EuGH-Anordnung zu Polens Justizreform: Zwangspensionierung muss aufhören
Warschau wollte mit einem neuen Gesetz viele Richter in den Ruhestand zwingen. Laut EuGH muss Polen dies ab sofort bis zum Erlass eines Urteils aussetzen.
Die EU-Kommission hatte gegen das im Juli in Kraft getretene Gesetz zur Senkung des Ruhestandsalters von 70 auf 65 Jahre geklagt. Die Anordnung gelte auch rückwirkend für die bereits pensionierten Richter, teilte der EuGH nun mit. Die Regierung in Warschau müsse nun dafür sorgen, dass die betroffenen Richter ihre Aufgaben wieder wie vor dem umstrittenen Gesetz ausüben können.
Überdies dürfe die Regierung zunächst keine neuen Juristen als Nachfolger für die zwangspensionierten Richter ernennen. Auch der Posten der Gerichtspräsidentin darf laut EuGH einstweilig nicht neu besetzt werden.
Polen könnte 27 Richter zu Ruhestand zwingen
Die polnische Regierung müsse überdies der Kommission über die Umsetzung der Anordnung regelmäßig Bericht erstatten. Das Luxemburger Gericht erließ die Anordnung nach eigenen Angaben noch bevor Polen Stellung zu dem Antrag der Kommission bezogen hatte. Der EuGH begründete dies mit einer „unmittelbaren Gefahr eines schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens“.
Mit dem Gesetz der Warschauer Regierung können 27 der 72 Richter zwangsweise in den Ruhestand geschickt werden. Kritiker sehen in den Zwangspensionierungen einen weiteren Versuch der rechtsnationalistischen Regierungspartei PiS, die polnische Justiz auf Linie zu bringen.
Nach Ansicht der EU-Kommission verstößt das Gesetz über das Oberste Gericht unter anderem „gegen den Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit“. Brüssel liegt mit Warschau wegen einer ganzen Reihe umstrittener Gesetze zum Umbau der Justiz im Streit.
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