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Erzkonservative demonstrieren in ParisLiberté, Egalité, Paternité!

Die extreme Rechte und die Neokonservativen vereinen sich im Widerstand gegen die Modernisierung der französischen Bioethik-Gesetzgebung.

Künstliche Befruchtung? Geht gar nicht – meinen Erzkonservative in Frankreich Foto: dpa

Paris taz | Kirchliche, traditionalistische und ultrakonservative Organisationen haben am Sonntag in Paris gegen eine Revision der französischen Bioethik-Gesetze demonstriert, die namentlich die medizinischen Techniken der künstlichen Befruchtung auch für lesbische Paare und alleinstehende Frauen zugänglich machen soll. Rund 42.000 Menschen haben dafür am Sonntag laut Polizei protestiert, klar weniger als die von den Organisatoren gemeldeten 600.000 – trotz zwei Sonderzügen und mehr als 100 angemieteten Bussen.

Sie demonstrieren zwar im Namen der Kinder, die durch künstliche Befruchtung kommen sollen. Doch ihr Anliegen gilt eigentlich mehr den Vätern. Der Slogan ihres Protestmarschs lautet darum in Abwandlung der Devise der französischen Republik „Liberté, Egalité, Paternité“, sie haben darin die „Fraternité“ („Brüderlichkeit“) durch die Vaterschaft ersetzt. Denn eine kinderreiche Familie ohne Vater, das ist für sie eine Sünde und ein Verstoß gegen die Gesetze der Natur.

Diesbezüglich haben sie auch den Segen der katholischen Kirche. Der Erzbischof von Paris, Michel Aupetit, hat die von Präsident Emmanuel Macron versprochene Reform grundsätzlich kritisiert: „Dieses Gesetz hat Folgen für die gesamte Gesellschaft und in gewisser Weise wird da die natürliche Elternschaft infrage gestellt.“ Den Frauen, die ohne (festen) männlichen Partner Kinder zur Welt bringen und alleine oder mit einer Partnerin aufziehen wollen, wirft er egoistische Motive vor: „Ein Kind ist nicht dazu da, Frustrationen von Erwachsenen zu kompensieren.“

Für ihn wie die Demonstrierenden bedeutet die gesetzliche Änderung des Zugangs zur medizinisch assistierten Befruchtung nichts anderes, als den Vätern zu sagen, sie seien letztlich zu nichts nutze oder bloß eine „fakultative Figur“ bei der Kindererziehung. Auch aus Kreisen von Medizinern und Psychologen wird zu bedenken gegeben, dass es für ein Kind nachteilige Folgen haben könne, ohne Vaterfigur aufzuwachsen – was allerdings mit oder ohne künstliche Befruchtung häufig der Fall ist.

Die Republik stürzen

Im prinzipiellen Protest gegen eine Reform, die Frankreichs Gesetzgebung den bereits in mehreren Nachbarländern geltenden Regeln angleicht, finden sich neben religiös motivierten Anhängern der traditionellen Familie auch verschiedenste Fraktionen der „neokonservativen“ und der alten extremen Rechten zusammen. Bezeichnenderweise sind unter den Organisationen, die zu dieser Kundgebung aufriefen, die 1905 (zum Widerstand gegen die damals verabschiedete Verankerung der weltlichen Trennung von Kirche und Staat in der Verfassung) gegründete „Association des familles catholiques“ oder auch die rechtsextreme und royalistische „Action française“, die seit mehr als hundert Jahren die Republik samt ihren humanistischen Idealen stürzen will.

Zur Hauptsache handelt es sich bei den Demonstrationen gegen die „PMA pour toutes“ (künstliche Befruchtung für alle Frauen) um dieselben Leute, die schon 2013 in Abwandlung des Regierungsslogans „Mariage pour tous“ (Heirat für alle) mit der Devise „Manif pour tous“ (Demo für alle) während Wochen Zehntausende von Familien mobilisiert hatten.

Der Widerstand gegen die Modernisierung der französischen Bioethik-Gesetzgebung war zu erwarten, auch wenn er nun bisher im Vergleich zu den vielfach in blanker Homophobie ausartenden Protesten gegen die Legalisierung der Ehe für schwule und lesbische Paare weniger vehement und massiv bleibt. In Frankreich existiert seit Jahrzehnten so etwas wie ein ungeschriebener Waffenstillstand zwischen der weltlichen oder zum Teil antiklerikalen Republik und den sehr konservativen, fundamentalistisch katholischen Anhängern einer Restauration des Ancien Régime.

Fragiles Gleichgewicht

Eine Reform der Schule, der Familie, der Geschlechterbeziehungen, die das fragile Gleichgewicht infrage stellt, wird da unweigerlich als Provokation empfunden. Heute erlaubt die Mobilisierung gegen Macrons erste Gesellschaftsreformvorlage den sonst in vielen Bereichen zerstrittenen extremen Rechten und neokonservativen Kreisen eine politische Annäherung.

Marine Le Pens Nichte Marion Maréchal-Le Pen, die kürzlich eine von den Medien sehr beachtete „Konvention der Rechten“ organisiert hat,betrachtet sich bereits als Bindeglied dieses reaktionären Lagers oder gar als dessen Galionsfigur. Sie ist, im Unterschied zu ihrer Tante, der Parteichefin des rechtsextremen Rassemblement national (RN), sehr fromm, auch hat sie den Segen ihres Großvaters, Jean-Marie Le Pen. Die Mobilisierung gegen die „PMA pour toutes“ ist ein Test für den Versuch einer neuen Sammlung der extreme Rechten in Frankreich.

Anm.: Die Teilnehmerzahlen wurde am 7. Oktober 2019 um 8:30 Uhr aktualisiert.

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