Entzug der Bewegungsfreiheit: Ungarn sperrt Flüchtlinge ein
Ungarn nimmt Asylbewerbern die Bewegungsfreiheit. Für die Dauer ihres Verfahrens dürfen sie sich nur noch in einer Transitzone nahe der Grenze aufhalten.
„Von heute an sind die erweiterten Transitzonen 24 Stunden am Tag in Betrieb“, sagte der Sicherheitsberater von Ministerpräsident Viktor Orban, György Bakondi. Nahe der Ortschaften Röszke und Tompa hatten die Behörden 324 Wohncontainer aufgestellt, wo die Asylbewerber festgesetzt werden; diese Zonen dürfen sie nur verlassen, wenn über ihre Asylanträge entschieden ist oder wenn sie Richtung Serbien aus Ungarn ausreisen.
Von dem Gesetz betroffen sind alle neu ins Land kommenden, sowie die bereits in Ungarn lebenden Flüchtlinge. International war das Vorgehen der ungarischen Regierung scharf kritisiert worden. Das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen etwa hatte Ungarn vorgeworfen, „seine Verpflichtungen aus dem Völker- und Europarecht zu verletzen“.
Aufruf die Prinzipien der EU zu achten
EU-Migrationskommissar Dimitris Avrampoulos rief die ungarische Regierung am Dienstag bei einem Besuch in Budapest auf, die Prinzipien der EU zu achten. Diese erforderten es, hilfebedürftige Menschen „würdig und respektvoll zu unterstützen“, sagte der EU-Kommissar. Flüchtlinge müssten Zugang zu einem ordentlichen Asylverfahren und die Möglichkeit der Berufung haben. Ausdrückliche Kritik an Ungarns Transitzonen übte er nicht.
Das ungarische Parlament hatte die Regelung am 7.März mit großer Mehrheit beschlossen. Mit dem Parlamentsvotum wurde eine Praxis wieder eingeführt, die Ungarn 2013 unter dem Druck von EU, UNO und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ausgesetzt hatte.
Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 durchquerten mehr als 400.000 Menschen Ungarn auf dem Weg nach Westeuropa. Inzwischen kommen kaum mehr Flüchtlinge in das Land: Seit Jahresbeginn verzeichneten die ungarischen Behörden nur etwas mehr als tausend Asylanträge.
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