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Erfolg des DeutschlandticketsEs lockt in Busse und Bahnen

Das Deutschlandticket gibt es nun seit vier Monaten, zuletzt nutzten es rund 10 Millionen Menschen. Laut Verkehrsverband könnten es noch mehr sein.

Dank Deutschlandticket hatte der Nahverkehr im Juli und August acht Prozent neue Fahrgäste Foto: Jens Büttner/dpa

Berlin dpa | Das Deutschlandticket hat einer aktuellen Umfrage zufolge Tausende Menschen in den öffentlichen Personennahverkehr gelockt, die diesen zuvor nicht genutzt haben. Acht Prozent der Ticketkäufer gaben in der bundesweiten Marktforschung des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) an, vorher nicht den ÖPNV genutzt zu haben. Wie der VDV am Freitag mitteilte, hatten 42 Prozent schon vorher ein ÖPNV-Abo. 47 Prozent nutzten zwar Bus und Bahn, allerdings ohne Abo.

Der Verband geht davon aus, dass in den kommenden Monaten noch einige Nutzer anderer ÖPNV-Abos auf das bundesweit gültige 49 Euro teure Monatsticket wechseln werden. „Dafür wäre aber eine möglichst zeitnahe Einigung von Bund und Ländern über die Anschlussfinanzierung des Tickets in den kommenden Jahren dringend geboten“, sagte Verbandspräsident Ingo Wortmann.

Zwischen Bund und Ländern wird über die weitere Finanzierung bereits gerungen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) zog beispielsweise viel Kritik mit dem Vorschlag auf sich, dass die Länder bei den Verkehrsverbünden und den Vertriebskosten sparen müssten, damit auch das ÖPNV-Angebot verbessert werden könne. Mehr Geld des Bundes will er nicht für das Deutschlandticket bereitstellen.

Der Marktforschung zufolge leistet das Deutschlandticket bereits einen kleinen Beitrag zur Verkehrswende, die angesichts der Klimakrise nötig ist. Etwa fünf Prozent aller Fahrten mit dem Deutschlandticket wären demnach ohne das Ticket mit dem Auto unternommen worden.

In Kleinstädten und Dörfern nur 6 Prozent mit Ticket

Allerdings zeigt die Marktforschung auch deutlich, dass das Ticket in Städten beliebter ist als auf dem Land – also dort, wo das ÖPNV-Angebot in der Regel umfangreicher ist. In den Metropolen und Großstädten besitzen 20 bis 30 Prozent der Befragten ein Deutschlandticket, in Kleinstädten und im dörflichen Raum dagegen nur 6 Prozent.

„Das zeigt einmal mehr, dass ein günstiges ÖPNV-Ticket alleine nicht ausreicht, um die Menschen zum Kauf und damit zum Umstieg auf Bus und Bahn zu bewegen. Das gelingt nur, wenn das Angebot vor Ort attraktiv genug ist“, sagte VDV-Präsident Wortmann. „Deshalb muss nach dem Deutschlandticket nun auch zeitnah das Deutschland-Angebot für den ÖPNV folgen.“

Insgesamt nutzten im Juli und August jeweils rund 10 Millionen Fahrgäste das Deutschlandticket. Im Mai, also dem ersten Monat des Tickets für den Nah- und Regionalverkehr, waren es 9 Millionen Nutzerinnen und Nutzer. Verkauft wurden laut VDV 11 Millionen Deutschland-Ticket-Abos. Die Differenz von einer Million ergebe sich vor allem aus den Nutzern, die sich bereits ein Ticket gekauft haben, das aber erst später gültig werde. Und aus denjenigen, die ihr aktuelles Ticket nicht mehr nutzten.

Nach Ansicht des VDV gibt es noch Potenzial für mehr Deutschlandticket-Kunden: „In erster Linie sind hier die rund drei Millionen Studierenden zu nennen, für die es leider nach wie vor keine politische Lösung für ein bundesweit einheitliches Deutschlandticket gibt“, sagte Wortmann. Zudem sei die Umstellung von Jobtickets in den Unternehmen auf das Deutschlandticket in den Ferienmonaten ins Stocken geraten. „Hier gehen wir ab September von einem Anstieg an Neuabschlüssen und Umstellungen aus“, sagte Wortmann.

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21 Kommentare

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  • Mehr ÖPNV? Mit welchen Lokführern und Busfahererinnen denn? Die fehlen doch heute schon: ERIXX kann mangels Personal seinen vertraglichen Pflichten im Osten Schleswig-Holsteins schon jetzt nicht mehr nachkommen und dünnt sein Angebot aus; beim Metronom in Niedersachsen ist es nicht anders.

  • 6G
    676595 (Profil gelöscht)

    Am Stichtag 01.07.2023 gab es in Deutschland etwa 49 Millionen Pkw, wobei die Trendlinie seit Jahren stetig steigt ist und weder eine Trendumkehr noch eine Abnahme der Steigung erkennbar sind, auch nicht nach Einführung des Deutschlandtickets. Das Ticket ist also kein Erfolg!

    • @676595 (Profil gelöscht):

      Da müssen Sie womöglich noch ein Jährchen warten, bis Sie qualifizierte Angaben haben. Eine Trendumkehr, wenn sie keine Disruption ist, kann man nicht gleich nach drei Monaten erkennen.



      Zumal, weil hier eine Kette von Änderungen in Gang gesetzt werden muss: Abo bestellen. Abo prüfen und für gut befinden. Zu dem Zeitpunkt, da man sich sonst ein neues Auto gekauft hätte, dieses nicht tun. - Denn die Autos, die schon da sind, verschwinden ja nicht von jetzt auf gleich aus der Bilanz oder werden auch nur ab- oder umgemeldet. Eine Weile stehen sie erstmal seltener genutzt in der Garage, und auch der Gebrauchtwagenmarkt wird eine etwaige Änderung erst in etlichen Monaten spüren. Der frühest mögliche Zeitpunkt, zu dem eine Änderung durch das Deutschlandticket wahrnehmbar sein könnte, ist also der 1.7.2024. Ob es dann eine Trendumkehr wird, müssen die folgenden zwei bis fünf Jahre zeigen.

  • "...hatten 42 Prozent schon vorher ein ÖPNV-Abo."



    Ja klar, wenn das Deutschlandticket billiger ist als das bisherige Abo, dann kaufe ich mir auch eins.

  • Die Gesetzeslage (Bundesverfassungsgericht und EU) ist eigentlich klar. Die nächsten Jahre muß massiv CO2 eingespart werden. Der sehr energieintensive Indiviualverkehr müßte eigentlich ab sofort zurückgedrängt werden.

    Ein massiver Ausbau der Bahn-Infrastruktur inklusive neuem Zugmaterial und Personal wird wohl nur mit einem milliardenschweren "Sondervermögen BAHN" möglich sein.

    Darauf werden wir wohl warten müssen in der "Nach-Wissing-Zeit".

    Die FDP will ja unbedingt "Freie Fahrt für freie Bürger" auch 2024 weiter durchziehen.

    Bis der Asphalt glüht!

  • Der VDV hat bereits vor der Einführung berechnet, dass 69 € pro Monat nötig sind, um auch Angebotserweiterungen zu ermöglichen. Nun werden 69 € womöglich nötig, um allein den Bestand zu sichern. Dazu gehört dann aber ein Sozialticket zum halben Preis. Interessant wäre, für weitere etwa knapp 20 € – bzw. knapp 10 € für Senior:innen sowie Jüngere eine Bahncard 50-Funktion (oder entsprechend BC 25) – wahlweise hinzukaufen zu können, so dass für größere Entfernungen eine derart rabattierte Fernverkehrsfahrkarte – z. B. auch nur für eine Teilstrecke – erworben werden kann.



    Außerdem: Zur Barrierefreiheit gehört die Möglichkeit, die Kartenform beizubehalten. Ich habe dafür – mit fünf Jahre Gültigkeitsdauer – 10 € zugezahlt und halte das für o. K.

    • @Uwe Lütge:

      Ja, ein D-Ticket inklusive Intercitynutzung für maximal 69 € und für 39 € als Sozial-/Studiticket würde ich auch befürworten.

      Das D-Ticket in Kartenform/Chipkarte bieten übrigens verschiedene Verkehrsbetriebe ohne Aufpreis an. Z.B. in Berlin (BVG), München (MVG), Kassel (KVG), Hamburg (HVV).

      Hamburg, München und Hessen bieten (nur für Menschen mit Wohnsitz dort) sogar D-Tickets als 29/30/31 Euro Sozial-/Studitickets an:

      www.hvv.de/de/49euro

      www.mvg.de/tickets...schlandticket.html

      www.rmv.de/c/de/in...deutschland-ticket

  • Perfekt. Marode Bahninfrastruktur und Deutschlandticket zementiert die neue Zweiklassengesellschaft. Wer es sich leisten kann fährt Auto. Der Rest muss überfüllte, schlecht gewartete, zugemüllte und verspätete Züge nehmen. Wer sich das aus Klimapolitischen Eifer freiwillig antut hat es nicht anders verdient.



    So geht es weiter bei Gesundheitsversorgung, Behörden, Erziehung und Bildung. Der weiße reiche Öko -Adel kratzt sich am Kopf und kehrt in seine Wohlstands - Bubbl zurück. Der Rest darf anstehen warten sich rumärgern sich anhören das es früher mal besser lief und dann entweder eine kollabierende Linke oder AFD wählen .

    • 0G
      04332 (Profil gelöscht)
      @regrettt:

      Hier im Südwesten sind die Regionalzüge geräuscharm, sauber und klimatisiert, dank beschwerdefreudiger Kundschaft. PKWs dagegen sind fast immer vermüllt, aber der eigene Unrat ist bekanntlich liebenswert.

      • 1G
        14397 (Profil gelöscht)
        @04332 (Profil gelöscht):

        Im Ländle der Kehrwoche sind PKW fast immer vermüllt? Darauf ein herzhaftes ROFL

    • @regrettt:

      AFD Wahlen dürfen? Wohl nur aus dem Blickwinkel, dass die Partei zu wählen (noch) zugelassen ist, die Vertreter*innen des vorgeblich demokratischen Staates es nicht schaffen/wollen, die demokratie- und menschenfeindliche Partei zu verbieten. Wenn es nach Interessen geht wurde zuletzt ja mal wieder anhand Analysen deutlich deutlich, dass die Fascho-Partei nicht die Interessen ihrer Wähler*innen vertritt.[1]



      [1] taz.de/DIW-analysi...programm/!5951094/

      • @Uranus:

        Das sollte so heißen:



        *AFD wählen dürfen? Wohl nur aus dem Blickwinkel, dass die Partei zu Wahlen (noch) zugelassen ist, ...

      • @Uranus:

        Mit deiner Person im zuständigen Senat wäre das Verbotsverfahren innerhalb von 10 min. erledigt, wir wissen es ;)

        • @SeppW:

          10 Minuten sind 11 zu viel.

          • @Troll Eulenspiegel:

            ;-D

  • "Acht Prozent der Ticketkäufer gaben in der bundesweiten Marktforschung des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) an, vorher nicht den ÖPNV genutzt zu haben."

    "Etwa fünf Prozent aller Fahrten mit dem Deutschlandticket wären demnach ohne das Ticket mit dem Auto unternommen worden."

    "In den Metropolen und Großstädten besitzen 20 bis 30 Prozent der Befragten ein Deutschlandticket, in Kleinstädten und im dörflichen Raum dagegen nur 6 Prozent."

    ----------------

    Der ganze Aufriss, die ganzen Kosten, die ganzen Prozessveränderungen.....für so ein "Ergebnis" ? Für 5 % weniger mit dem Auto gefahrene Strecken ? 8 % der Ticketkäufer sind vom Auto weg zum ÖPNV ? Und nur 30% der Städter nutzen das Ticket, sprich 70% fahren da immer noch mit dem Auto durch die Gegend ?

    Was für ein bahnbrechender Erfolg :)

    • @SeppW:

      Nach 4 (in Worten: vier) Monaten ist das ein Riesenerfolg.

      Wie im Artikel geschrieben: Nahezu die Hälfte der Nutzer hatten vorher kein Abo. Die haben den ÖPNV also nur sporadisch benutzt.

      Diese verlieren also nach der Theorie der Rationalen Entscheidung bei jedem Mal, wenn sie das Auto nutzen, Geld. Das wird langfristig dazu führen, dass die Autofahrten immer weniger werden.

      • @argie:

        "Diese verlieren also nach der Theorie der Rationalen Entscheidung bei jedem Mal, wenn sie das Auto nutzen, Geld. Das wird langfristig dazu führen, dass die Autofahrten immer weniger werden."

        -----------

        Ich fahre ja auch nicht Auto um Geld zu sparen, sondern des Komforts und der Flexibilität wegen. Das bietet mir der ÖPNV einfach nicht.

    • @SeppW:

      Dazu kommen reine Vergnügungs-Bahnfahrten die ohne das günstige neue Ticket gar nicht stattgefunden hätten (auch nicht mit dem Auto). Es war beim 9€ Ticket schon fraglich ob das für den Klimaschutz eine positive oder nicht doch negative Wirkung hat weil es zu mehr Verkehr führt.

      • @Descartes:

        Gewiss: niemand würde je eine "Vergnügungs-Autofahrt" unternehmen, eine, die nicht zwingend notwendig ist - bloß weil's Auto vor der Tür steht. Das würden Autofahrer einfach nicht machen. *Ironie off*

      • @Descartes:

        Die "Vergnügungsfahrten" sind ein Wohlstandsgewinn, deren angeblicher "negativer" Effekt auf das Klima wenn überhaupt minimal ist (sonst hätte ich bitte Quellen dafür). Und sie sollten mit der Zeit auch etwas weniger werden, wenn der "Probiereffekt" weg ist.

        Viel wichtiger ist die langfristige Wirkung. Erst wenn klar ist, dass das Ticket langfristig gesichert ist, dann werden immer mehr es sich überlegen, ob sie überhaupt ein Auto kaufen, bzw. ihr Auto stilllegen, oder auf Carsharing umsteigen.