Erste „Protected Bike Lanes“ eingeweiht: Grün ist die Farbe der Hoffnung
Mit nicht unbedingt schicken, aber schön biegsamen Pollern vom Autoverkehr abgetrennt: Radweg neuen Typs in der Holzmarktstraße. Ein Wochenkommentar.
Die grünen Farbrollen kommen so langsam auf Betriebstemperatur: Schon auf etlichen Straßenabschnitten wurden bestehende Radfahrstreifen im frischen Farbton der Hoffnung markiert. RadlerInnen, die durch die Proskauer Straße in Friedrichshain oder die Katzbachstraße in Kreuzberg rollen, können sich darüber freuen; auch für die FU-Studierenden wurde auf der Habelschwerdter Allee in Dahlem der grüne Teppich ausgerollt. In diesem Jahr sollen Lahn- und Werbellinstraße in Neukölln dazukommen – und fürs kommende Jahr ist die Einfärbung weiterer 20 Straßenabschnitte geplant.
Das alles sind freilich nur vorläufige, kleine und eher psychologische Verbesserungen, verglichen mit dem Standard einer sogenannten „Protected Bike Lane“, wie sie in der Holzmarktstraße in Mitte am Donnerstag von der Verkehrssenatorin eingeweiht wurde. Der ebenfalls grüne Streifen dort ist mit 3,50 Metern superluxusbreit und zudem mit nicht unbedingt schicken, aber schön biegsamen Pollern vom Autoverkehr abgetrennt.
Was das angeht, sind inzwischen fast alle Rad-AktivistInnen und -PolitikerInnen einer Meinung: Ohne Poller ist das regelwidrige Befahren und Zuparken durch AutofahrerInnen praktisch nicht zu verhindern. Eine Alternative wären Hochbordwege wie in Kopenhagen, aber die sind in der Herstellung viel teurer und auch nicht unumstritten.
Zu meckern gibt es trotzdem einiges: Das Ganze dauert viel, viel, viel zu lange. Der geschützte Radstreifen auf der Hasenheide etwa wurde bis heute nicht angefangen, dabei hätte er eigentlich schon in diesem Frühjahr fertig sein sollen. Auch die Mini-Bepollerung des tödlichen Unfallschwerpunkts an der Kreuzung Kolonnen-/Hauptstraße in Schöneberg nahm unverhältnismäßig viel Zeit in Anspruch. Schuld ist unter anderem die Aufteilung der Arbeit zwischen Senats- und Bezirksebene, was viel Effizienz kostet.
Aber auch die verkehrstechnischen Instrumente, mit denen die PlanerInnen heute so operieren, sind nicht mehr unbedingt auf der Höhe der Zeit: Eine „Radwegweiche“, wie sie am Ende der Holzmarktstraße eingebaut wurde, sieht modern aus, ist aber kein Goldstandard für sicheres Fahren. Und genau darum soll es doch gehen beim Mobilitätsgesetz: Nicht nur Profis und Unerschrockene sollen in Berlin Rad fahren können – sondern wirklich jede und jeder.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen