piwik no script img

Ermordete Shoah-ÜberlebendeBlanka Zmigrod, unvergessen

Ein Rechtsterrorist ermordet die Shoah-Überlebende 1992 in Frankfurt am Main. Eine Petition will verhindern, dass Zmigrod in Vergessenheit gerät.

Im Kettenhofweg in Frankfurter Westend wurde Blanka Zmigrod vor 25 Jahren erschossen Foto: Christoph Boeckheler

Berlin taz | Der Kettenhofweg in Frankfurt am Main ist eine grünbewachsene, ruhige Straße. Sie schlängelt sich durch den Stadtteil Westend, vorbei an Gründerzeitgebäuden und einzelnen Hochhäusern, bis zum Opernplatz. Von hier aus machte sich Blanka Zmigrod am 23. Februar 1992 auf den Heimweg.

Zmigrod wurde im Kettenhofweg erschossen. Ihr Mörder: ein schwedischer Rechtsterrorist, der zuvor bereits in Schweden aus rassistischen Motiven auf elf Menschen mit Migrationsgeschichte schoss und den Studenten Jimmy Ranjbar tötete. In Frankfurt schoss der Terrorist auf Zmigrod – die er beschuldigt hatte, als Garderobiere in einem Restaurant seinen Taschencomputer entwendet zu haben. Woraufhin er sie rassistisch beschimpfte – und später ermordete.

Nichts erinnert im Kettenhofweg an Blanka Zmigrod. Und das ärgert Ruben Gerczikow. „Da ich die Straße oft entlang laufe, habe ich mich gewundert, dass dort überhaupt nichts ist“, sagt der Frankfurter, der auch Vorstandsmitglied der Jüdischen Studierendenunion ist, der taz. Auch im Gespräch mit Persönlichkeiten aus der Stadtgesellschaft und befreundeten Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde habe er festgestellt, dass nur wenige sich an den Mord erinnern.

„Der Fall ist nicht im kollektiven Gedächtnis“, so Gerczikow. Er startete deshalb die Onlinepetition „Blanka Zmigrod unvergessen“ an den Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD). Das Ziel: eine Gedenkstätte zur Erinnerung an Zmigrod und ihr Leben.

Nicht im kollektiven Gedächtnis

Viel ist über Zmigrod nicht bekannt: Sie überlebte zwei Konzentrationslager, darunter Auschwitz. Nach der Befreiung wanderte sie nach Israel aus, bevor sie 1960 nach Frankfurt am Main kam.

Ob ihr Mörder die KZ-Häftlingsnummer, die Zmigrod auf dem Unterarm tätowiert hatte, sah, konnte der Strafprozess 2017/18 in Frankfurt nicht klären. Zwar wurde er wegen Mordes zu einer lebenslangen Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt, ein mögliches politisches Motiv spielte im Prozess jedoch keine Rolle.

Neonazis feierten die Mordserie: Sie druckten T-Shirts mit dem Namen des Mörders. Dem norwegischen Rechtsterroristen von Oslo und Utøya, Anders Breivik, galt sie als Vorbild, dem NSU als Blaupause.

„Alle kennen die Namen der Täter, über die Betroffenen reden wir viel zu wenig“, bedauert Gerczikow. Ein Denkmal für Zmigrod wäre ein Zeichen der Solidarität mit Betroffenen rassistischer und antisemitischer Gewalt. Und gegen das Vergessen. „Eine Plakette ist das Mindeste“, sagt Gerczikow. Der zuständige Ortsbeirat möchte dem Anliegen offenbar bald nachkommen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Sagt mal, habt ihr den Artikel von gestern aus der FR zusammengefasst?

    www.fr.de/frankfur...grod-90176759.html

    • @Sven Günther:

      Beide Artikel orientieren sich recht stark an der Petition.

      • @Martin Neumann:

        Mag sein, wir bekommen die FR seit wir im Homeoffice sind nach Hause und ich dachte mir beim lesen in der taz, das hast du doch fast so schon mal gestern gelesen.

        • @Sven Günther:

          Ach was!

          Empfehle beidhändiges Lesen. Gelle.

          unterm———



          Klar 68/78 - FR!! - aber hück?! Also einen kenn ich jetzt. Der letzte macht dann das Licht aus & genehmigt sich‘n Licher! 🤫

          • @Lowandorder:

            Excusez-moi monsieur, meine Mame hat sie gelesen und meine Bobe auch, seitdem ich lille war, hatten immer meine Leute irgendwo eine FR liegen.

            Und auch als ich älter war, wir haben über die Kolumne von Mely Kiyak diskutiert, da kamen oft gute Artikel, die auch uns mal einen neuen Ansatz geliefert haben.

            Und wir sind nicht Mittelhessen, ich trinke doch kein Licher. Binding alter Mann und das ist wie die FR, du weißt es schmeckt nicht, aber es ist Lokalkolorit und bevor ich irgendeine andere Scheiße trinke, dann support your local beer und ja ich weiß es gehört Radeberger, aber die Binding sponsort mein Schweizer Straßenfest, reicht.

            • @Sven Günther:

              Eine "jiddische mame", sie versüßt die ganze Welt, eine "jiddische mame"



              oh wie bitter, wenn sie fehlt. Ich darf noch danken G´tt, wer sie noch bei



              sich hat. Oh, weh, wie traurig es wird, wenn sie von uns geht. In Wasser



              und Feuer würde sie laufen für ihr Kind. Ihr nicht die Treue zu halten, das



              ist gewiss die größte Sünde. Oh, wie glücklich und reich ist der Mensch,



              der ein schönes Geschenk hat, ein Geschenk von G´tt. Das einer jiddischen



              Mutter - meiner Mutter.

  • Schon allein das Opfer des rassistischen Lasermann zu sein spricht für ein Denkmal!