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Extreme WetterereignisseKlimawandel beeinträchtigt Weinproduktion weltweit

Starker Regen, Stürme, Frost und Trockenperioden machen dem Weinbau weltweit zu schaffen. Auch ein geändertes Konsumverhalten hat Folgen.

Messung des Oechsle-Werts von Trauben mit einem Refraktometer: 2024 wurde so wenig Wein produziert wie zuletzt in den 1960ern Foto: Jan Woitas/dpa

Dijon dpa | Die weltweite Weinerzeugung ist 2024 nach Branchenangaben wegen extremer Witterungseinflüsse auf den niedrigsten Stand seit mehr als 60 Jahren gesunken. Die Erzeugung fiel auf 225,8 Millionen Hektoliter, was ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr von 4,8 Prozent bedeutet, wie die Internationale Organisation für Rebe und Wein (OIV) im französischen Dijon mitteilte. Neben dem Klimawandel hätten sich die wirtschaftliche Lage und ein sinkender Konsum, auf den die Winzer sich einstellten, negativ auf die Weinerzeugung ausgewirkt.

In der EU lag die Weinerzeugung mit 138,3 Millionen Hektolitern im vergangenen Jahr um 3,5 Prozent unter der von 2023. In Deutschland, dem viertgrößten europäischen Erzeugerland, sank sie nach den OIV-Daten um 9,8 Prozent auf 7,8 Millionen Hektoliter. Als extreme Wettereinflüsse nannte die Branchenorganisation unter anderem Starkregen, Hagel, späten Frost im Frühjahr, Trockenperioden und in der Folge dieser Witterung auch Schädlingsbefall.

Italien als weltweit größte Weinbaunation verbuchte mit einer Erzeugung von 44,1 Millionen Hektoliter zwar ein Plus, lag aber immer noch 6 Prozent unter dem Fünfjahresdurchschnitt. Frankreich als zweitgrößter Erzeuger verzeichnete mit 36,1 Millionen Hektolitern einen Rückgang um 23,5 Prozent und damit die niedrigste Produktion seit 1957. Spanien auf Rang drei bleibt mit einer Erzeugung von 31 Millionen Hektolitern 11,1 Prozent unter dem Fünfjahresschnitt.

Der weltweite Weinkonsum 2024 wird auf 214,2 Millionen Hektoliter geschätzt, was im Vorjahresvergleich einen Rückgang um 3,3 Prozent und damit die niedrigste Menge seit 1961 bedeutet. Damit setzt sich ein Trend fort, für den neben kurzfristigen wirtschaftlichen Gründen wie etwa die Inflation ein veränderter Lebensstil und soziale Gewohnheiten und ein anderes Verbraucherverhalten verantwortlich sind. In der EU sank der Konsum im Vorjahresvergleich um 2,8 Prozent auf 103,6 Millionen Hektoliter, was im Fünfjahresdurchschnitt ein Minus von 5,2 Prozent bedeutet. In Deutschland lag der Konsum mit 17,8 Millionen Hektolitern um drei Prozent niedriger als 2023.

Weinexport stabil

Der Wert der weltweiten Weinexporte wird für 2024 auf 35,9 Milliarden Euro geschätzt, was nur einen geringfügigen Rückgang gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Auch der durchschnittliche Exportpreis bleibt unverändert bei 3,60 Euro pro Liter. Das Gesamtpreisniveau ist nach Angaben der Branchenorganisation hoch, unter anderem weil sich der Trend zu höherpreisigen Weinen in den letzten Jahren immer stärker ausgeprägt hat.

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3 Kommentare

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  • In Geisenheim sind sie schon seit längerem aktiv:



    www.hs-geisenheim....er-die-weinbranche



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    Auf der Südhalbkugel nicht anders:



    "Australia’s wine future: Adapting to short-term climate variability and long-term climate change"



    Quelle wineaustralia.com



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    Wein hat hoffentlich eine Resilienz-Reserve aus mehreren Jahrtausenden einer liebevoll mit Engagement betriebenen Kultivierung, jetzt zusätzlich önologisch unterstützt.

  • Wenn in Deutschland trotz Produktionsrückgangs der durchschnittliche Ertrag pro Hektar im Jahr 2024 bei mehr als 75 Hektolitern lag, ist das immer noch deutlich zu viel - anders als in Frankreich wo er nur halb so hoch war.



    Laut den Zahlen im Artikel gab es auch 2024 weltweit trotz Produktionsrückgang einen deutlichen Produktionsüberschuss gegenüber dem Verbrauch.



    Bei dem seit Jahrzehnten zu beobachtenden Rückgang des Verbrauchs in Europa ist es am sinnvollsten, die Hektarerträge zu senken und damit die Qualität zu steigern.



    Viele Winzer tun das bereits freiwillig - namentlich in Deutschland, das im Vergleich zu Frankreich, Italien und Spanien viel zu hohe Hektarerträge erlaubt.



    Die Anpassung an den Klimawandel macht das nicht überflüssig - im Gegenteil:



    Wenn die Weine nicht plump werden sollen, muss in Deutschland der Erntezeitpunkt (wieder) vorverlegt werden. (Er lag vor vierzig Jahren noch 3-4 Wochen früher als in unserem Jahrzehnt. Damals hatten deutsche Spätlesen 12,5 vol. % Alkohol, heute haben selbst viele einfache Qualitätsweine über 13%.)



    Wenn das nicht reicht, muss man auf hitzeresistente Rebsorten umstellen. Merlot findet man jetzt schon in Deutschland.

  • "Damit setzt sich ein Trend fort, für den neben kurzfristigen wirtschaftlichen Gründen wie etwa die Inflation ein veränderter Lebensstil und soziale Gewohnheiten und ein anderes Verbraucherverhalten verantwortlich sind. "

    Vorrangig wirksam wird hier europaweit der demographische Wandel: Die Generation 60+ trinkt einfach weniger Wein pro Mensch und Abend als genau die selben Leute vor 10 oder gar 20 Jahren. Die ausgedünnte Generation der heute 30-Jährigen können das auch als ehemalige Bingetrinker (journalistisches Etikett von vor 10 Jahren) nicht kompensieren. Da muss man keinen Klimawandel oder die Inflation bemühen, das ist Biologie/Biographie.