piwik no script img

Europäische Russland-PolitikGabriel will Putin in Moskau treffen

Der SPD-Chef will angeblich Anfang kommender Woche Russlands Präsidenten treffen. „Der Kalte Krieg ist Geschichte“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

Besuch in Sicht? Hier trafen sich Putin und Gabriel im Oktober 2015 in Russland Foto: dpa

München/Berlin afp/rtr | SPD-Chef Sigmar Gabriel will einem Zeitungsbericht zufolge inmitten der Debatte über die europäische Russland-Politik nach Moskau reisen und dort Präsident Wladimir Putin treffen. Die Reise sei für Anfang kommender Woche geplant, berichtete die Zeitung am Dienstag. Das Wirtschaftsministerium erklärte allerdings auf Reuters-Anfrage, es könne das derzeit nicht bestätigen.

Gabriels Parteifreund, Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, hatte am Wochenende mit seiner Warnung vor „Säbelrasseln“ und „Kriegsgeheul“ gegenüber Russland für heftige Diskussionen in der schwarz-roten Regierungskoalition gesorgt. Gabriel hatte sich ausdrücklich hinter den Außenminister gestellt. Der SPD-Chef plädierte dafür, Möglichkeiten zu erkunden, um die Sanktionen gegen Moskau schrittweise abzubauen.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und der britische Außenminister Philip Hammond hatten indes eine entschiedene Haltung gegenüber Russland und eine Verlängerung der Sanktionen gefordert. Stoltenberg hat Kritik an der Aufrüstung der Allianz im Osten zurückgewiesen. „Wir suchen intensiv nach Wegen, eine Eskalation zu verhindern“, sagte Stoltenberg der Süddeutschen Zeitung (Dienstagsausgabe). Russland sei jedoch „viel aggressiver“ geworden und habe „mit militärischer Gewalt Grenzen in Europa verändert“.

Die von der Nato geplante rotierende Stationierung von je einem Nato-Bataillon in Polen und den drei baltischen Staaten sei nur eine „begrenzte Militärpräsenz“, sagte Stoltenberg. „Wir entsenden sie nicht, um einen Konflikt zu provozieren, sondern um einen Konflikt zu verhindern.“ Zugleich versicherte der Nato-Generalsekretär: „Der Kalte Krieg ist Geschichte. Wir wollen, dass das so bleibt.“

Die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen hatten sich nach den von der EU verhängten Sanktionen wegen der russischen Annexion der Krim drastisch verschlechtert. Der Handel zwischen beiden Ländern brach in den letzten beiden Jahren massiv ein.

Die Nato hatte in den vergangenen Tagen in Polen mit dem Großmanöver „Anakonda 2016“ ihre Verteidigungsfähigkeit demonstriert. Die Militärübung, an der 31.000 Soldaten aus 24 Nato-Staaten teilnahmen, war auf einen möglichen verdeckten Angriff wie bei der russischen Besetzung der ukrainischen Halbinsel Krim im Frühjahr 2014 ausgerichtet.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Sie titeln richtigerweise "Deutsche Wirtschaftsinteressen". Bei den Amerikanern sieht das etwas anders aus. Dort scheint nämlich wegen der niedrigen Ölpreise gerade die Fracking-Industrie über die Wupper zu gehen. Eine deutliche Verknappung des Angebots - etwa durch einen Krieg in einem der größeren Förderländer - käme Halliburton & Co wohl sehr gelegen.

    • @jhwh:

      ... war als Antwort auf REINHOLD_SCHRAMM gemeint.

  • Deutsche Wirtschaftsinteressen an der Russischen Föderation.

     

    Die Russische Föderation verfügt mit 10,3 Milliarden Tonnen Erdöl und Kondensat sowie 47.693 Milliarden m³ Erdgas über einen Anteil von 6,3 % bzw. 26,1 % an den Welt-Reserven. Bei Erdgas dominiert die RF im Weltmaßstab vor Iran und Katar.

     

    Mit Werten von 13,5 Milliarden Tonnen an den Reserven für Erdöl und NGL (16,6 % Weltanteil), sowie 83.000 Milliarden m³ für Erdgas (40 % Weltanteil) liegt die Russische Föderation jeweils auf Welt-Rang eins.

     

    [NGL: Natural Gas Liquids: Bestandteile des Rohgases sind Kondensat, aber auch Flüssiggase wie Ethan, Propan und Butan.]

     

    Mit einem Krieg -der NATO-Staaten- gegen die RF erhält man keinen wirtschaftlichen Zugang -für die westlichen Konzerne und Monopole- zu den Rohstoffen und Bodenschätzen der Russischen Föderation. Im Gegenteil, dieser NATO-Krieg könnte in einem Nuklearkrieg zwischen den Vereinigten Nuklearstaaten [uSA+Frankreich+Großbritannien] der NATO und der Nuklarmacht der Russischen Föderation für die Menschheit enden.

    • @Reinhold Schramm:

      Danke für ihre lehrreiche Klarsicht ! Ich möchte hinzufügen, das die sog. `wissenschaftlichen´Wirtschaftstheorien, ob "freie Marktwirtschaft" (mit Herrschaft der Banken, der Spekulanten, der Konzerne) oder eben "Soziale Wirtschaftstheorien" mit Axiomen von kosmopolitik, Frieden, ôkologie, Solidarität etc. wichtig sind!

      Oder: Profitinteressen versus ziviles Allgemeinwohl. Die Agenda und die Theorie der SPD ist traditionell dem zivilen Allgemeinwohl verpflichtet..

      • @vergessene Liebe:

        Meine Antwort an "Vergessene Liebe": "Die Agenda und Theorie der SPD ist traditionell dem zivilen Allgemeinwohl verpflichtet", behauptet "Vergessene Liebe" in ihrem Kommentar. Diese traditionelle Verpflichtung besteht seit mehr als 100 Jahren nicht mehr, seit dem Tod von August Bebel 1913 und der Zustimmung der SPD-Führung 1914 zur Kriegsfinanzierung.

         

        Liebe Grüße.