Etwas mehr Solarenergie in Deutschland: Eitel Sonnenschein auf dem Balkon
Das Solarpaket soll den Ausbau der Sonnenenergie in Deutschland forcieren. In der Branche vermisst man Förderungen für die heimische Industrie.
Zum Beispiel soll die Inbetriebnahme von Balkonkraftwerken vereinfacht werden. Künftig sollen Mieter oder Eigentümer einer Wohnung ihre Solarmodule – sofern diese über die eigene Steckdose einspeisen – nur noch in eine Datenbank eintragen müssen, eine Anmeldung beim Netzbetreiber entfällt.
Damit erkennt die Bundesregierung ein Stück weit die bereits herrschende Realität offiziell an, denn längst nicht alle Betreiber haben ihre Steckermodule am Haus in der Vergangenheit auch beim Netzbetreiber angemeldet. Auch die beschleunigte Installation der Balkonkraftwerke soll erleichtert werden: Alte, nichtdigitale Stromzähler können übergangsweise für einige Monate weiterhin genutzt werden und müssen nicht durch moderne Zweirichtungszähler nachgerüstet werden.
Attraktiver soll ebenso die Weitergabe von Eigenstrom an andere Verbraucher werden. Durch eine Änderung im Energiewirtschaftsgesetz soll eine „Gebäudestromanlage“ alle Verbraucher im Haus unkompliziert versorgen können, sofern keine Durchleitung des Stroms durchs öffentliche Netz nötig ist. Damit würde die Belieferung von Hausbewohnern mit Solarstrom vom eigenen Dach auch bei Mehrfamilienhäusern vereinfacht. Es werde „künftig leichter, die Potenziale für Prosuming (Elektrizität zugleich erzeugen und verbrauchen, d. Red.) und Sektorenkopplung“ in Mehrfamilienhäusern umzusetzen, urteilt der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW). Voraussetzung dürfte aber ein Stromzähler mit viertelstündlicher Messung sein, weil nur so nachvollziehbar ist, welcher Haushalt welchen Anteil am eigenen Sonnenstrom verbraucht.
Mehr Solar auch auf Dächern und Feldern
Auch die Errichtung von Solaranlagen auf Unternehmensdächern in der Leistungsklasse zwischen 40 und 750 Kilowatt soll durch aufgestockte Vergütungssätze attraktiver werden. Das kommt vor allem jenen Unternehmen zugute, die den erzeugten Solarstrom nur zu einem geringen Teil im eigenen Gebäude verbrauchen können.
Im Gegenzug sollen Solaranlagen auf Gewerbedächern ab einer Leistung von 750 Kilowatt nur noch dann Förderung bekommen, wenn sie an den Vergütungsauktionen der Bundesnetzagentur teilnehmen. Bislang ist die Grenze bei einem Megawatt festgelegt. Der BSW kritisiert das, denn die Auktionsteilnahme werde von Investoren mitunter „als Marktbarriere betrachtet“
Mit ihrem Solarpaket möchte die Bundesregierung außerdem massiv auf die Freiflächen gehen. Künftig sollen Solarkraftwerke bis zu einer installierten Leistung von 50 Megawatt förderfähig sein – aktuell liegt die Grenze bei 20 Megawatt. Auch sollen landwirtschaftliche Flächen in sogenannten benachteiligten Gebieten leichter genutzt werden können. Die Bundesländer sollen aber die Möglichkeit bekommen, diese Regelungen per Verordnung ein Stück weit einzuschränken.
Höhere Vergütungen soll es zudem für jene Typen von Solaranlagen geben, die außergewöhnlich teuer sind. Darunter fällt zum Beispiel die Agri-PV – das sind Module, die derart aufgeständert sind, dass darunter noch Landwirtschaft möglich ist. Auch Floating-PV – schwimmende Module auf Seen – sollen mit Zusatzvergütungen bedacht werden, ebenso Solarstromanlagen über Parkplätzen. Nicht zuletzt soll auch Photovoltaik auf Moorböden besonders gefördert werden, da mit den Einnahmen auch eine Wiedervernässung der Moore gefördert werden könnte, die im Sinne des Klimaschutzes sinnvoll ist. Trockengelegte Moore sind nämlich große CO2-Emittenten.
Die Erneuerbaren-Branche kritisiert an dem Solarpaket vor allem, dass es keine Förderung speziell für europäische Anlagentechnik geben soll. Mit spezifischen Aufschlägen im Erneuerbare-Energien-Gesetz für heimisch produzierte Solartechnik – Resilienzbonus genannt – wollte die deutsche Solarwirtschaft hiesige Fabriken abgesichert wissen. Außerdem kritisiert die Energiewirtschaft, dass eine Duldungspflicht für Netzanschlussleitungen, die ursprünglich für alle Flächen vorgesehen war, nun doch nur auf öffentlichen Flächen gelten soll.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Misogynes Brauchtum Klaasohm
Frauenschlagen auf Borkum soll enden
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz