Europa-Skeptiker treffen sich in Berlin: Nur kurze Einigkeit
AfD-Frau Beatrix von Storch hat Nigel Farage nach Berlin eingeladen – um ein paar Gemeinsamkeiten zur Schau zu stellen.
BERLIN taz | Repräsentative Räume in der Berliner Innenstadt bekommt die AfD kaum noch. Am Stadtrand aber werden sie ab und an noch fündig: In der Zitadelle Spandau gaben sich in Schale geworfene AfDler am Freitagnachmittag ein Stelldichein. Schließlich war seltener Besuch angekündigt: Auf Einladung der AfD-Politikerin Beatrix von Storch sprach der ehemalige Vorsitzende der britischen Anti-EU-Partei UKIP, Nigel Farage, zunächst vor Journalisten und dann vor den angereisten AfD-Anhängern.
Im EU-Parlament hatte sich von Storch im Frühling 2016 der Fraktion von Nigel Farage angeschlossen, nachdem die Fraktion der europäischen Konservativen gedroht hatte sie auszuschließen. Farage betonte bei der Veranstaltung, mit dem maßgeblich von ihm vorangetriebenen Brexit hätten sich die Briten nicht von ihren „Freunden in Europa abwenden“ wollen.
Die Entscheidung sei allein gegen die „politische Union“ gefallen. An guten Handelsbeziehungen – an denen auch viele deutsche Arbeitsplätze hingen – sei man weiterhin sehr interessiert. Auch von Storch betonte ihr Interesse an „einem guten Freihandelsdeal“, über den, so die Theorie der beiden Rechtspopulisten, im deutschen Wahlkampf mit Absicht nicht gesprochen würde, weil den politischen Eliten der Brexit so unangenehm sei.
Einig waren sich die beiden auch in ihrer Ablehnung Martin Schulz', den Farage einen EU-Fanatiker nannte, und natürlich in der Einschätzung der historischen Bedeutung der AfD. „Mit dieser Partei kann die EU-Skepsis in Deutschland einziehen“, sagte Farage. Dass diese in der deutschen Bevölkerung noch lange nicht so verbreitet ist, wie Farage und von Storch das gerne hätten, scheinen sie also zu wissen. Ihre Partei setze sich für ein „Europa der Vaterländer statt den Vereinigten Staaten von Europa ein“, sagte Beatrix von Storch.
Bald keine Fraktionskollegen mehr
Mit dieser Betonung gemeinsamer Interessen versuchten von Storch und Farage offenbar auch zu überspielen, dass sie sich in der Frage, welches Land denn nun das wichtigste in Europa sein sollte, wohl kaum einig sind – der bekannte Widerspruch also, wenn Nationalisten internationale Allianzen eingehen wollen. Und nicht der einzige, der während der Veranstaltung zu Tage trat. Der eloquente Redner Farage wurde überraschend einsilbig, als ein Journalist ihn auf seine Haltung zu den Positionen des AfD-Politikers Björn Höcke zum deutschen Holocaust-Gedenken angesprach – das Höcke für übertrieben hält.
Er sei allein auf persönliche Einladung von Storchs nach Berlin gekommen, beeilte sich Farage zu sagen – eine Aussage, deren Wahrheitsgehalt durch die zahlreichen AfD-Logos rund um die Bühne nicht gerade unterstrichen wurde. Nach einer halben Stunde war es dann aber auch vorbei mit den unangenehmen Journalistenfragen, stattdessen winkte die Kür: Vor einem fast vollständig mit AfD-Anhängern gefüllten Saal breiteten erst Farage und dann von Storch ihre Ansichten aus.
Beide griffen dabei auf bewährte Einheizer zurück: Von Storch machte aus den Unisex-Toiletten, die in einigen Gebäuden der öffentlichen Verwaltung installiert werden sollen, erneut das Märchen, Frauen müssten nun künftig in Pissoirs pinkeln. Farage betonte wieder einmal, er habe einen richtigen Job gehabt, „bevor ich in die Politik gegangen bin“ – auch das ein sicherer Lacher. Im EU-Parlament hatte sich von Storch im Frühling 2016 der Fraktion von Nigel Farage angeschlossen, nachdem die Fraktion der europäischen Konservativen gedroht hatte sie auszuschließen. Fraktionskollegen werden von Storch und Farage allerdings bald nicht mehr sein: Die ultrakonservative Politikerin steht in Berlin auf dem ersten Listenplatz und wird aller Voraussicht nach am 24. September in den Bundestag einziehen.
Leser*innenkommentare
Hans Peter Sommer
Als der Typ dann endlich den Brexit erreicht hatte konnte er sich nicht schnell genug vom Acker machen.
4845 (Profil gelöscht)
Gast
Es handelt sich hierbei weder um EU/Europa Kritiker noch Skeptiker sondern um EU-Feinde!
Olo Hans
Europa ist ein Kontinent. Demgegenüber Skepsis zu hegen scheint recht sinnbefreit zu sein.
Sie könnens aber kritisieren, dann müssten Sie halt die entsprechenden Grenzen verschieben.
4845 (Profil gelöscht)
Gast
@Olo Hans Da mögen Sie recht haben, aber ich habe nicht Europa mit EU gleichgesetzt, das war der Autor dieses Artikels. Ich habe die Differenzierung in meinem Beitrag ja deutlich gemacht.