Enteignungs-Debatte in Berlin: Initiative droht mit Boykott

Deutsche Wohnen enteignen kritisiert die vom Senat zusammengestellte Kommission. Diese würde „im Interesse der Immobilienkonzerne“ handeln.

Ein Mitglied der Enteignungsinitiative steht vor dem Roten Rathaus

Im Roten Rathaus hält man bekanntlich wenig von der Enteignungs-Initiative Foto: dpa

BERLIN taz | Der Unmut über den rot-grün-roten Senat bei der Initiative Deutsche Wohnen und Co. enteignen ist immens – und wie die Zusammenarbeit mit der Koalition aussehen kann ist offener denn je: Am Dienstagabend vertagte die Initiative auf ihrem Treffen die Entscheidung, wen beziehungsweise ob sie überhaupt Mitglieder in die vom Senat eingerichtete Vergesellschaftstungskommission entsenden will. „Wir haben große Zweifel daran, ob diese Kommission konstruktiv und im Sinne der Vergesellschaftung arbeiten kann“, schreibt DW enteignen in einer Mitteilung vom Mittwoch.

Vor allem der SPD wirft die Initiative vor, mit der Kommission bereits eine Entscheidung gegen ein Enteignungsgesetz getroffen zu haben. „Die SPD hat die Dreistigkeit, Juristen in die Kommission zu entsenden, die klar dagegen sind“, heißt es weiter. Beim von der Initiative vorangetrieben Volksentscheid hatten im September 57,6 Prozent der Ber­li­ne­r*in­nen für die Enteignung großer Immobilienkonzerne gestimmt.

Am Dienstag hatte der Senat neun der vorgesehenen zwölf Mitglieder der Kommission sowie deren Vorsitzende benannt. Offiziell ist es eine gemeinsame Liste von SPD, Grünen und Linken überwiegend mit habilitierten Jurist*innen. Nach taz-Informationen ist aber klar, welche Partei welche drei Mitglieder ausgesucht hat. Drei weitere Mitglieder kann die Initiative benennen.

Den Vorsitz der Kommission wird die ehemalige SPD-Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin übernehmen. Die Kommission soll ein Jahr lang die Umsetzung des erfolgreichen Volksentscheids Deutsche Wohnen & Co enteignen prüfen und laut Senatsbeschluss „zunächst die Verfassungskonformität“ des Vorhabens prüfen.

Plenum am 12. April

Für die Initiative ist die Kommission, ihre Besetzung und wie diese verlief ein Affront. Deren Arbeitsweise sei völlig unklar, öffentliche Sitzungen seien nicht sicher. DW enteignen vermutet dahinter ein Motiv: „Es soll vertuscht werden, dass die Kommission im Interesse der Immobilienkonzerne handelt.“ Die Schlussfolgerung: „Unter diesen schwierigen Umständen müssen wir abwägen, was der beste Umgang mit dieser Kommission ist.“ Dafür hat sich die Gruppe zwei Wochen Zeit genommen bis zum nächsten Plenum am 12. April.

Von den drei Regierungsparteien unterstützt vor allem die Linke das Volksbegehren. Im Entwurf des Leitantrags für den am Samstag anstehenden Parteitag heißt es: „Wir werden mit dem erfolgreichen Volksentscheid ‚Deutsche Wohnen und Co. enteignen‘ im Rücken alle denkbaren Wege und Möglichkeiten in das politische Handeln der Koalition tragen, Mieten zu begrenzen, Verdrängung zu verhindern und Menschen Sicherheit zu geben, damit ihre Wohnung weiterhin ihr Zuhause ist.“ Man werde die Arbeit der Kommission öffentlich begleiten und „die Debatte über die Sozialisierung von wichtigen Lebensgrundlagen“ fortführen.

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