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Energiepolitik der EU-KommissionErneuerbare verweht

Die EU-Kommission will offenbar das Ziel für Erneuerbare kippen. Das könnte die Atomkraft fördern. Deutschland und andere Staaten protestieren.

Nur noch Kulisse für die EU-Pläne? Bild: dpa

BERLIN taz | Im Tauziehen um die künftige Klima- und Energiepolitik der EU wehren sich Deutschland und andere EU-Länder gegen ein drohendes Abwürgen der erneuerbaren Energien. Unter Federführung von Dänemark fordern neben der Bundesrepublik Länder wie Italien und Portugal in einem Schreiben an die EU-Kommission, auch in Zukunft EU-weite Ziele für erneuerbare Energien zu formulieren, hieß es am Montag aus Regierungskreisen.

Am 22. Januar will die EU-Kommission ihren Vorschlag für die Energiepolitik bis 2030 vorlegen. Bis 2020 hat sich die EU eine „Zieltrias“ gesetzt: Dann soll es 20 Prozent weniger Treibhausgase als 1990 geben, der Anteil der Erneuerbaren am Strommix soll bei 20 Prozent liegen, die Energieeffizienz um 20 Prozent steigen. Manche Mitgliedsländer wollen vom Dreifachziel abrücken – und nun offenbar auch die Kommission.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung zitiert aus einem internen Papier, wonach die Kommission nur noch ein Klimaziel (minus 35 oder 40 Prozent CO2-Ausstoß bis 2030) anstrebt. Effizienz und Erneuerbare würden danach unter den Tisch fallen. Offenbar möchte Kommissionspräsident José Manuel Barroso die Länder stattdessen verpflichten, weniger Strom aus Kohle und Gas zu erzeugen – und die Lücke entweder durch Erneuerbare, Stromsparen oder Atomkraft zu schließen. Diesen Vorschlägen widersetzen sich mehrere Staaten, vor allem das Windland Dänemark.

Der Vorschlag der Kommission muss in Parlament und Ministerrat behandelt werden, ehe er im Sommer beschlossen werden soll. Auch CDU und SPD haben sich im Koalitionsvertag zur „Zieltrias“ bekannt. Ein Kompromiss, so heißt es aus der Bundesregierung, könnte darauf hinauslaufen, dass die EU zwar weiter Ziele auch für Erneuerbare und Effizienz formuliert, diese aber nicht wie bisher auf die einzelnen EU-Länder heruntergerechnet werden.

Die Kosten sind zu hoch

Wenn also Großbritannien oder Frankreich lieber die Atomkraft fördern wollten, wäre das kein Verstoß gegen die EU-Vorgaben. „Die Förderung der Erneuerbaren hat kurzfristig für den Klimaschutz nicht viel gebracht“, sagt Georg Zachmann, Energieexperte des EU-Thinktanks Bruegel. Dafür seien die Kosten zu hoch, die durch Wind und Sonne nicht verbrauchten Emissionszertifikate würden von Kohlekraftwerken in Treibhausgase umgesetzt. Aber die Investitionen in Erneuerbare „bringen die Technik voran“, mit der Europa in der Zukunft seine Energie erzeugen wolle, sagt Zachmann.

Eine Gefahr für die Erneuerbaren durch den Vorstoß der Kommission sieht Patrick Graichen vom Thinktank „Agora Energiewende“. Ohne ein EU-Ziel für Wind und Sonne fehle eine Rechtfertigung dafür, Förderregelungen wie etwa das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zu genehmigen. Genau aus dieser Ecke weht den Ökostromern der Wind ins Gesicht: Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia prüft gerade, ob die Ausnahmen für die EEG-Umlage unerlaubte Beihilfen sind.

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11 Kommentare

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  • HS
    Hari Seldon

    @schrecklassnach:

     

    Bitte, Sie schreiben: "Hunderte kleine Energiekraftwerke für Kleinstädte und Dörfer werden mit dieser Politik abgewürgt."

     

    Nun, Mao hat einmal die Politik der Bevorzugung von grossen Firmen auf dem Gebiet Stahlproduktion stoppen, und hat angeordnet, dass Kleinstädte und Dörfer eigene Stahlproduktionsanölagen haben sollten (schafft Arbeitsplätze, Innovation, usw.). Die Vorgehensweise brauchte weniger als 12 Monate um die Volkswirtschaft in China fast kaputtzumachen. Mein Vorschlag: Sie sollten eine eigene Energiefirma gründen und mit attraktiven Preisen und Energieverfügbarkeit die Stromkunden überzeugen.

     

    Übrigens, in D müssen die AKW-Betreiber Rücklagen für den Rückbau bilden, aber die Politik hat diese Rücklagen schon seit langem---für ganz andere Zwecke-----im Visier. Genau wie die Rentenrücklagen für die Beamten. Die Rücklagen wurden entweder für ganz andere Zwecken zweckentfremdet oder wurden überhaupt nicht gebildet. Dann hetzt die BLÖD-Zeitung gegen die Beamten....

     

    @alfonearth: Danke für Ihren Beitrag. Sie haben den Nagel sehr genau auf dem Kopf getroffen.

  • Erneuerbare und Energieeffizienz sind doch nur Mittel, um das eigentliche Ziel "Weniger Treibhausgase" zu erreichen. Eine Zieltrias zeigt nur, dass man sich nicht einig ist oder selbst nicht weiß, was man eigentlich will. Nur für Lobbyisten von Solar- undWindindustrie kann der Einsatz erneuerbarer Energien ein eigenständiges Ziel sein, oder für Lobbyisten der Elektronik und Dämmstoffindustrie die sog. Energieeffizienz.

    Die Überhöhung von Methoden zu eigenständigen Zielen ist ein Kennzeichen der vorherrschenden ideologischenUmweltpolitik.

  • S
    SchreckLassNach

    Rücklagen für Sicherheitsinvestitionen, den Rückbau und für die Atommüllendlagerung legen sie sicherlich auch keine an! Das können dann auch wieder die Völker zahlen! Was für eine Dreistigkeit!Rücklagen für Sicherheitsinvestitionen, den Rückbau und für die Atommüllendlagerung legen sie sicherlich auch keine an! Das können dann auch wieder die Völker zahlen! Was für eine Dreistigkeit!

  • S
    SchreckLassNach

    Europa braucht eine vielgestaltige Energieinfrastruktur mit sehr vielen mittelständischen Dienstleistern!!! Das brächte wieder Arbeitsplätze und regionale Autonomie!! Die Erneuerbaren Energiefirmen

    demokratisieren die Stromproduktion und machen ländliche Gebiete wieder konkurrenzfähig! Sie demokratisieren auch wieder den Wohlstand und das technische Können. England und Frankreichs

    Energieinnovatoren werden durch diese schlechte Politik ausgebremst. Der Atlantik als Energiereservoir für Gezeiten-und Wellenkraftwerke wird nicht ausreichend genutzt.(Die Golfströme sollte man natürlich nicht anzapfen.) Dabei könnte durch Wellenkraftwerke auch die Gefahr von unangekündigten Überschwemmungen reduziert werden. Hunderte kleine Energiekraftwerke für Kleinstädte und Dörfer werden mit dieser Politik abgewürgt.

    Wirtschaftsförderung ist etwas ganz anderes! Und auch Energiekonzerne müssen sich eben auch an sinkende Gewinne gewöhnen!

  • S
    SchreckLassNach

    Die EU-Kommission sollte abgeschafft werden.

    Wenn eine Kernschmelze in einen dieser verpfuschten Anlagen stattfindet und weite Gebiete

    Europas grenzüberschreitend

    verstrahlt werden, dann sind diese Unkosten astronomisch gewaltig, dagegen sind die Strompreiserhöhungen "Peanuts".

    Bedenkt man, dass weite Gebiete

    über hundertausende Jahre

    verstrahlt sein werden und Firmen/Konzerne kapputtgehen werden, hunderttausende Menschen unfruchtbar und krebskrank werden, kein Ackerbau mehr möglich und das Eigentum sofort

    fast wertlos sein würde,

    sprechen wir von mehreren hundert Billionen Euro Schaden!

    Und die Atommüllentsorgungsproblematik ist bis heute immer noch ein Fass ohne Boden.

    Wenn die Chinesen England/Frankreich eins auswischen wollen oder irgendwelche Spione, könnten sie Fehler in Atomkraftwerke einbauen!! So wie das die Amis

    im Iran gemacht haben bei den Nuklearanreicherungsanlagen.

    Nur das diesmal die Dinger hochgehen! Vorsatz nachweisen geht nicht und auch die Chinesen würden nie Ausgleich zahlen. Das Risiko ist viel zu hoch!

  • Ich habe den Modellbausatz 'Erneuerbare Energie' von Faller erworben.

  • HS
    Hari Seldon

    @f lothar winkelholz:

     

    Bitte, Sie schreiben: "so lange wird die Macht der rücksichtslosen Lobbyisten nicht gebrochen - es SIND die Lobbyisten"

     

    Bitte, ich will Ihre Illusionen nicht zerstören, aber ich sehe hauptsächlich nur Lobbysten aus dem Solarzellen- und Windräder-Industrien. Die Aufschrei dieser Lobbysten ist wohl verständlich: Der Extraprofit (z.B., aus EEG) wird jetzt zurückgeschraubt. Aber warum sollte Otto Normalbürger und die Industrie für das luxuriöse Leben von einigen wenigen Nutznießern der "erneubaren" Energien abkassiert werden? Vor den "kostenlos verfügbaren Erneuerbaren" waren die Strompreise wesentlich niedriger. Das ganze Märchen wie die Kommunisten damals: "wir müssen erst in den Aufbau des Kommunismus investieren, dann wird die Paradise kommen: Jeder kann so viel KOSTENLOS nehmen wie er will". Das Endergebnis kann noch heute z.B., in der ehemaligen DDR studiert werden (z.B., die Industrieruinen, usw.).

     

    Zitat aus dem Artikel: "Aber die Investitionen in Erneuerbare „bringen die Technik voran“".

     

    Aber Investitionen in andere Energierzugungsmethoden bringen auch die Technik voran.....

  • Erstaunlich, dass das wichtigste Geberland keinen stärkeren Einfluss auf eine nachhaltigere Energiepolitik in der EU nehmen kann - oder will.

     

    Oder wird sogar bewußt mit einer Rollenverteilung nach dem Chema "guter B. böser B." gearbeitet?

     

    Schlussendlich warum macht das EU Parlament nicht mehr Druck?

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Die Atomlobby ist stark. Die Kohlelobby ist stark. So lange wir uns einen Komissar Öttinger und einen Sprechbeutel wie Barroso oder einen skrupellosen Cameron leisten, so lange wird die Macht der rücksichtslosen Lobbyisten nicht gebrochen - es SIND die Lobbyisten. Der Himmel möge sich unseren nachfolgenden Generationen annehmen.

  • H
    Hans_M

    Dieses Video zeigt einen Vortrag von Prof. Sinn gehalten an der LMU (Universität) in München. Es wird in sehr verständlicher Form das Potential der erneuerbaren Energien erklärt.

    http://www.cesifo-group.de/de/ifoHome/events/individual-events/Archive/2013/vortrag-sinn-lmu-20131216.html

  • I
    Inschöneur

    Wer den ersten und den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik nicht verstanden hat, der soll schweigen!