Erste PK als SPD-Generalsekretär: Der preußische Herr Kühnert
Bei seiner ersten Pressekonferenz will der neue SPD-Generalsekretär zur Impfpflicht nicht Farbe bekennen. Auch bei Nord Stream 2 bleibt er vage.
Kevin Kühnert ist 32 Jahre alt, erst seit ein paar Monaten Bundestagsabgeordneter, aber gefühlt schon lange ein fester Bestandteil der politischen Hauptstadtszenerie. Montagmittag im Willy-Brandt-Haus ist gleichwohl eine Premiere für ihn – sein erster Routineauftritt als neuer SPD-Generalsekretär. Der Generalsekretär informiert, was die Parteigremien montags so beredet haben. Ein Pflichtprogramm. Kühnert war als Vizeparteichef schon seit Längerem beim SPD-Präsidium dabei. „Ich bin mit dem Raum, den Personen und dem dünnen Kaffee vertraut“, sagt er. „Da hat sich wenig geändert.“
Kühnert redet aber etwas schneller, hektischer als sonst. Ein Generalsekretär muss immer zu allem sprechfähig sein, vom Pflegebonus über den Ukrainekonflikt bis zum Heizkostenzuschuss. Zum Jobprofil gehört es auch, die Gegner anzugreifen. Söder, der sich als scharfer Coronabekämpfer geriert, aber 2G für Restaurants für Bayern ablehnt, ist da immer ein dankbares Ziel.
Im SPD-Präsidium ging es natürlich auch um die Impfpflicht, die Kanzler Olaf Scholz im November mehr oder weniger angekündigt hatte, die aber nun in den Sternen steht. Auch die SPD hat auf ihrem Parteitag im Dezember einem Pro-Impfpflicht-Antrag zugestimmt. Doch jetzt dauert alles erst mal. Im Bundestag liegt erst ein Antrag vor – von FDPlern, die gegen die Impfpflicht sind.
Die SPD-Fraktion lässt sich am Dienstag von ExpertInnen beraten. Kühnert weist zu Recht darauf hin, dass die Impfpflicht, selbst wenn sie schnell kommen würde, nichts gegen Omikron bewirken würde. Die Infektion ist viel schneller, als jedes beschleunigte Verfahren im Bundestag sein könnte. Scholz habe außerdem, so Kühnert, eine schnelle Impfpflicht nur als „wünschenswert“ bezeichnet. Und was hält Kühnert persönlich von der Impfpflicht? Er habe sich für die Abstimmung „noch nicht entschieden“. Mehr werde er dazu nicht sagen. Denn, so Kühnert preußisch rollenbewusst, er spreche hier für die Partei und nicht für sich.
Für leichte Irritation hatte Kühnert zuvor mit Aussagen über die Gaspipeline Nord Stream 2 gesorgt. Das zwischen Grünen und SPD umstrittene Projekt ist noch nicht genehmigt. Kühnert forderte Richtung Grüne, dass sie Nord Stream 2 endgültig akzeptieren. Es müsse „irgendwann mal ein politischer Frieden und ein Rechtsfrieden bei so einer Frage eintreten“, so der SPD-Generalsekretär. Warum die Debatte aber schon vor der Genehmigung enden soll, erschließt sich aus dieser Stellungnahme nicht. Zudem wirken die Grünen derzeit wegen Nord Stream 2 und dem kaum mehr verhinderbaren Ja der EU zur Atomkraft als förderungswürdige Energie angeschlagen. Kühnerts Angriff erscheint daher etwas übermotiviert.
Kühnert wies zudem darauf hin, dass für den Fall einer Eskalation Russlands im Konflikt mit der Ukraine „unser diplomatisches Handwerkszeug glücklicherweise mehr Möglichkeiten bietet als die bloße Abschaltung einer Gaspipeline“. Das lässt viel offen – auch die Möglichkeit, dass russisches Gas auch bei einem Angriff auf die Ukraine per Nord Stream2 nach Deutschland geliefert werden könnte. Kühnert betont auf kritische Nachfragen, er habe damit die Haltung der SPD wiedergegeben.
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