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Ermittlungen wegen rechter PostsHitlergruß auf Social Media

Zwei Angehörige der Polizei Niedersachsen stehen im Verdacht, rechtslastige Postings abgesetzt zu haben. Beide sind derzeit des Dienstes enthoben.

Immer wieder fallen PolizistInnen mit rechten Postings auf Foto: Robert Michael/dpa

Osnabrück taz | Dass sich niedersächsische Polizisten in Sozialen Medien äußern, über personifizierte Dienst-Accounts Kontakt zu BürgerInnen suchen, für „Digitales Community Policing“, lässt sich als Transparenz verstehen, als Nahbarkeit: Postings zum Nutzen der Allgemeinheit.

Mancher private Post von Staatsdienern bewirkt das Gegenteil: Rechtslastigkeit ist hier kein Einzelfall. Dann rücken Kollegen zur Durchsuchung an, stellen Mobiltelefone und Laptops sicher.

Letzten Mittwoch fuhren Beamte der Zentralen Kriminalinspektion Osnabrück im Auftrag der Staatsanwaltschaft Osnabrück bei zwei Angehörigen der Polizei Niedersachsen vor. Strafrechtliche Ermittlungen begannen. Anonyme Hinweise hatten die Aktion möglich gemacht.

Fotos von hilflosen Menschen verbreitet

Ein 21-jähriger Polizei-Anwärter der Polizeiakademie Niedersachsen aus Hannoversch Münden im Landkreis Göttingen soll „einen Hitlergruß gezeigt“ und sich in dieser Pose gepostet haben, sagt Oberstaatsanwalt Alexander Retemeyer von der Staatsanwaltschaft Osnabrück der taz. Ein 27-jähriger Beamter der Polizeiinspektion Emsland/Grafschaft Bentheim stehe im Verdacht, so die Staatsanwaltschaft, sich wegen „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten“ strafbar gemacht zu haben. In seiner Dienstzeit soll er Fotos von Personen „in hilfloser Lage, vor allem von ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern“ gemacht haben, auch in Zellen, „und diese via Messenger verbreitet haben“.

Man nehme die Vorwürfe „sehr ernst“, schreiben Andrea Menke, Polizeivizepräsidentin der Polizeidirektion Osnabrück, und Carsten Rose, Direktor der Polizeiakademie Niedersachsen, in einer gemeinsamen Erklärung. „Sollten diese sich bewahrheiten, werden wir unmissverständlich und mit entschlossener Haltung reagieren. Klar ist: Rechtsextremes Gedankengut hat in der Polizei keinen Platz!“ Die Polizei stehe für die Wahrung und den Schutz demokratischer Grundsätze. „Daran darf es keinen Zweifel geben.“ Disziplinar- beziehungsweise Entlassungsverfahren laufen. Beide Beschuldigte sind derzeit des Dienstes enthoben.

Auffällig ist: Wer von Staatsanwaltschaft und Polizei Auskunft will, landet schnell im Niemandsland: Zu Details, sagt Retemeyer der taz, möge man sich an Marco Ellermann wenden, den Sprecher der Polizeidirektion. Ellermann wehrt ab, sehr knapp, fast barsch: „Dazu sagen wir gar nichts!“ Die „Pressehoheit“ habe die Staatsanwaltschaft.

Nicht der erste Fall

Die Polizeidirektion Osnabrück hat schon mehrfach erlebt, dass Kollegen wegen Rechtslastigkeit ins Visier gerieten. Ein Beispiel: Ende April hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg über zwei Beamte entschieden, die sich in Chats über Jahre Rassistisches zugeschickt hatten. Sie können zwar nicht entlassen werden, wie es die Polizeidirektion wollte, die eigens dafür in Berufung gegangen war, aber ihre Disziplinarmaßnahmen wurden verschärft: Zu­rückstufung im Dienstgrad.

Beide Beamte, so das OVG, hätten „schuldhaft gegen ihre Pflicht verstoßen, durch ihr gesamtes Verhalten für die Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzutreten“. Damit unvereinbar sei „jedes Verhalten, mit dem die Menschenwürde von Personen oder Personengruppen infrage gestellt werde oder das darauf gerichtet sei, die Ziele des nationalsozialistischen Regimes zu verharmlosen oder Bestandteile der NS-Ideologie wieder gesellschaftsfähig zu machen“. Es bestehe aber „noch ein Restvertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit“.

„Rechtsextreme müssen raus aus der Polizei“, schreibt Volker Bajus der taz, Landtagsabgeordneter der Grünen aus Osnabrück und in Hannover parlamentarischer Geschäftsführer. „Demokratiefeinde können keinen Rechtsstaat verteidigen.“ Es sei wichtig, dass Fälle wie dieser öffentlich werden: „Rechtsextreme müssen wissen, sie können sich in Niedersachsen nicht auf einen falsch verstandenen Korpsgeist verlassen. Es muss daher auch aufgeklärt werden, wer das Täterumfeld ist, wer die Emp­fän­ge­r*in­nen der versandten Hass-Fotos waren und die Täter gedeckt hat.“

Die Polizei müsse „widerstandsfähiger werden, gegen völkische, rassistische und rechtsextreme Einflüsse“, auch durch Bildungs- und Sensibilisierungsprogramme. „Die Polizeidirektion Osnabrück ist hier engagiert dabei“, schreibt Bajus.

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11 Kommentare

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  • Da lobe ich mir doch Jette Nietzards Provokationen.

  • Schwarze Schafe gibt es überall, auch bei der Polizei und das muss auch geandet werden. Die große Mehrheit der Polizeibeamten ist nicht rechtsextrem und schützt uns alle Tag für Tag auch unter Einsatz der eigenen Gesundheit. Das darf man nicht vergessen.

    • @Filou:

      Und genau darum brauchen wir eine wissenschaftliche, neutrale Untersuchung des Gesamtkomplexes. Doch das verhindert die CSDU seit Jahren. Warum wohl?

    • @Filou:

      Vollkommen richtig! Außer man ist nicht deutsch. Und nicht weiß. Oder kifft in Bayern. Oder klebt auf der Straße. Oder lebt auf der Straße. Oder ist links. Oder ...

  • Hitlergruss bei der Polizei? Wieder mal rechtsextreme Chatgruppen? Kaum eine Diskussion wert. Die Chefin der Gruenen Jugend macht einen social media post, um auf die rechte Unterwanderung der Polizei aufmerksam zu machen? Fast hundert Kommentatoren packen ihr Riechsalz aus und sind am Hyperventilieren. "Nicht in diesem Ton, junges Fraeulein!!"

  • Die Polizei soll unsere Demokratie schützen, zB indem sie Menschen und Sachen vor Schaden bewahrt. Es scheint offensichtlich, dass sie aufgrund ihrer Aufgaben und Befugnisse Ziel rechter Unterwanderung ist. Neben der konsequenten Verfolgung der in dem Artikel genannten Vorkommnisse, bin ich jedoch auch ausdrücklich dafür, Beförderungen und Dienstpostenbewertungen zu verbessern.

  • "Die Polizei stehe für die Wahrung und den Schutz demokratischer Grundsätze. „Daran darf es keinen Zweifel geben.“ "



    Daran gibt es ganz erhebliche Zweifel, in der gesamten Republik. Uns fehlt eine neutrale, wissenschaftliche Aufarbeitung, so wie es Seehofer schon verhindert hat und sein Parteifreund Dobrindt es weiterführt....

  • Hitlergruß ist schon extrem dämlich, Gefangene zu posten absolut widerlich. Diese Leute gehören nicht in die Polizei.

  • 'rechtslastig' für 'mit Hitlergruß posieren'...? Warum nicht 'rechts-konservativ'? Oder 'zuwanderungskritisch'...?

    • @Hannes Hegel:

      Auch wenn Umdeutung von Inhalten stark in Mode gekommen ist, ist die Auslegung als "konservativ" oder "zuwanderungskritisch" völliger Unfug und faktenfrei. Denn Fakten zeigen sich in der von dem Betroffenen eingenommenen Körper- bzw Armhaltung, pfui!

    • @Hannes Hegel:

      ... oder vielleicht "irrtümlich". Geht's noch ????