Europaweite Bürgerinitiative gestartet: Solidarische Abbrüche in der EU
150 Gruppen fordern eine bessere gynäkologische Versorgung. Dafür sammeln sie unter dem Motto „My Voice My Choice“ eine Million Unterschriften.
Luisa Neubauer, Mit-Initiatorin von „My Voice My Choice“
20 Millionen Frauen in Europa haben laut den Organisator:innen keinen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen. In vielen Ländern sei die Versorgungslage zudem nur sehr dünn. Mit der Unterschriftenaktion will die Vereinigung erreichen, dass die EU-Kommission finanzielle Unterstützung für Mitgliedstaaten bereitstellt. Über diese Gelder soll dann in den Ländern, in denen Schwangerschaftsabbrüche breiter verfügbar sind, auch Hilfe für jene Menschen angeboten werden, die in ihren Heimatländern sonst kaum Zugang zu einem Abbruch haben.
Dies würde ermöglichen, in einen anderen EU-Staat zu reisen, um dort einen sicheren Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen. Nach Angaben der Initiative reisen etwa auch mehr als tausend Frauen jährlich von Deutschland in die Niederlande, um dort einen Schwangerschaftsabbruch auch noch nach der zwölften Woche durchzuführen – Aufwand, den sich längst nicht jede leisten kann.
Kritik an Abtreibungsgesetz in Deutschland
„Die Art und Weise, wie über unseren Uterus verhandelt wird, ist ein Spiegel davon, wie frei und sicher wir als Frauen in dieser Gesellschaft sind“, sagte Klimaaktivistin Luisa Neubauer, die auch hinter der Initiative steht, bei der Vorstellung am Mittwoch.
Eine Million Unterschriften benötigen die Organisationen, damit das Anliegen bei der EU-Kommission vorgelegt wird. Bisher haben europaweit 300.000 unterzeichnet. Die Initiator:innen haben sich vorgenommen, die Unterschriften bis zur Europawahl am 9. Juni zu sammeln, haben jedoch ein Jahr Zeit, das Ziel zu erreichen.
Die Organisator:innen kritisieren unterdessen auch, dass die Bundesregierung bislang nichts unternimmt, Abtreibungen aus dem deutschen Strafgesetzbuch zu streichen. „Das deutsche Abtreibungsgesetz stigmatisiert den Schwangerschaftsabbruch mit Absicht und steht im Widerspruch zu internationalen Gesundheitsrichtlinien“, sagte Stephanie Schlitt von der Organisation Pro Familia.
Eine Kommission zu reproduktiver Selbstbestimmung legte Mitte April Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einen Bericht vor, in dem sie eine Abschaffung oder eine grundlegende Änderung des Abtreibungsparagrafen 218 empfahl.
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