Erben und der Wert von Immobilien: Das geerbte Haus
Wird das Erben im neuen Jahr teurer? Einige müssen zumindest mehr zahlen, weil die Bewertung von Immobilien geändert wird.

Dass es dabei bleibt, betrachten CSU, CDU und FDP traditionell als ihre Aufgabe. Aber ab 2023 wird die Wertberechnung für Immobilien verändert.
Schon vor Jahren entschied das Bundesverfassungsgericht: Die Bewertung von Immobilien darf nicht unrealistisch niedrig sein, sondern muss die tatsächlichen Werte widerspiegeln. Um das umzusetzen, hat das Finanzministerium vor Kurzem die Verfahren für die Berechnung der Immobilienwerte angepasst. Bundestag und Bundesrat stimmten zu.
Das Ergebnis: Für einige Eigentumswohnungen, Einfamilien-, Mietshäuser und Gewerbeimmobilien können höhere Schenkung- und Erbschaftsteuern anfallen. Damit verantwortet FDP-Finanzminister Christian Lindner mittelbar eine Steuererhöhung, obwohl er die doch grundsätzlich ablehnt. Der Effekt tritt auch ein, weil die Freibeträge, die die Steuerzahlung begrenzen sollen, erst mal nicht steigen.
Immobilienwert berechnen
Für ein Einfamilienhaus in Wiesbaden, das etwa eine Million Euro kostet, könnte die Steuer von 84.000 auf 159.000 Euro wachsen, rechnet der Immobilienverband Haus & Grund vor. Sprünge wie dieser kommen zustande, weil im sogenannten Sachwertverfahren – einem von drei Verfahren für die Berechnung – ein Multiplikator angehoben wird. „Durch den höheren Sachwertfaktor steigt der rechnerische Immobilienwert um beispielsweise 40 Prozent“, sagt Haus-&-Grund-Chef Kai Warnecke.
Auf eine höhere Erbschaft- und Schenkungsteuer gefasst machen müssen sich die Erben von Villen, großen Häusern und Gewerbeimmobilien, für deren Bewertung die Finanzämter keine vergleichbaren Objekte in der Nähe heranziehen können. Auch eine städtische Lage mache sich bemerkbar, weil der Bodenwert dort meist höher ausfalle als auf dem Land, heißt es beim Verbraucherportal Finanztip.
Bei der zweiten Methode, dem Ertragswertverfahren, wächst der Wert von Miethäusern, weil künftig weniger Betriebskosten abgezogen werden dürfen. Erben von vermieteten Gebäuden können Kredite aufnehmen, um die Steuer zu bezahlen, und die zusätzlichen Kosten aus den Mieteinnahmen refinanzieren. Reichen die dafür aber nicht, seien die Erben zum Verkauf gezwungen, befürchtet der Immobilienverband.
Beim Vergleichswertverfahren ändert sich schließlich nichts. Es wird angewendet für Millionen Eigentumswohnungen in Städten, bei denen sich der Wert durch den Nachbarschaftsvergleich relativ leicht bestimmen lässt. Und das betrifft einen guten Teil der Erbschaften.
Debatte um Freibeträge
Trotz höherer Immobilienwerte kommen viele Erben aber auch in Zukunft ohne Steuer davon. Von Steuerfreiheit können alle profitieren, die die übertragenen Wohnungen lange selbst nutzen. Und auch die bestehenden Freibeträge sind erheblich. So dürfen Kinder Immobilienwerte bis zu 400.000 Euro steuerfrei erhalten, zehn Jahre später gilt das Gleiche noch mal. Jörg Leine von Finanztip sagt: „Eine Wohnung im Wert von 800.000 Euro lässt sich auf diese Art ohne Abgaben weiterreichen, wenn man eine Schenkung in zwei Schritten rechtzeitig organisiert.“
Die Debatte über Freibeträge läuft dennoch. „Sie sind seit Jahren nicht gestiegen“, sagt Haus-&-Grund-Chef Warnecke und fordert: „Die Freibeträge sollten ungefähr verdoppelt werden.“ Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) plädiert für 25 bis 50 Prozent höhere Freibeträge. In dieser Richtung argumentierte auch Christian Lindner. SPD und Grüne zogen aber nicht mit. Die Ampel einigte sich auf den Trick, das Thema an die Länder weiterzureichen. Ob die sich auf höhere Freibeträge einigen, ist ungewiss. Um eine Lösung zu erzwingen, klagt Bayerns Landesregierung nun vor dem Bundesverfassungsgericht.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!