Erwartete Schlacht um syrische Provinz: Türkisches Militär trifft Vorbereitungen
Die Türkei verstärkt ihre Truppen an der Grenze zu Syrien. Hunderttausende könnten aus der Provinz Idlib fliehen, fürchtet man in Ankara.

Die türkische Regierung hatte gehofft, die Dschihadisten davon zu überzeugen, ihre Waffen niederzulegen, um so insbesondere Russland leichter dazu zu bringen, einen Angriff auf Idlib zu unterlassen. Russland hatte in Gesprächen mit der Türkei immer wieder betont, die „islamistischen Terroristen“ in Idlib müssten unschädlich gemacht werden. Nachdem Hai'at Tahrir al-Scham die Gespräche mit der Türkei abgebrochen hat und Ankara die Gruppe am Freitag auch auf ihre Terrorliste gesetzt hat, scheint ein bewaffneter Angriff der syrischen Regierungstruppen mit russischer Unterstützung unabwendbar.
In Idlib leben rund 3 Millionen Menschen, darunter viele Flüchtlinge, die nach Niederlagen der Rebellen aus anderen Teilen Syriens nach Idlib gebracht worden waren. Syriens Diktator Baschar al-Assad drängt nach den militärischen Erfolgen seiner Truppen im Süden des Landes darauf, auch Idlib wieder unter seine Kontrolle zu bringen.
Dagegen würde der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan Idlib gerne als Pufferzone erhalten, weshalb entlang der Provinzgrenzen in Absprache mit Russland und Iran schon 2017 12 zwölf türkische Militärposten eingerichtet wurden. Diese könnten jetzt als Stolpersteine dienen, sollten syrische Regierungstruppen in die Provinz vordringen. Erdoğan und Putin diskutieren jetzt darüber, die Kämpfe möglichst auf Milizionäre der Hai'at Tahrir al-Scham zu begrenzen. Laut türkischen Quellen gehören rund 10. 000 Kämpfer der Organisation an.
Auch UN-Sondervermittler Staffan de Mistura geht von einem Angriff auf die Dschihadisten aus und forderte am Freitag, es müssten zuvor humanitäre Korridore eingerichtet werden, durch die Zivilisten aus dem Kampfgebiet in Sicherheit gebracht werden könnten. Aus türkischer Sicht dürften die Zivilisten aber nicht in Richtung der Grenze gebracht werden.
Idlib im Visier
Die größte Angst in Ankara ist, dass erneut mehr als eine Million Syrer versuchten könnten, in die Türkei zu flüchten. Auch deshalb werden Truppen an die Grenze gebracht, um Flüchtlinge abzuwehren. Am Freitag treffen sich Russlands Präsident Putin und sein türkischer Kollege Erdoğan in Teheran mit Irans Präsident Ruhani, um über das weitere Vorgehen in Syrien zu entscheiden.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Forscher über Einwanderungspolitik
„Migration gilt als Verliererthema“
Sauerland als Wahlwerbung
Seine Heimat
Abschied von der Realität
Im politischen Schnellkochtopf
Erstwähler:innen und Klimakrise
Worauf es für die Jugend bei der Bundestagswahl ankommt
Pragmatismus in der Krise
Fatalismus ist keine Option
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte