Ermittlungen des Generalbundesanwalts: 150 private deutsche Krieger
Zwei ehemalige Bundeswehrsoldaten sollen den Aufbau einer Söldnertruppe geplant haben. Einsatzort: Der Bürgerkrieg in Jemen.
Auch im im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald rückten die Spezialkräfte im Auftrag des Generalbundesanwalts an, hier nahmen sie Arend-Adolf G., 60, fest. Beamt:innen des Bundeskriminalamts durchsuchten die Wohnungen der beiden Beschuldigten und auch Räumlichkeiten von nicht tatverdächtigen Personen in Bayern und Baden-Württemberg. Beide Männer sind im privaten Sicherheitsbereich tätig und beide waren früher Fallschirmjäger bei der Bundeswehr, aber das ist schon mehr als 20 Jahre her. Der Generalbundesanwalt wirft ihn nun vor, dass sie als Rädelsführer versucht haben, eine terroristische Vereinigung zu gründen. Sie sitzen nun in Untersuchungshaft.
Anders als sonst geht es in diesem Fall nicht um Extremismus im engeren Sinne. Es soll hinter diesem Plan kein primär ideologisches Interesse gestanden haben, sondern ein wirtschaftliches. Was klingt wie ein wilder Thriller, war offenbar ziemlich konkret: Den Ermittlungen zufolge wollten die beiden seit Anfang 2021 unter ihrem Kommando eine Söldnertruppe aufstellen. 100 bis 150 Kämpfer wollten sie demnach unter ehemaligen Polizisten und Soldaten rekrutieren. Mit mindestens sieben Personen soll Arend-Adolf G. deswegen schon Kontakt aufgenommen haben. Es war die Rede von einem Söldnerlohn von monatlich 40.000 Euro für jeden Kämpfer. Ein Riesengeschäft.
Nach taz-Informationen wurden die Ermittler:innen nach einem Hinweis des MAD eingeleitet. Der Bundeswehrgeheimdienst war auf die Söldnerpläne gestoßen. Laut Spiegel überwachte das BKA dann die Kommunikation von zwei Dutzend Personen und wertete Chatverkehr aus.
Auf der Suche nach Finanzierung
Die Ermittler:innen stießen dabei auch auf einen konkreten Einsatzplan. Es geht um Jemen, ein Land, das seit Jahren unter einem Bürgerkrieg leidet, in den andere Staaten aus der Region eingegriffen haben. Dem GBA zufolge wollten Achim A. und Arend-Adolf G. das Kriegsgebiet „befrieden“ und Friedensverhandlungen zwischen den Huthi-Rebellen und der jemenitischen Regierung erzwingen. Wenn man sich aber bewusst in einen Krieg einmischt, muss man damit rechnen, zu töten – im Zweifel auch Zivilist:innen. Für private Akteure ohne Kombattantenstatus gibt es aber dafür keine Rechtfertigung. Damit soll diese geplante Vereinigung darauf ausgerichtet sein, schwere Straftaten wie Mord oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu begehen. Das ist in diesem untypischen Fall die juristische Bewertung des Generalbundesanwalts.
Für die Finanzierung des Vorhabens war den Ermittler:innen zufolge Achim A. zuständig. Er soll viel Aufwand betrieben haben, um eine der Kriegesparteien zu kontaktieren: Saudi-Arabien, das auf Seiten des jemenitischen Präsidenten gegen die Huthi-Rebellen kämpft, die von Iran unterstützt werden. Er probierte „hartnäckig“ auf allen möglichen Wegen, Regierungsstellen sein Angebot zu unterbreiten. Aber er bekam keine Antwort.
Mittelfristig hätten die beiden Männer ein privates Militärunternehmen gründen wollen, so der Generalbundesanwalt. Eine Art deutsches Blackwater also. Solche Pläne hört man immer wieder von ehemaligen Sicherheitskräften, etwa vom Ex-KSK-Soldaten André S. alias Hannibal.
Bei ersten Kontakten zur saudischen Regierung könnte Achim A. eine Sicherheitsfirma geholfen haben, die diesen Fall zusätzlich brisant macht. Sie heißt Asgaard und hat immer wieder Standort, Rechtsform und Geschäftsführung geändert. Beide Beschuldigten waren in der Vergangenheit für die Firma tätig. Achim A. ist als Berater für Asgaard aufgetreten, Arend-Adolf G. stand vor Jahren sogar als Geschäftsführer im Impressum der Firmenwebseite. Und Asgaard war unter anderem für die Sicherung der saudischen Botschaft in Bagdad zuständig.
Asgaard hat häufiger für Schlagzeilen gesorgt. 2009/2010 gab es konkrete Pläne, mehr als 100 ehemalige Bundeswehrsoldaten nach Somalia zu schicken, als Söldner. Es gab angeblich sogar schon einen Vertrag mit einem Warlord, der sich als legitimer Präsident sah. Aus dem Projekt wurde dann nichts. Zuletzt sind rechtsextreme Umtriebe von Asgaard-Mitarbeitern im Irak bekannt geworden. Der Generalbundesanwalt ermittelt zudem gegen den Geschäftsführer wegen des Verdachts auf Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Er soll der Linken-Bundestags-Abgeordneten Martina Renner mit dem Tod gedroht haben, was er bestreitet.
Direkt hätten diese Vorgänge bei Asgaard mit den jetzigen Festnahmen nicht zu tun, heißt es vom Generalbundesanwalt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“