Euro-Hawk-Untersuchungsausschuss: De Maizières Eiertanz
De Maizière gerät vor dem Untersuchungsausschuss in Erklärungsnot: Von unlösbaren Problemen will er nichts gewusst haben.
Um Viertel vor drei erzielt der Minister am Mittwoch einen Zwischensieg in Sachen Überlebenstechnik. Nachdem Thomas de Maizière (CDU) in seiner Vernehmung im Untersuchungsausschuss des Bundestags zweimal das Angebot abgelehnt hatte, eine Mittagspause zu machen, sagte die Ausschussvorsitzende Susanne Kastner: „Jetzt bitten die Kollegen um eine Pause.“
Sie blickte dabei nach rechts, der Wunsch nach Nahrung und Luft kam also aus den Reihen der Koalitionsabgeordneten.
Bis dahin hatte es aber auch der Verteidigungsminister nicht ganz leicht gehabt. De Maizière musste umfassend erläutern, wie und wieso die Beschaffung der Aufklärungsdrohne Euro Hawk am 13. Mai dieses Jahres plötzlich gestoppt wurde. Immerhin war der unbemannte Spionagevogel seit 13 Jahren ein industrie- wie militärpolitisch zentrales Projekt. 668 Millionen Euro sind bislang in die Entwicklung geflossen.
Nun steht ein Prototyp in Bayern, die Zulassung zum Luftraum gilt mit 600 Millionen Euro Mehrkosten als unmöglich. Der Plan ist, statt weiterer US-deutscher Euro Hawks vier andere Flieger zu kaufen, die die Spionagetechnik von EADS tragen sollen.
Die Opposition hob in ihrer Befragung darauf ab, dass de Maizière seit Mai mehrfach seine Version der Geschichte korrigiert hat – und Mittwoch erneut einen leicht verschobenen Akzent anbot. Die Entscheidungsvorlage zum Stopp des Euro Hawk durch seine beiden Staatssekretäre am 13. Mai, gab de Maizière zu, habe ihn zwar überrascht. Doch habe er auch vorher bei verschiedenen Gelegenheiten über die Schwierigkeiten mit der Zulassung gesprochen. Das Problem sei aber seit Februar 2012 bei den Staatssekretären in guten Händen gewesen.
Neue Lügen
Der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold rief, es mache ihn fassungslos, „wie Sie heute versucht haben, ihre Lüge mit einer neuen Lüge zurückzuweisen“. De Maizière erklärte dazu: „Ich habe zu dem unzutreffenden Eindruck beigetragen“, wonach er nie etwas gewusst habe. „Das bedaure ich.“
Arnold hielt ihm vor, er habe im Verteidigungsausschuss eine Rüstungsbesprechung am 1. März 2012 als „einzigen Zusammenhang“ bezeichnet, in dem er mit dem Euro Hawk befasst worden sei. Doch entdeckte de Maizière darin keinen Widerspruch zu seiner neuen Aussage.
Der Linke Jan van Aken hob auf das Informationsmaterial ab, das de Maizière zu einem Besuch bei EADS/Cassidian am 10. Dezember 2012 hatte. Darin war das Problem mit der Zulassung deutlich beschrieben. De Maizière will das nun zwar gelesen haben oder sich jedenfalls „zurechnen lassen“. Doch „es kann nicht sein, dass Mitarbeiter sich dadurch entlasten, dass sie Anlagen zu Terminen dazupacken“, sagte er.
Sollte heißen: Zwar gibt es im Ministerium die Unsitte, dass unangenehme Informationen in vielseitigen Info-Mappen versenkt werden. Doch reiche dies nicht, um eine ministerielle Reaktion hervorzurufen.
Es war auffällig, wie häufig de Maizière sein eigenes Haus für unverantwortliches und wurschtiges Verhalten kritisierte. Nun will er im Zuge der Bundeswehrreform alles aufs richtige Gleis gesetzt haben.
"Bittere Reibereien"
Doch gab es zuletzt Stimmen auch aus dem Ministerium, dass der Minister selbst die Strukturen geschaffen hat, die ihn so in Bedrängnis gebracht haben. Etwa die Abschaffung des Planungsstabs, ein Frühwarnsystem für den Minister im als Schlangennest bekannten Ministerium, wurde als zentraler Fehler ausgemacht.
Danach erkundigte sich am Mittwoch der SPD-Mann Hans-Peter Bartels. De Maizière teilte diese Lesart des Skandals jedoch nicht: Der Planungsstab, „das wird jetzt alles so glorreich geschildert“, sagte er. Stattdessen habe auch dieser „bittere Reibereien“ mitverursacht, samt „Petzen, Gegeneinanderausspielen“ und so weiter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos