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Ex-Yukos-Eigentümer siegen in Den Haag50 Milliarden Dollar von Russland

Erst die EU-Sanktionen, jetzt auch noch das: Russland muss dafür zahlen, dass es die Besitzer des Ölkonzerns zwangsenteignet hat. Der Kreml will das Urteil anfechten.

Ein Ölfeld des Präsident Putin nahestehenden Rosneft-Konzerns im sibirischen Krasnojarsk. Rosneft war Hauptnutznießer der Zerschlagung von Yukos. Bild: imago/Itar-Tass

MOSKAU dpa | Russland hat eine Milliardenklage ehemaliger Eigentümer des inzwischen zerschlagenen Ölkonzerns Yukos in Den Haag verloren. Der russische Staat ist dazu verurteilt worden, den früheren Besitzern des einst größten Ölkonzerns rund 50 Milliarden Dollar (37,2 Mrd Euro) zu zahlen. Schon vor Verkündung der Entscheidung hatte die russische Zeitung Kommersant am Montag auf ihrer Titelseite über die zu erwartende Strafe berichtet. Die Ex-Yukos-Eigentümer werfen Russland eine Zwangsenteignung vor.

Nach Darstellung des Kommersant wird Russland den Richterspruch anfechten. Die russische Seite kritisiert demnach, selbst nicht angehört worden zu sein bei dem Verfahren.

Bei den Klägern, die sich im Laufe des Montags in London auf einer Presskonferenz zu dem Richterspruch äußern wollten, handelt es sich um die Besitzer der Group Menatep Limited (GML), der zuletzt Yukos mehrheitlich gehörte. Das 2005 eröffnete Verfahren hatte fast zehn Jahre gedauert.

Die früheren Großeigentümer hatten auf eine Entschädigung von rund 100 Milliarden Dollar geklagt. Sie werfen dem Kreml vor, Yukos bewusst und mit Hilfe künstlich aufgeblasener Steuerforderungen zerschlagen zu haben.

Schwerer Schlag für die russiche Wirtschaft

Auch eine Stellungnahme des früheren Yukos-Chefs und Kremlgegners Michail Chodorkowski wurde erwartet, der sich zuletzt distanziert hatte von der Klage ehemaliger Aktionäre. Chodorkowski hatte seine Anteile an GML bereits 2005 verkauft. Der einst reichste Russe war 2003 wegen Steuerhinterziehung festgenommen worden.

Der scharfe Kritiker von Kremlchef Wladimir Putin wurde nach zwei international umstrittenen Gerichtsverfahren Ende vergangenen Jahres aus dem Straflager entlassen – nach einem Gnadengesuch an den Präsidenten. Er hatte nach seiner Freilassung erklärt, keine Schadenersatzansprüche gegen Russland zu stellen.

Russland hatte die Aktiva von Yukos über mehrere Jahre bei Auktionen verkauft. Die Filetstücke gingen an den Ölkonzern Rosneft, der von Putins treuem Gefolgsmann Igor Setschin geführt wird. Sollte Russland diese Summe zahlen müssen, wäre dies ein schwerer Schlag für die ohnehin von Rezession geplagte Wirtschaft des Landes. Zu schaffen machen dem Riesenreich zudem die Sanktionen der EU und der USA im Zuge des Ukraine-Konflikts.

Dem Zeitungsbericht zufolge hat Russland Zeit, die Summe bis 15. Januar 2015 zu bezahlen. Der Betrag macht mehr als zehn Prozent der russischen Währungsreserven aus. 50 Milliarden Dollar hatte Russland in etwa auch für die Olympischen Winterspiele in Sotschi ausgegeben.

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5 Kommentare

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  • Durch diese PSA Gesetze und deren Privatisierungswahnvorstellungen einiger Machteliten wurde das Volkeigentum der Russen für nicht verhöckert. Unter anderem entstand auch der Mafiakonzern Yukos, was sich komischerweise so harmlos anhört!

     

    Dieser Konzern hat kaum Steuern gazahlt und die Eigentümer haben sich berreichert, wie z.B. Chodorkowski. Daraufhin kam dieser Abzocker zum Glück ins Arbeitslager für 9 Jahre. Denn er war ein Milliardär, der sich auf Kosten der Allgemeinheit berreicherte. Eine Unverschämtheit. Dieser Konzern wurde zum Glück verstaatlicht und jetzt wollen die Yukos Eigentümer auch noch eine Entschädigung in Höhe von 50 Milliarden Us-Dollar.

    Hoffentlich bleibt Russland standhaft und zahlt nicht!

     

    Dies wurde vor einem abhängigen Schidsgericht entscheiden.

    Wie kann so etwas angehen. Und die TAZ stellt sich auch noch schützend vor Schodorkowski, diesem Mafiosi.

     

    Bei diesen Privatisierungen wurde auch vereinbart , dass Yukos den Russichen Staat verklagen kann. Und dies könnte jetzt auch bei uns mit TTIP kommen. Wir als Gesellschaft müssen höllisch vor diesen Wirtschaftskriminellen aufpassen.

  • Solches der Vollständigkeit halber auch zu erwähnen , ist in der Donath-Propaganda-Taz kein Platz :

    (Zitat aus SZ vom 28/7 )

    "Der vielleicht bekannteste in dieser Manager-Gruppe ist Leonid Newslin, einst der Stellvertreter des Yukos-Vorsitzenden Michail Chodorkowskij. Ihm gehörten 70 Prozent der Anteile der Menatep-Gruppe, nachdem ihm Yukos-Chef Michail Chodorkowskij 2005 seine Aktien übertragen hatte. Newslin, der von einem russischen Gericht wegen eines angeblichen Mordkomplotts in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt wurde und inzwischen seit vielen Jahren in Israel lebt, erklärte, er freue sich, dass "die Verstaatlichung von Yukos durch Russland" vom Haager Gericht als gesetzeswidrig bewertet worden sei."

     

    Man lasse sich das auf der Zunge zergehen : Aufgrund dieses Haager Urteils soll der feine Herr Leonid Newslin , einer dieser damaligen kriminellen Cleverles an den wirtschaftlichen Schaltstellen der zerfallenden Sowiet-Union , die sich deren Reichtümer unter den Nagel rissen , jetzt "entschädigt" werden mit einem riesigen Happen aus seiner früheren Beute !

    Klar , dass die feinen westlichen Zentralen des Kapitalismus und deren Qualitätsmedien applaudieren ! Hatten die sich doch damals hochzufrieden gezeigt über das Regime von Besoffski Jelzin , der Russland zur Ausplünderung durch westliche Konzerne freigegeben hatte .

  • Die Unterordnung staatlicher Handlungsfähigkeit unter die nur eigennützigem Forderungen einer extremistischen Wirtschaftsmaffia ist ein Verbrechen gegen alle elementaren demokratischen Grundsätze und das Rechtsstaatsprinzip.

    Jeder Staat als Repräsentant eines Volkes, also auch Russland, Argentinien ..., hat einen Anspruch auf Verwirklichung seiner Vorstellungen über Wirtschaft, Gesellschaft, Religion und die Regeln des Zusammenlebens seiner Bürger.

    Diese Yukos-Entscheidung ist schlicht und einfach ein parteiliches und polizisches Verbrechen. Russland durfte, sogar musste dem Raub-Treiben gegen das Volkvermögen der Russen vorgehen, nach seinen eigenen Vorstellungen.

     

    Da sind ja auch die so genannten “Sanktionen” gegen die Lebensvorstellungen des Iran, der Krim, usw.. Welches Land oder welches Unternehmen (Bank) im Sinne eines freien Handels operiert, wird mit riesigen Milliarden-Summen wegen Embargoverletzung bestraft und unterworfen.

     

    Bald wird Deutschland und andere Bußgeld an Konzerne zahlen müssen, wenn die Kinderpornographie nicht erlaubt wird. Unsere Parlamente werden vollständig den Weisungen einiger Konzernherren unterworfen.

     

    Wann wachen die Menschen (und die Presse) endlich auf!

    • @Rainer Pakosch:

      Das Volksvermögen Russlands wird von Putin verschleudert, für Militärausgaben und politische Abenteuer, - die Aktien russischer Firmen sind abgesackt. Es gibt keine Rechtssicherheit. Der Fall Chodorkowsky zeigt es. Wer will da investieren? Der gesamte russische Aktienmarkt ist derzeit weniger wert ist als der addierte Börsenwert von Apple und Microsoft.

  • Nicht, dass ich grundsätzlich mit den YUKOS-Eignern Mitleid hätte, haben sie doch - wie übrigens alle superreichen Oligarchen - ihre Multi-Milliarden augenscheinlich mit 'nicht ganz so fairen Mitteln' zusammengerafft. Aber das YUKOS-Beispiel zeigt insbesondere, dass die russische Herrschaftsclique skrupellos den russischen Willkür-Machtapparat zur Erlangung eigener Macht- und Finanzinteressen missbraucht. Bei der eindeutig völkerrechtswidrigen Besetzung und Annektion der Krim mag es absehbar keine militaerischen Folgen haben, die aktuelle YUKOS-Entscheidung kann bzw. wird Russland ökonomisch jedoch ins Mark treffen: Was ist, wenn die Gläubiger rund um den Globus russisches Eigentum pfänden lassen ... das Flugzeug, welches auf einen ausländischen Airport landet, ein Schiff, welches in einem ausländischen Hafen anlandet, russische Vermögenswerte, welche rund um den Globus verteilt sind.