der Hauptgrund für das Erstellen der Nachrichten – nicht etwa eine bestimmte Ideologie. Die reißerisch verfassten Beiträge bringen Klicks und damit höhere Erlöse durch auf den Seiten geschaltete Werbung.
Wie bei dem am Anfang genannte Sprichwort liegt der Hohn nahe: „Ihr habt euch das eingebrockt, also löst es auch.“ Stimmt ja auch. Zum Teil. Ein soziales Netzwerk ist aber eben auch sozial. Also kann man ruhig mal einen Beitrag melden, wenn der einem merkwürdig vorkommt. Für's Klima eben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen