Ex-Präsident Donald Trump: Grand Jury stimmt für Anklage
Zum ersten Mal in der Geschichte der USA ist ein Ex-Präsident strafrechtlich angeklagt worden. Trump hält die Vorgänge für „politische Verfolgung“.
Der Angeklagte reagierte wenige Minuten nach Bekanntwerden der Entscheidung mit einem wutschnaubenden Kommuniqué aus seiner Residenz Mar-a-Lago in Florida. Darin beschrieb Trump sich selbst als Opfer, er sei „eine komplett unschuldige Person“, der Staatsanwalt Bragg hingegen „eine Schande“, der die „Drecksarbeit für Joe Biden“ erledige.
Ein Chor von führenden Republikanern unterstützte Trump am Donnerstagabend in seiner Gegenattacke. Dabei machten sich sowohl Unterstützer als auch innerparteiliche Konkurrenten die Trump-Terminologie zu eigen. Sie sprachen von „Hexenjagd“, von „Einmischung in die Präsidentschaftswahlen“ 2024, von „radikal linken Demokraten“ und von einem angeblich von George Soros finanzierten Staatsanwalt.
Der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, behauptete, Staatsanwalt Bragg habe das Land „irreparabel“ beschädigt. Ex-Vizepräsident Mike Pence gab sich „empört“. Die Abgeordnete Marjorie Taylor Greene prognostizierte in Georgia, Trump werde die nächsten Präsidentschaftswahlen gewinnen. Und in Florida versicherte Gouverneur Ron DeSantis, der aussichtsreichste andere potenzielle Präsidentschaftskandidat der Republikaner, dass er Trump nicht nach New York ausliefern werde. Allerdings erscheint ein Auslieferungsforderung an DeSantis unwahrscheinlich. Von einem Trump-Anwalt verlautete bereits, dass der 76-Jährige beabsichtige, sich Anfang der nächsten Woche dem Staatsanwalt in New York zu stellen.
Trump hat die immer wahrscheinlichere Anklage in New York bereits seit Tagen in seinen Wahlkampf integriert. Er ging so weit, seine angeblich bevorstehende Verhaftung für den 21. März anzukündigen. Und seine Anhänger mit Worten zu Protesten aufzufordern, die wie eine Wiederholung seiner Mobilisierung vor dem 6. Januar 2021 klangen, dem Tag des Sturms auf das US-Kapitol.
Bislang haben in New York keine nennenswerten Pro-Trump-Kundgebungen stattgefunden. Aber Trump-Beobachter wissen, dass seine radikale Basis bereit ist, ihm sehr weit zu folgen. „Er kann sein Verbrecherfoto für seine Präsidentschaftskampagne benutzen“, regte am Donnerstagabend der Jurist und Trump-Verteidiger Alan Dershowitz an.
Wesentliche Rollen beim Zustandekommen der Anklage in New York haben die ehemalige Pornodarstellerin Stormy Daniels und der ehemalige Trump-Anwalt Michael Cohen gespielt. Daniels ist eine von mehreren Frauen, die sagen, dass sie Affären mit Trump hatten, als er frisch mit Melania verheiratet und gerade wieder Vater geworden war. Cohen ist der Anwalt, der unter anderem Daniels, aber auch dem Fotomodell Karen McDougal vor der Präsidentschaftswahl von 2016 Schweigegeld in Höhe von 130.000 und 150.000 Dollar übergeben hat, um ihre Enthüllungen zu verhindern. Die Zahlung von Schweigegeldern ist nicht illegal – wohl aber die betrügerische Bezeichnung dieser Gelder als „Anwaltskosten“, möglicherweise auch ihre Entnahme aus Trumps Wahlkampfkasse.
Der 49-jährige Yorker Staatsanwalt Bragg ist nicht der einzige Ermittler, der Trump gefährlich geworden ist. In Georgia sind Ermittlungen über Trumps mutmaßlich illegale Versuche, das Wahlergebnis von 2020 zu manipulieren, weit fort geschritten. In Washington laufen Ermittlungen über Trumps illegale Mitnahme von Geheimdokumenten nach Florida und über seine Verantwortung für den Sturm auf das Kapitol. Alle drei können zu weiteren Anklagen gegen den Ex-Präsidenten und gegenwärtigen Präsidentschaftskandidaten führen.
Am späten Donnerstagabend twitterte Stormy Daniels ihren Dank für „Unterstützung und Liebe“. Und teilte mit, dass sie mit Champagner feiert. Auf dem rechten TV-Sender Fox hingegen bezeichnete Moderator Tucker Carlson die Anklage als einen „größeren Angriff gegen Amerika als der 6. Januar“. Und unkte, sie werde das Land in „tiefes Chaos“ stürzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation