Energieunternehmen steigen aus: Kein Interesse an Mini-AKWs
Ein Konsortium aus Energiefirmen wollte in den USA den ersten modularen Mini-Atomreaktor bauen. Jetzt steigen diese aus – die Perspektive sei unklar.
Die kleinen modularen Reaktoren gelten in einigen Ländern als sicherere Alternative zu großen Atomkraftwerken, weil sie mit weniger radioaktivem Inventar auskommen. Außer in den USA arbeiten auch Unternehmen in Kanada und Großbritannien an der Entwicklung dieser Mini-AKWs. Frankreich und Polen haben ebenfalls angekündigt, auf diese Technologie setzen zu wollen.
NuScale arbeitet an vielen dieser Projekte mit. Es ist aktuell das einzige US-Unternehmen, dessen Design für diesen Reaktortyp von der US-Atombehörde NRC genehmigt wurde.
Das Pilotprojekt, das im US-Bundesstaat Idaho entstehen sollte, sah den Bau von sechs Reaktoren vor, die jeweils 77 Megawatt an Strom erzeugen sollten. Das Mini-AKW sollte im Jahr 2029 ans Netz gehen. Verzögerungen und Kostenexplosionen sorgten jedoch für Bedenken unter den Energiekonzernen innerhalb des beteiligten Konsortiums. Einige entschlossen sich schließlich, von dem 2019 geschlossenen Vertrag, der das Konsortium zum Kauf von 200 Megawatt verpflichtet, zurückzutreten.
Atomlobby gibt sich gelassen
Trotz des Rückschlags ist John Hopkins, der Geschäftsführer von NuScale, weiterhin davon überzeugt, dass das Unternehmen bald ein erstes Mini-AKW-Projekt verwirklichen kann. „Unsere Arbeit an diesem Projekt über die vergangenen zehn Jahre hat dazu beigetragen, dass die NuScale-Technologie für kommerziellen Einsatz bereit ist. Das Erreichen dieses Meilensteins ist ein riesiger Erfolg, auf dem wir mit unseren Kunden in Zukunft aufbauen wollen“, sagte Hopkins in einer Stellungnahme.
Anzeichen, dass das Projekt in Schwierigkeiten steckt, gab es bereits im vergangenen Jahr, nachdem die Kosten auf 9 Milliarden Dollar angeschwollen waren.
Aditi Verma, Dozentin für Kerntechnik an der University of Michigan, findet jedoch, dass der Projektabbruch ein durchaus zu erwartender Ausgang gewesen sei. „Dies ist eine neue Technologie, in der gut ein Dutzend Unternehmen versuchen, ihre Projekte kommerziell zu verwirklichen“, sagte sie der taz. „Dass es dabei zu Rückschlägen kommen kann, an denen manche Firmen auch zugrunde gehen, sollte nicht verwundern“.
Keine Alternative zu Erneuerbaren
Auch die Atomlobby will noch kein generelles Scheitern der „nächsten Generation von Kernreaktoren“ erkennen: „Das Scheitern des Projekts ist das Resultat des freien Marktes und des Unbehagens mancher Kunden, Vorreiter bei der Markteinführung von neuen Technologien zu sein“, erklärte ein Pressesprecher des Nuclear Energy Institute.
Für Kritiker ist das Aus in Idaho und der Ausstieg der Energieunternehmen dagegen ein weiterer Beleg dafür, dass die Kernenergie keine Zukunft hat und auch im Hinblick auf die Klimakrise keine echte Alternative zu den erneuerbaren Energien darstellt.
Die atomkritische Organisation Environmental Working Group sagte, es sei an der Zeit, den Stecker zu ziehen. „Die hunderte Millionen an Steuergeldern, die hier in den Sand gesetzt wurden, hätte man lieber in existierende und sichere erneuerbare Energien wie Solar und Wind investieren sollen“, so Environmental Working Group-Präsident Ken Cook.
Mit Microsoft-Gründer Bill Gates und dessen Firma TerraPower sowie mindestens einem halben Dutzend anderer Unternehmen, die in diese neue Technologie investierten, scheint es trotzdem nur eine Frage der Zeit, bis das erste Mini-AKW in den USA an den Start gehen wird. Allerdings dürfte das kaum vor dem Ende des laufenden Jahrzehnts geschehen. Das Interesse an zuverlässiger und kostengünstiger Energie wächst in der ganzen Welt. Ob es Mini-AKWs jedoch gelingen wird, preislich mit erneuerbaren Energien mitzuhalten, ist fraglich.
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