Erfolgreiches Artenschutzprojekt: Das Rebhuhn ist doch zu retten
Naturschützer und Bauern verbessern gemeinsam den Lebensraum für Rebhühner. Deren Population stieg auf den Projektflächen bis zu 80 Prozent.
Ein Forschungsprojekt der Universität Göttingen hat jetzt gezeigt, dass und wie sich diese Entwicklung umkehren lässt. Damit wäre nicht nur dem Rebhuhn geholfen, sondern auch dem Feldhasen und einer Reihe weiterer Arten, welche die moderne Landwirtschaft durch Pestizideinsatz und intensive Flächennutzung an den Rand des Aussterbens gebracht hat.
Das Rebhuhn, ein Bodenbrüter, habe sehr hohe Ansprüche an seinen Lebensraum, heißt es in einem aktuellen Bericht der Göttinger Forscher. „Wenn die Voraussetzungen für Rebhühner stimmen, finden sich viele andere Arten der Agrarlandschaft ein.“ Somit sei das Rebhuhn eine hervorragende Flaggschiff-Art für eine intakte Kulturlandschaft.
Die Göttinger Forscher haben bei Diemarden und Nesselröden in Südniedersachsen ausprobiert, wie sich die Lebensbedingungen für das Rebhuhn bei laufender Landwirtschaft verbessern ließen. Mit Fördergeld aus dem Interreg-Programm der EU und von Drittmittelgebern wie der Heinz-Sielmann-Stiftung ließen sie die Landwirte auf ihren Feldern Blühflächen, Brachen, Hecken und Insektendämme anlegen – wallartige Blüh- und Grünstreifen. Zudem vereinbarten sie, erst nach dem Ende der Brutzeit zu mähen.
Rezept gegen die Biodiversitätskrise
Der Effekt des siebenjährigen Partrige(Rebhuhn)-Projekts, das auch in anderen europäischen Ländern betrieben wird, war durchschlagend. In den Projektgebieten nahmen die Bestände der Rebhühner und Feldhasen um 50 bis 95 Prozent zu. Das war deutlich mehr als in den ebenfalls beforschten Vergleichsgebieten, in denen die Lebensbedingungen nicht in gleicher Weise verbessert wurden. Auch weitere Feldvögel wie die Dorngrasmücke, der Feldsperling, der Bluthänfling der Stieglitz und der Sumpfrohrsänger hätten sich vermehrt.
„Wir liefern mit unserem Projekt den praktischen Beweis, wie wir der Biodiversitätskrise in unserer Agrarlandschaft erfolgreich etwas entgegensetzen können“, sagt Lisa Dumpe, die Koordinatorin der beiden Göttinger Projekte. Allerdings müssten mindestens 7 Prozent der jeweiligen Felder ökologisch aufgewertet werden, um den Rückgang des Rebhuhns aufzuhalten.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
„Wir müssen versuchen, das Instrumentarium einzusetzen, das durch die EU-Agrarreform geliefert wird“, sagt Eckhard Gottschalk, der das Rebhuhnschutzprojekt in Göttingen betreut. Wenn sie EU-Fördergeld bekommen wollen, müssen Landwirte im kommenden Jahr 4 Prozent ihrer Ackerfläche unbearbeitet lassen. Weitere Flächen könnten über den Ökolandbau und die Argrarumweltprogramme der Länder mobilisiert werden.
Der Landwirt Werner Magerhans, der sich in Diemarden an dem Projekt beteiligt hat, verweist auf den Mehraufwand. Die kleinen Rückzugsbereiche für die Tiere anzulegen sei „ein bisschen Fummelei“. Für die kleinen Schläge lohne es sich kaum, die Arbeitsgeräte am Trecker auszuwechseln. Wirtschaftlich darstellbar sei das nur durch eine Extra-Förderung wie in dem Projektgebiet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Wissenschaftlerin über Ossis und Wessis
„Im Osten gibt es falsche Erwartungen an die Demokratie“