Entwicklung der Coronapandemie: Virusmutationen greifen um sich
Was Jens Spahn am Mittwoch verkündete, ist dramatisch. Mutierte Viren machen bereits 22 Prozent aller Corona-Infektionen in Deutschland aus.
Und dann könnte sich der bisherige Rückgang der Neuinfektionen schon bald wieder in einen Anstieg umkehren. Denn wenn man die Anteile der britischen Mutation auf die Zahl der Neuinfektionen in der jeweiligen Woche bezieht, zeigt sich auch in absoluten Zahlen ein starker Anstieg von rund 4.700 auf rund 11.100 Infektionen innerhalb von zwei Wochen. Schon bei gleichbleibenden Maßnahmen würde der Anstieg bei den Mutationsinfektionen also den Rückgang bei den Infektionen mit dem Standardvirus schon bald wettmachen.
In den letzten Wochen war die Zahl der täglichen Neuinfektionen in Deutschland kontinuierlich gesunken – von im Wochenmittel über 20.000 Fällen pro Tag Mitte Januar auf aktuell nur noch 7.200. In den letzten drei Tagen stagniert der 7-Tage-Mittelwert allerdings.
Empfohlener externer Inhalt
Inwieweit dies bereits an der Ausbreitung der Mutationen liegt und inwieweit Sondereffekte durch das Extremwetter in der vergangenen Woche eine Rolle spielen, ist schwer zu sagen. Auffällig ist bei der britischen Variante die regionale Verteilung: Eine extreme Häufung der Fälle findet sich laut RKI im Norden Bayerns nahe der tschechischen Grenze. Weil die Mutation in Tschechien stark verbreitet ist, hat Deutschland den Grenzverkehr eingeschränkt.
Einen Anstieg gibt es offenbar auch bei der Virusmutation, die zuerst in Südafrika aufgetreten ist. Diese bringt – anders als die britische Variante – zusätzlich das Problem mit sich, dass die bisherigen Impfstoffe bei ihr schlechter wirken.
Zu dieser Virusvariante finden sich im RKI-Bericht widersprüchliche Angaben: Bei der Untersuchung mittels spezieller PCR-Tests fanden sich nur in 0,4 Prozent der Proben sichere Hinweise auf die Mutation. Bei einer weiteren, freiwilligen Erfassung von Gen-Sequenzierungen und PCR-Tests fand sich die südafrikanische Mutante dagegen in 1,3 Prozent der Fälle. Dabei waren die Proben aber teilweise vorselektiert.
Empfohlener externer Inhalt
Angesichts der Ausbreitung der Mutationen gibt es immer mehr Warnungen davor, den Lockdown zu schnell zu lockern. So appellierte Frank Wappler, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin, diese nur mit „viel Vorsicht“ einzuleiten. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach warnte auf Twitter, der Lockdown „reicht gerade, um die Ursprungsvariante zu bremsen“. Durch die Mutationen drohe ein erneuter Anstieg.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist