Exlinker gegen Altlinke vor Gericht: Schrille Trennung
Hat Jutta Ditfurth über die Stränge geschlagen, als sie Jürgen Elsässer einen Antisemiten nannte? Eine Richterin scheint geneigt, es so zu sehen.

MÜNCHEN taz | Es ist ein politisches Scheidungsdrama. Sie waren beide links, kämpften beide gegen rechte Parolen, ja trafen sich sogar einmal Anfang der 90er in der antideutschen Fraktion: Buchautorin Jutta Ditfurth und der Journalist Jürgen Elsässer. Jetzt sitzen sie sich vor Gericht gegenüber.
Denn Elsässer hat die politischen Seiten gewechselt. So sieht es zumindest Ditfurth. In einem Fernsehinterview bezeichnete sie ihn als „glühenden Antisemiten“. Elsässer klagte. Am Mittwoch verhandelte das Münchner Landgericht, ob es sich bei Ditfurths Äußerung um eine ungerechtfertigte Schmähkritik handelt.
Im Sitzungssaal drängen sich Frauen in Regenbogenpullis und Männer mit Schlaghosen auf der einen Seite, meist ältere Herren mit gebügelten Hemden auf der anderen. Einer von ihnen sagt, er abonniere Elsässers Monatszeitschrift Compact. Sie gilt als Plattform für rechtspopulistische Positionen.
Elsässer beteuert, ihm seien judenfeindliche Äußerungen fremd, zehn Jahre habe er für die Jüdische Allgemeine Zeitung geschrieben. Es fehle jede Grundlage, ihn als Antisemiten zu bezeichnen. Ditfurth, die sich mit einem lila Fächer Luft zuwedelt, muss lachen. Vor ihr liegt ein roter Ordner mit angemarkerten Artikeln, die das Gegenteil beweisen sollen.
Redner auf Montagsdemonstrationen
Vor zwei Jahren reiste Elsässer in den Iran und schüttelte dem damaligen Präsidenten und Holocaust-Leugner Ahmadinedschad freundlich die Hände. Er trat als Redner bei den kürzlich entstandenen Montagsdemonstrationen auf, bei denen Politiker als „Vasallen der Rothschilds“ bezeichnet werden. „Ich finde, dass man einen solchen Mann in der politischen Auseinandersetzung als Antisemiten bezeichnen kann“, sagt Ditfurth.
Doch die Richterin deutet eine andere Meinung an. Es handele sich zwar eindeutig um eine Meinungsäußerung, auch sei diese nicht persönlich, sondern zur Sache gewesen, trotzdem ist Ditfurth in ihren Augen „den einen Schritt zu weit“ gegangen. Der Antisemitismusvorwurf sei ein „Totschlagargument“. Die Richterin sagte aber auch: Über die Frage „Wie provokativ kann ich sein?“ könne man diskutieren.
Jutta Ditfurth ist deshalb hoffnungsvoll, dass die Richterin bis Anfang November, wenn es zu einer Entscheidung kommen soll, ihre Meinung ändert. „Ich hab noch so viel Material gegen ihn“, sagt sie. Elsässer scheint das nicht zu beeindrucken, sagen will er aber nichts. Mit den „Mainstream-Medien“ redet ein Mann wie er nicht.
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