piwik no script img

Ex-US-Außenministerin Albright ist tot„Die erste ihrer Art“

1997 war Madeleine Albright unter Bill Clinton die erste Frau an der Spitze des US-Außenministeriums. Jetzt ist sie mit 84 Jahren gestorben.

Floh vor den Nazis aus Prag: die frühere US-Außenministerin Madeleine Albright Foto: Cliff Owen/ap

Washington dpa | Die frühere US-Außenministerin Madeleine Albright ist im Alter von 84 Jahren gestorben. Sie sei am Mittwoch im Kreis von Familie und Freunden einer Krebserkrankung erlegen, teilte ihre Familie über Twitter in einer Stellungnahme mit.

Albright wurde 1993 unter US-Präsident Bill Clinton Botschafterin der US-Regierung bei den Vereinten Nationen in New York. Später rückte sie ab 1997 als erste Frau an die Spitze des Außenministeriums in Washington. Dabei wurde die ursprünglich aus Osteuropa stammende Demokratin, deren Familie einst in die USA geflohen war, zu einer führenden Stimme der US-Außenpolitik im 20. Jahrhundert.

In Anspielung auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine erklärte Clinton am Mittwoch, „Madeleines Tod ist ein immenser Verlust für die Welt – und das zu einer Zeit, in der wir die Lehren ihres Lebens am meisten brauchen“. Albright sei eine der besten Diplomatinnen, eine brillante Professorin und ein „außerordentlicher Mensch“ gewesen, erklärte Clinton. Als Außenministerin sei sie eine „leidenschaftliche Vertreterin von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten“ gewesen, betonte er.

US-Präsident Joe Biden erklärte, die Vereinigten Staaten hätten keine entschlossenere „Vorkämpferin für Demokratie und Menschenrechte“ gehabt als Albright, die selbst um die Gefahr von Autokratien wusste. Albright sei einst als schutzbedürftiger Flüchtling in die USA gekommen. „Und so wie viele vor – und nach – ihr war sie eine stolze Amerikanerin. Um das Land, das sie liebte, noch besser zu machen, trotzte sie Gewohnheiten und nahm immer wieder Hürden.“

Baerbock würdigt Albright als Vorreiterin und Kämpferin

Der Mehrheitsführer der Demokraten im US-Senat, Chuck Schumer, erklärte: „Madeleine Albright war einzigartig und die erste ihrer Art.“ Sie sei ein „Titan“ der US-Geschichte gewesen. „Ihre Brillanz, ihr leidenschaftlicher Patriotismus und ihr scharfer Humor gaben ihr eine herausragende Präsenz auf der Weltbühne, und ihre Geschichte inspirierte Frauen und Mädchen auf der ganzen Welt“, erklärte Schumer. Ex-Präsident Barack Obama erklärte, Albright habe sich stets für demokratische Werte eingesetzt und dabei geholfen, den Balkan zu befrieden und in instabilen Ländern für Fortschritte zu sorgen.

Der frühere US-Präsident George W. Bush, der sich während seiner Amtszeit viel Kritik von Albright gefallen lassen musste, erklärte, sie habe sich als Ministerin ausgezeichnet für Freiheitsrechte und Frieden eingesetzt. Als Tochter von Flüchtlingen habe sie „den amerikanischen Traum gelebt und anderen geholfen, diesen zu verwirklichen“, erklärte der Republikaner.

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock erklärte über Twitter, auch sie stehe heute auf Albrights Schultern. „Mit Haltung, Klarheit und Mut stand Madeleine Albright als erste US-Außenministerin ein für Freiheit und die Stärke von Demokratien“, schrieb die Grünen-Politikerin. „Mit ihr verlieren wir eine streitbare Kämpferin, wahre Transatlantikerin und Vorreiterin.“ Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte, Albright sei eine starke „Kraft für die Freiheit“, eine echte Freundin des Bündnisses und eine „inspirierende Kollegin“ gewesen.

Kurz vor ihrem Tod fand Albright noch harte Worte für Russlands Präsidentin Wladimir Putin, einen Tag vor Kriegsbeginn. „Ein Einmarsch in die Ukraine würde nicht Russlands Weg zur Größe ebnen, sondern Herrn Putins Ehrlosigkeit besiegeln, indem er sein Land diplomatisch isoliert, wirtschaftlich angeschlagen und strategisch verwundbar gegenüber einem stärkeren, geeinten westlichen Bündnis macht“, schrieb sie in der New York Times. Wenn Putin sich in die Ecke gedrängt fühle, könne er sich dafür nur selbst die Schuld geben. Die Ukraine habe ein Recht auf ihre Souveränität, betonte Albright.

Albright war am 15. Mai 1937 als Marie Jana (genannt Madlenka) Korbelova in Prag als ältestes von drei Kindern einer jüdischen Diplomatenfamilie geboren worden. Nach dem Einmarsch deutscher Truppen wanderte die Familie nach England aus, wo Albright in Unwissenheit ihrer jüdischen Herkunft katholisch erzogen wurde. Ihr Vater Josef Korbel diente nach dem Zweiten Weltkrieg der Tschechoslowakei als Diplomat. Nach der Machtübernahme der Kommunisten in Prag beantragte die Familie 1948 in den USA Asyl.

Der Milliardär und einstige demokratische Präsidentschaftsbewerber Mike Bloomberg schrieb auf Twitter: „Zu einer Zeit, in der Menschen vor einem brutalen Angriffskrieg fliehen, ist Madeleine Albrights Leben eine starke Erinnerung daran, dass jene, die mit nichts außer Träumen hierherkommen, unser Land stärker und die Welt friedlicher gemacht haben.“

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

18 Kommentare

 / 
  • Wenn A. Baerbock an M. Albright "Mut und Haltung" bewundert, mit der sie für "Freiheit und Demokratie" eingestanden habe - muss ich mir dann Sorgen um die Werte der "wertegeleiteten" deutsche Aussenpolitik machen ?

  • Selbst manche amerikanische Blätter schaffen es, einer skrupellosen Kriegsverbrecherin, der Menschenleben rein gar nichts bedeuteten (zumindest keine nicht-weißen) nicht bedingungslos zu huldigen.



    Nicht so die "linke" taz im kollektiven Kriegstaumel...

    • @darthkai:

      Die taz hält sich zum Glück vergleichsweise zurück. Hier ein Beispiel einer Lobeshymne, wo nicht einmal das berühmte Interview über die toten irakischen Kinder erwähnt wird www.nytimes.com/20...286de67c4fc4d10c48

  • Auch nie vergessen ihre freundlichen Kommentare zu Fragen serbischer Journalisten bei einer Buchvorstellung in Prag vor 9 Jahren: „get out, disgusting Serbs“



    youtu.be/1FaPuBUY558

  • Madeleine Albright wird immer als leuchtendes Beispiel für die westlichen Werte der Freiheit und Menschlichkeit stehen. War sie es doch, die 500000 irakische Kinder aus Saddam Husseins Klauen befreite, indem sie sie mit Hilfe US amerikanischer Sanktionen verhungern ließ und dies später vor laufenden Kameras als notwendiges Opfer rechtfertigte. Rest In Peace, Madeleine.

  • …anschließe mich - meinen Vorrednern •

  • Ihr schreibt ja gar nicht, für was sie stand und verbrochen hat. Für mich jedenfalls war sie eine Machtpolitikerin, die rücksichtlos über Leichen ging. Und dass J.Fischer sie angehimmelt hat, macht es nicht besser.

    • @resto:

      M. Albright stand für ein wehrhaftes humanitäres Völkerecht: z.B. gegen den Völkermord von Srebrenica , ethnische "Säuberungen" von Boskniaken durch Serben u. Kroaten, für humanitäre Interventionen gegen drohende oder tatsächliche Völkermorde.



      Oder meinen Sie wirkiich, dass es falsch gewesen wäre, wenn das Abschlachten in Ruanda durch eine humanitäre Intervention verhindert worden wäre? Im Kosovo ist dies, nach der Erfahrung von Srebrenica, gelungen.

      • @Rinaldo:

        Für den Überfall auf Serbien gab es kein Mandat des UN-Sicherheitsrates; die Behauptung, Albright wäre für das Völkerrecht gestanden, ist somit sachlich falsch. Selbst wenn man den Angriff aus moralischen Gründen für richtig hält, bleibt es eine Tatsache, dass er illegal war.

        • @O.F.:

          Containern ist auch 'illegal', trotzdem ist es richtig. Genauso waren die NATO-Interventionen auf dem Balkan richtig.

          Wenn Recht nicht Frieden schafft, sondern Unrecht konserviert, und dies aus rein politischem Kalkül, dann ist es kein gutes Recht. So ist die derzeitige Lage beim Völkerrecht.

          • @Bussard:

            Der Vergleich von Containern und einem illegalen Angriffskrieg ist einigermaßen grotesk... Man kann sich zwar immer fragen, ob es sinnvoll ist, Gesetze nur anzuerkennen, wenn man sie für richtig hält, im Falle von Krieg und Frieden ist die Problematik solcher moralischer Selbstermächtigung aber besonders evident, würde sie doch einer beliebigen Anwendung militärischer Mittel den Weg ebnen, sobald sich ein beliebiger Akteur auf seine Werte beruft. Ich erinnere gerne daran, dass andere Staaten sich auch moralisch im Recht fühlen (Russland hat den Angriff auf die Ukraine nicht grundlos mit dem Verweis auf den Kosovo gerechtfertigt) - finden Sie es also auch legitim, wenn die auf diese Weise einen Krieg begründen? Ich bin mir nicht sicher, ob die Welt dann sicherer wäre.

            • @O.F.:

              Rechtsnormen sind Rechtsnormen. Grotesk ist es, tatsächlich bedrängten Menschen wegen einer untauglichen Rechtsnorm nicht helfen zu wollen. Und es ist ebenso grotesk, aber auch infam, die Interventionen der NATO auf dem Balkan mit dem russischen Krieg gegen die Ukraine gleichzusetzen. Letzteres ist ein brutaler Angriffskrieg, derartige Gewaltexzesse hat es seitens der NATO auf dem Balkan nie gegeben.

              Aber Ihr auswendig gelerntes Verurteilen der NATO passt zu Ihrer Verteidigung der Jungen Welt in einem anderen Artikel, die Argumentation ist identisch.

              Auf alle Fälle können Sie kaum glaubhaft argumentieren, dass die eine Rechtsnorm Geltung haben muss, während die andere aufgrund moralischer Überlegung ignoriert werden kann.

              • @Bussard:

                1. Der Überfall auf Serbien und auf die Ukraine waren beide illegal, weil es kein Mandat des UN-Sicherheitsrats gab. Und ich habe Ihnen ja auch erklärt, warum man nicht einfach von "untauglichen Rechtsnormen" sprechen und sich moralisch selbst ermächtigen kann: weil man damit einem beliebigen Einsatz von Gewalt Tür und Tor öffnen würde: darf dann der Iran Israel angreifen, um die Besatzung der Palästinensergebiete zu beenden? Oder China Kaschmir befreien? Es geht nicht um "auswendiggelerntes Verurteilen" (übrigens würde ich um höfliche Umgangsformen bitten), sondern um die Konsequenzen, die es hat, wenn man meint, Recht durch Moral ersetzen zu können.



                2. Ich habe nicht die JW verteidigt, sondern den Umgang mit ihr kritisiert; es ist aber bezeichnent, dass der Unterschied nicht mehr auffällt.

  • 8G
    8190 (Profil gelöscht)

    Hier bitte ein Bericht des Tagesspiegels über die Sanktionen ggüber Irak, die freundliche Dame, auf deren Schulter Frau Baerbock so stolz zu stehen gedenkt, wird am Schluss erwähnt:

    www.tagesspiegel.d...rueckt/156928.html

  • Eine Ergänzung die ein etwas anderes Licht auf Sie wirft. Es ist ein Zitat aus der Wikipedia, bzw. eine Aussage von Frau Albright selbst:

    In einem Fernsehinterview 1996 antwortete Albright auf die Frage, ob das US-amerikanische Embargo gegen den Irak, das eine halbe Million irakische Kinder das Leben gekostet hat, diesen Preis wert gewesen sei, mit: „Es ist diesen Preis wert.“ In ihrer Autobiografie bezeichnete sie diese Antwort später als „politischen Fehler“.

    • 8G
      83635 (Profil gelöscht)
      @LD3000 B21:

      Wie gesagt: die Aussage sei ein politischer Fehler gewesen hat sie gesagt sich inhaltlich aber um keinen Deut distanziert! Das macht die Ansage so perfide!

  • De mortuis nil nisi bene.



    Schade, würden 500000 irakische Kinder sagen, wenn sie den noch leben würden...

  • 8G
    83635 (Profil gelöscht)

    Diese Person wird von Bush bis Obama geehrt und ich vermute Fischer könnte dazugehören. Da ehrt es mich diese Person - wegen ihrer Äußerungen zu den toten Kindern des Irak - zu den widerlichsten Politikern der Geschichte zu zählen! Und, nein, sie hat sich von ihrer Aussage inhaltlich nicht distanziert, sondern lediglich eingestanden es sei politisch ein Fehler gewesen dies gesagt zu haben.