Evakuierung afghanischer Mitarbeiter: Regierung fehlt der Überblick
Wie viele Ortskräfte lässt die Regierung in Afghanistan zurück? Laut Innenministerium weiß sie das selbst nicht: Abgelehnte Anträge zähle man nicht.
Nach der Einnahme Kabuls durch die Taliban hatte die Bundesregierung angekündigt, afghanischen Mitarbeiter*innen deutscher Stellen zu helfen und ihnen Visa für die Einreise nach Deutschland zu erteilen. Bei der Bearbeitung der entsprechenden Anträge stelle man „im Prinzip über die Tatsache hinaus, dass es sich um eine Ortskraft handelt, keine weiteren Anforderungen“, sagte ein Sprecher des scheidenden Innenministers Horst Seehofer (CSU) noch in der vergangenen Woche. In der Praxis gibt es aber durchaus Hürden.
So müssen die Betroffenen seit September individuell nachweisen, dass sie wegen ihrer Tätigkeit für die Deutschen besonders gefährdet sind. Wie die taz in dieser Woche berichtete, warten zahlreiche Ex-Ortskräfte der Entwicklungsagentur GIZ und anderer Institutionen schon seit Monaten auf eine Antwort auf ihre Hilfsersuchen. Zudem lehnt die Bundesregierung oft Anträge von Menschen ab, die nicht direkt bei deutschen Stellen beschäftigt waren, sondern im Rahmen von Werksverträgen.
Da die Regierung die Ablehnungen nicht zählt, bleibt aber unklar, wie umfangreich das Problem tatsächlich ist. „Ich finde es nicht akzeptabel, dass innerhalb der Bundesregierung nicht erfasst wird, wie über Gefährdungsanzeigen und Hilfeersuchen aus Afghanistan entschieden wurde“, sagt die Linken-Abgeordnete Akbulut. „Womöglich geschieht das bewusst, um nicht konkret darauf antworten zu müssen, wie viele Menschen in Afghanistan im Stich gelassen wurden.“
Unklar ist außerdem, wie viele Anträge derzeit noch unbearbeitet sind. Entsprechende Fragen der taz ignoriert das Innenministerium.
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