Steuergeld für nicht eingespeisten Strom: Solarstrom wird zum Hauptproblem im Netz
Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Quellen haben 2024 fast 554 Millionen Euro vom Bund als Entschädigung erhalten. Wegen Netzengpässen konnten sie ihre Energie nicht einspeisen.
Gut 40 Prozent der Entschädigungszahlungen flossen 2024 an Anlagenbetreiber in Niedersachsen, 27 Prozent nach Schleswig-Holstein. Diese Zahlen korrelieren eng mit der installierten Leistung an Windkraftanlagen. Die am häufigsten abgeregelten Erneuerbare-Energien-Anlagen waren nämlich Windkraftanlagen, wie Zahlen der Bundesnetzagentur ausweisen. Die verlorenen Strommengen der Offshore-Windkraft lagen 2024 bei rund 4,6 Milliarden Kilowattstunden, bei der Windkraft an Land wurden 3,4 Milliarden Kilowattstunden nicht erzeugt.
Die Höhe der Entschädigungen hängt stark von der Witterung ab. Dass die Abregelung von Offshore-Anlagen 2024 gegenüber dem Vorjahr um 20 Prozent und jene von Onshore-Anlagen um 15 Prozent rückläufig war, sei „vor allem darauf zurückzuführen, dass es 2024 insgesamt windärmer war als im Vorjahr“, erklärt die Bundesnetzagentur. Schließlich sank die Windstromerzeugung um gut 2 Prozent – trotz einer Erhöhung der Anlagenleistung im Vergleich zum Vorjahr um 5 Prozent.
Auf Platz drei der Empfängerländer von Entschädigungszahlungen folgt inzwischen Bayern, das gut 16 Prozent der Gelder erhält. Dort sind die großen Netzengpässe allerdings durch die Photovoltaik bedingt, die in jüngster Zeit zu rapide ansteigenden Abregelungen führt: Nachdem bundesweit im Jahr 2023 noch 700 Millionen Kilowattstunden Solarstrom aufgrund von Netzengpässen nicht erzeugt werden konnten, verdoppelte sich die Menge im Jahr 2024 annähernd auf fast 1,4 Milliarden.
Bereits 8 Prozent der abgeregelten Ökostrom-Mengen entfallen auf die Photovoltaik. Einen vorläufigen Spitzenwert hatte der Mai 2024 mit 264 Millionen verlorenen Kilowattstunden Solarstrom erreicht, doch schon in diesem Sommer dürfte es noch höhere Zahlen geben.
Längst wird der Solarstrom zum Hauptproblem im Netz. Im Mai warnte daher die Bundesnetzagentur, bei weiterer Zunahme der nicht steuerbaren Photovoltaik-Einspeisung könne „nicht völlig ausgeschlossen“ werden, „dass die Netzbetreiber künftig als letztes Mittel vorübergehend einzelne Netzbereiche vom Netz nehmen, um das Gesamtsystem stabil zu halten“.
In Frage kämen dafür „natürlich nur ländliche Netzbereiche, die einen deutlichen Photovoltaik-Einspeiseüberschuss aufweisen“. In den betroffenen Gebieten, so die Regulierungsbehörde, „würde sich dies als vorübergehender Stromausfall bemerkbar machen“. Um das zu vermeiden, will die Bundesregierung mit dem Solarspitzengesetz jetzt der unkontrollierten Einspeisung Einhalt gebieten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trotz widersprüchlicher Aussagen
Vermieter mit Eigenbedarfsklage erfolgreich
Eklat wegen Palästina-Shirt im Bundestag
Schockiert doch mal!
Bundeswehr an Schulen
Der Druck auf die Jugend wächst
Greta Thunbergs Soli-Aktion mit Gaza
Schräger Segeltörn
Inhaftierte Antifaschist*in in Ungarn
Maja T. tritt in den Hungerstreik
Klimaschädliche Subventionen
Milliarden ins Klima-Feuer