Erstwähler:innen und Klimakrise: Worauf es für die Jugend bei der Bundestagswahl ankommt
Endlich mitbestimmen! Für mehr als zwei Millionen Menschen ist die Bundestagswahl am 23. Februar eine Premiere. Doch welche Themen sind ihnen wichtig?
Während einige sich darauf freuen, ihre Stimme am 23. Februar zum ersten Mal abzugeben, müssen andere junge Menschen enttäuscht zuschauen: Wer erst im Sommer 18 wird, bleibt aufgrund der vorgezogenen Bundestagswahl diesmal noch außen vor. Doch welche Themen sind jungen Menschen besonders wichtig? Mehr als zwei Millionen Menschen dürfen am Sonntag zum ersten Mal wählen.
Laut der Jugendwahlstudie 2025 des Augsburger Instituts für Generationenforschung fühlen sich viele Erstwähler:innen gestresster und politisch orientierungsloser als frühere
Generationen. Bei der Wahlentscheidung zeigt sich zudem eine zunehmende Spaltung: Während sich 2021 noch 23 Prozent der 18- bis 24-Jährigen für die Grünen entschieden und nur 7 Prozent die AfD wählten, zeichnet sich in aktuellen Umfragen ein anderes Bild ab. In einer Forsa-Umfrage vom 11. Februar kommen die Grünen und die Linke bei den 18- bis 29-Jährigen jeweils auf 19 Prozent, während die AfD auf 17 Prozent ansteigt. Ein wichtiger Faktor dabei sei die große Reichweite der AfD in den sozialen Medien, die laut der neuesten Jugendwahlstudie für Teile der jungen Zielgruppe entscheidend sei.
Doch welche Rolle spielen Themen wie der Klimawandel noch, und wie blicken Erstwähler:innen auf die politische Lage? Was treibt die junge Generation an? Die taz hat mit Erstwähler:innen gesprochen – über ihre Erwartungen, ihre Sorgen und die Themen, die für sie bei dieser Wahl entscheidend sind.
Dieser Text ist Teil des Projekts taz Panterjugend: 26 junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren, Nachwuchs-journalist:innen, -illustrator:innen und -fotograf:innen, kommen im Januar 2025 zu digitalen Seminaren zusammen und im Februar zu einer Projektwoche in die taz nach Berlin. Gemeinsam entwickeln sie zur Bundestagswahl Sonderseiten für die taz – ein Projekt der taz Panter Stiftung.
Nele (20) studiert Psychologie in Heidelberg:
„Für mich ist es entscheidend, mit meiner Wahl den Rechtsruck zu stoppen und für eine demokratische, menschenrechtsorientierte Politik einzutreten. Der Klimawandel bleibt zwar ein zentrales Thema, ist für mich aber etwas in den Hintergrund gerückt, weil der erstarkende Rechtspopulismus gerade so präsent ist. Außerdem habe ich das Gefühl, dass die Politik den Klimaschutz oft auf junge Generationen abwälzt. Auch deshalb glaube ich, dass es mehr junge Menschen in der Politik braucht. Danach werde ich auch meine Wahlentscheidung richten: Welche Partei hat die meisten jungen Leute und aus welchem Lager kommen sie?“
Tobias (20) studiert angewandte Chemie in Nürnberg:
„Für meine Wahlentscheidung zählt, wie die Kandidat:innen oder Parteien auftreten und ihre Taten oder Versäumnisse der letzten Jahre präsentieren. Mir ist wichtig, dass Politiker:innen Probleme besonnen angehen, das Grundgesetz als Grundlage respektieren und nicht einfach nur laut losbrüllen. Der Umgang miteinander sollte immer offen für Kompromisse sein – Demokratie bedeutet eben, dass man miteinander redet und Kompromisse wirklich eingeht. Auch der Klimawandel ist mir wichtig und ist eines der brennendsten Themen unserer Zeit. Als angehender Chemiker liegt mein Fokus dabei besonders auf der Energiepolitik und der Förderung neuer Technologien. Hier sollte man nicht in alten Denkmustern stecken bleiben, sondern zukunftsorientierte Lösungen stärker unterstützen.“
Jakob (20) studiert Maschinenbau in Neustadt an der Weinstraße:
„Für meine Wahlentscheidung ist es wichtig, dass alle politischen Themen angemessen berücksichtigt werden und nicht ein einzelnes Thema dominiert. Gesundheitspolitik, Bildungspolitik und auch die Umweltpolitik betreffen uns alle und müssen gemeinsam gedacht werden. Besonders der Klimawandel spielt eine große Rolle, denn die wissenschaftlichen Fakten zeigen, dass wir dringend handeln müssen, um langfristige Schäden zu verhindern. Dazu gehören auch die sozialen Folgen wie klimabedingte Migration: Wenn Menschen aufgrund von Umweltkatastrophen ihre Heimat verlassen müssen, sollte ihnen geholfen werden – aber es wäre noch besser, wenn wir die Klimakrise so eindämmen, dass Flucht gar nicht erst nötig wird. Ich wünsche mir eine Politik, die weniger von extremen Meinungen geprägt ist, sondern durch Kompromisse und Zusammenarbeit echte Lösungen findet.“
Rosa (17) geht in Cadolzburg zur Schule:
„Ich hätte sehr gerne bei der nächsten Bundestagswahl gewählt, aber die Situation ist, wie sie ist. Wäre ich wahlberechtigt, wäre der Klimawandel für mich das wichtigste Thema gewesen, zusammen mit Gleichberechtigung und Fragen rund um Tierhaltung und Fleischkonsum. Der Klimawandel sollte eine der obersten Prioritäten sein, weil man seine Auswirkungen jetzt schon deutlich spürt. Viele Menschen setzen sich noch immer zu wenig damit auseinander – und wenn die Politik das Thema nicht ernst genug nimmt, wird es in der Gesellschaft oft genauso vernachlässigt.“
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