Exmitarbeiter vor Gericht: Die Mexiko-Deals von Heckler & Koch
Ehemalige Beschäftigte der Firma Heckler & Koch sollen ungenehmigt tausende Gewehre nach Mexiko geliefert haben. Nun startete der Prozess gegen sie.
Konkret geht es um Lieferungen von Tausenden Gewehren, Maschinenpistolen sowie Zubehör in den Jahren 2006 bis 2009 in die mexikanischen Provinzen Chiapas, Chihuahua, Jalisco und Guerrero, in denen bürgerkriegsähnliche Zustände herrschten. Die Gewehre sollen beim Verschwinden von 43 Studenten aus Ayotzinapa verwendet worden sein. Der Fall erregte weltweit Aufsehen.
Waffenexporte nach Mexiko genehmigte die Bundesregierung in der Vergangenheit nur, wenn der Empfänger garantierte, dass sie nicht in diese Unruheprovinzen geliefert werden. Inzwischen sind Exporte von sogenannten Kleinwaffen in solche Länder ganz verboten. Die 13. Große Wirtschaftsstrafkammer unter Vorsitz von Frank Maurer muss nun klären, ob die Mitarbeiter des Waffenherstellers gegen diese Vorgaben vorsätzlich verstoßen haben. Dabei liegen die mutmaßlichen Taten schon über zehn Jahre zurück.
Den Anstoß für das Verfahren gab 2010 eine Anzeige des Rüstungsgegners Jürgen Grässlin sowie seines Anwalts Holger Rotbauer. Bis 2016 hatte das Gericht gebraucht, bis die Anklage zugelassen wurde. Erst jetzt konnte das Verfahren eröffnet werden. Grund für die Verzögerung sei die hohe Auslastung der Kammer, erklärte der Vorsitzende. „Jede andere Spekulation über Gründe habe keine Grundlage“, betonte er und trat damit Vermutungen entgegen, das Gericht habe das Verfahren verzögert, um Strafrabatt wegen langer Verfahrensdauer geben zu können. Diese Spekulation bezog sich vor allem auf einen der ehemaligen Angeklagten, der vor seiner Tätigkeit bei Heckler & Koch Landgerichtspräsident in Rottweil war.
Die wesentliche Frage
Besonders offensiv trat denn auch der Anwalt dieses ehemaligen Richters auf. Er warf der Staatsanwaltschaft „juristische Infamie“ vor. Für Heckler & Koch und damit für seinen Mandanten habe die Verantwortung für den Verbleib der Waffen mit der Lieferung an eine Regierungsbehörde nach Mexiko-Stadt geendet.
Eine wesentliche Frage in der Verhandlung dürfte deshalb sein, ob die Mitarbeiter des Waffenherstellers dafür Sorge tragen mussten, dass die Gewehre, die an das mexikanische Verteidigungsministerium geliefert wurden, nicht in die Unruheprovinzen weitergereicht wurden. Der Verteidiger des angeklagten Geschäftsführers B. verwies darauf, dass auf der Verbleibserklärung, die das Bundeswirtschaftsministerium verlangte, nur das Land Mexiko gestanden habe, keine Provinz. Die Staatsanwaltschaft sieht das anders.
Wenn die Mexiko-Deals von Heckler & Koch in Ordnung wären, stellt sich die Frage, warum die neue Geschäftsleitung 2016 nach einer umfangreichen internen Untersuchung aufwendige Kontrollmaßnahmen gegen Korruption und für gesetzestreue Exportrichtlinien eingeführt hat. Ein Anwalt von Heckler & Koch betonte, das Unternehmen habe seit den Vorgängen damals seine gesamte Strategie und Unternehmenskultur verändert. Geliefert würde heute überhaupt nur noch an sogenannte „grüne Länder“ – Staaten etwa, die zur EU oder Nato gehören oder strenge Menschenrechtsstandards erfüllen.
Es zeichnet sich ab, dass die Vertreter von Heckler & Koch bemüht sind, die Verantwortung den angeklagten Mitarbeitern zuzuschieben, während die Angeklagten den Behörden in Mexiko die Verantwortung geben. Wichtige Hinweise könnte in diesem Zusammenhang ein Whistleblower geben, der Grässlin seinerzeit auf die Vorgänge aufmerksam gemacht hat. Der ehemalige Waffenvorführer von Heckler & Koch soll belegen können, dass die Firma Vorführungen ihres Sturmgewehrs für mexikanische Sicherheitskräfte gezielt in den fraglichen Provinzen abgehalten hat. Der Mann ist bisher jedoch nicht als Zeuge geladen.
Lesen Sie auch den Hintergrund: Morde an Studenten – Deutsche Waffen, tote Mexikaner
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