Erweiterte DNA-Fahndung: Hat auch nichts gebracht
Um den „Allgäuer Triebtäter“ zu fassen, ermittelten bayerische Beamte deren wahrscheinliche Augen- und Haarfarbe. Ohne Erfolg.
Bayern war mal wieder vorn. Dort ist die Auswertung von DNA-Spuren auf äußere Merkmale heute schon möglich. Das bayerische Polizeiaufgabengesetz (PAG) wurde 2018 entsprechend ergänzt. Das war kurz vor den bayerischen Landtagswahlen.
Der CSU-Regierung ging es vor allem um ein Symbol kriminalpolitischer Entschlossenheit. Man wollte in Bayern vor allem schneller sein als der Bund. Dort wird die Änderung der Strafprozessordnung erst jetzt in Angriff genommen.
Allerdings kann ein Landespolizeigesetz nur die Abwehr künftiger Gefahren regeln. Dazu passt die erweiterte DNA-Analyse nicht sonderlich gut. Denn wenn es Tatortspuren gibt, ist die Straftat ja bereits verübt worden.
Nach taz-Informationen hat es in Bayern aber doch bereits einen bislang unbekannten Anwendungsfall gegeben. Anlass war eine Serie von sexuellen Nötigungsversuchen. Der bayerischen Polizei ging es dabei nicht nur um die Aufklärung der bisherigen Taten, sondern auch um die Verhinderung weiterer Delikte.
Wer schnappt „Sextäter vom Bodensee“?
Der Täter, nach dem gesucht wird, soll in den Jahren zwischen 2000 und 2014 mindestens sechs Mädchen und Frauen angegriffen haben. Die Taten fanden im Westallgäu in der Gegend um Isny und Lindenberg statt. Der Mann wurde unter den Begriffen „Sextäter vom Bodensee“ oder „Allgäuer Triebtäter“ bekannt.
In vier von sechs Fällen konnte DNA-Material sichergestellt werden, so dass die Polizei trotz der großen zeitlichen Abstände zwischen den Taten von einer Serie ausgeht. Zwei weitere Taten passten zumindest vom Tatmodus zu der Serie: Die jungen Frauen befanden sich meist nach Festen auf dem nächtlichen Heimweg als sie angegriffen wurden. Der Täter riss sie zu Boden, hielt ihnen den Mund zu und versuchte, sie zu vergewaltigen. Aufgrund teilweise heftiger Gegenwehr scheiterten er jedoch jedes Mal und flüchtete.
Obwohl der Täter bei seinen Angriffen nicht maskiert war, gibt es nur eine äußerst vage Beschreibung. Er soll zwischen 35 und 55 Jahre alt sein, 170 bis 180 Zentimeter groß, mit athletischer Statur. Grund für die vage Beschreibung: die Angriffe erfolgten stets in der Dunkelheit und von hinten. Manche Opfer erlitten auch einen Schock.
Einziger erfolgversprechender Ansatz der Polizei: Bei einer Tat nutzte der Täter ein auffälliges US-Fahrzeug, zudem fanden zwei der Taten während des jährlichen Lindenberger US-Car-Treffens statt. Die Polizei-Ermittlungsgruppe nannte sich daher „EG Pontiac“. Doch ein Massengentest mit über 120 Teilnehmern brachte 2009 keinen Erfolg, ebenso wenig wie ein Aufruf in der ZDF-Sendung Aktenzeichen XY im Jahr 2015.
DNA-Test: Wahrscheinlich „Europäer“
Es war deshalb wohl auch ein Ausdruck der Ratlosigkeit, als die Polizei im August 2018 einen Versuch mit der frisch eingeführten erweiterten DNA-Analyse unternahm. Sie schickte DNA-Spuren des Serientäters an das bayerische Landeskriminalamt (LKA) und bekam alsbald Angaben über dessen wahrscheinliche Augen- und Haarfarbe, zudem soll der Täter wahrscheinlich „Europäer“ sein.
Nach Angaben des Bundeskriminalamtes sind solche biogeographischen Angaben zu 99,9 Prozent exakt, auch wenn Wissenschaftler dies bezweifeln. Allerdings hilft der Hinweis auf einen Europäer im Allgäu nicht sehr weiter. Andere Angaben sind laut BKA eher ungenau. Das Polizeipräsidium Schwaben/Südwest hat deshalb das Ergebnis der erweiterten DNA-Analyse bisher nicht veröffentlicht. Für Fahndungszwecke seien die Angaben schlicht „nicht ausreichend“.
Ganz haben die Ermittler die Hoffnung allerdings noch nicht aufgegeben. Denn inzwischen untersuchen die Rechtsmediziner der Berliner Charité die Allgäuer DNA-Spuren. Möglicherweise können sie die Herkunft des Täter weiter eingrenzen. Außerdem soll demnächst beim bayerischen LKA ein neuer Test auf das biologische Alter zur Verfügung stehen.
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