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Energiepolitik der BundesregierungDer Markt regelt eben nicht

Dank der Energiepolitik der Ampel ist es nun auch im Winter muckelig warm. Unter einem CDU-Minister hätte ein Kollaps gedroht – wie einst in der DDR.

Wer heizen will muss regeln Foto: imago stock&people

H ätten nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine immer noch Peter Altmaier und seine Leute das Sagen im Bundeswirtschaftsministerium gehabt, wären die Winter ab 2022/23 ziemlich desaströs geworden. Denn sie hätten im Frühjahr 2022 eines sicher nicht gemacht: die seinerzeit ziemlich leeren Gasspeicher aufgefüllt. Kurz nach dem Amtsantritt von Robert Ha­beck rieten die alteingesessenen „Fachleute“ im Ministerium dem Grünen, die Sache mit dem unzureichenden Gasvorrat sich selbst zu überlassen. Das würde schon der Markt regeln. Der grüne Vizekanzler und sein Team haben sich glücklicherweise nicht daran gehalten.

Stattdessen haben sie die Gasspeicher systematisch füllen lassen. Dazu wurde so viel Gas wie nötig auf dem Weltmarkt beschafft. Die Ampel hat – ja, die FDP hat da noch mitgemacht! – den Ausbau der erneuerbaren Energien in einem Tempo beschleunigt, das kaum jemand für möglich gehalten hätte. Ja, der Ausbau der Terminals für das klimaschädliche LNG in der Ost- und Nordsee erscheint überdimensioniert. Aber das Argument der Regierung, dass Terminals zum Ziel von Sabotageakten oder direkten Angriffen werden können, hat was. Energiesicherheit muss die absolute Priorität haben. Im Zweifel ist es besser, Überkapazitäten zu schaffen.

Was bei einem Energiekollaps passiert, hat der harte Schneewinter 1978/79 in der DDR gezeigt: Weil nicht genug Braunkohle in Reserve vorhanden war und neue nicht gefördert werden konnte, brach fast flächendeckend die Strom- und Wärmeversorgung zusammen. Haushalte und Industrie blieben über Tage ohne Energie. Die Schäden waren immens und schwächten die DDR-Wirtschaft über Jahre.

Ähnliches drohte der Bundesrepublik 2022. Die Abhängigkeit von russischem Gas schien alternativlos. Als es nach der Sprengung von Nord Stream 1 endgültig versiegte, ging die Angst vor einem kalten Winter um. Kommunen diskutierten die Einrichtung von Wärmehallen für Ältere und Kranke. Unternehmen bangten um ihre Existenz. Behörden entwarfen Notpläne, wer bei einer Rationierung Gas bekommen sollte und wer nicht.

Bald wieder ein Energie-Minister der Union?

Dazu ist es nicht gekommen. Wegen der milden Temperaturen, aber vor allem wegen des guten Krisenmanagements. Die Preise stiegen zwar gewaltig, aber mit den Energiepreisbremsen hat die Ampel einen Teil abgefedert. Wer einen Blick auf alte Strom- und Gasrechnungen wirft, sieht, was er oder sie davon hatte.

Bald könnten wieder diejenigen im Wirtschaftsministerium das Sagen haben, denen der Schlamassel im Jahr 2022 zu verdanken ist. Der Gedanke an die nächste Energiekrise lässt es einem kalt den Rücken herunterlaufen. Anja Krüger

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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19 Kommentare

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  • In meiner Wohnung ist es nicht muckelig warm. Das liegt daran, dass ich Fernwärme habe und die Preise um 100% gestiegen sind. Mein Fernwärmeanbieter ist die MVV. Diese macht gerade Rekordgewinne. 80% der Aktien dieses Unternehmens gehören der Stadt. Diese kann das Geld gut gebrauchen um Finanzlöcher zu stopfen. Also letzendlich ist es der Staat, der mir hier über die Fernwärmepreise das Geld aus der Tasche zieht. Das haben die Grünen schön eingefädelt.

    • @hans gans:

      Wenn Sie aus Mannheim sind, wissen Sie doch eigentlich, dass Oberbürgermeister Christian Specht von der CDU ist und der 2024 neu gewählter Gemeinderat mit knapper rechter Mehrheit (CDU, AfD, FDP, ML und Anhängsel) im Rahmen des Doppelhaushalt 2025/2026 entschieden hat.



      Ich muss Ihnen da gerade mal was platzen lassen.

      PS: Ist es dabei nicht besser, das Geld ist im Haushalt, als dass es als Fossilimport zu solchen Ekelpaketen wie Putin oder Bin Salman abfließt?



      PS2: Lesen Sie mal die Parteiprogramme: die Grünen fordern aktuell ausdrücklich eine Preiskontrolle bei Fernwärme.

  • Der Punkt ist doch - die CDU hat in ihrer Regierungszeit, gerade von 2005 - 2021 die Umstellung auf Erneuerbare Energie verpennt.



    Wir haben aufgrund innovativer Architekten, auf Wärmepumpen schon seit 2017 umgestellt Aber ich hätte nicht die Mehrheit der Mitbürger erleben mögen, hätte Habeck nicht so engagiert bei der Beschaffung von Gas reagiert ! Daraus jetzt im Nachhinein einen Vorwurf " weben " zu wollen ist doch völlig absurd.

  • Gibt es für den Satz:



    "Kurz nach dem Amtsantritt von Robert Ha­beck rieten die alteingesessenen „Fachleute“ im Ministerium dem Grünen, die Sache mit dem unzureichenden Gasvorrat sich selbst zu überlassen. Das würde schon der Markt regeln."



    Belege? Ich hätte gern einen entsprechenden Verweis, um dies in Diskussionen nutzen zu können

    • @Martin Langwisch:

      Doch, die Argumentation gab es. Ich halte sie sogar für auch vertretbar, da dann der Verbrauch rascher nach unten gegangen wäre und der Staat mehr Geld für anderes gehabt hätte. Psychologisch hatte jedoch die Habecksche Lösung die stärkeren Argumente.



      Aber beim Spritgeldverpulvern da bleibe ich dabei, das war ein Milliardenverbraten fürs genau Falsche.

  • www.klimareporter....haut-in-die-roehre



    Als Ergänzung zu vorhin. Frau Krüger, ich empfehle das Thema mal gesamtheitich zu betrachten..... gerade unter dem Aspekt Egoismus der Entwickelten Welt/Fairniss Ärmeren gegenüber, Klima, linke Politik. Un-mög-lich, dass man dieses Versagen und Unverschämtheit von vor zwei Jahren hier abfeiert!

  • Habeck hat damals den Weltmarkt leer gekauft zu völligen Mondpreise. Mit dem Resultat, dass in anderen Ländern (z.B.,Pakistan) der Strom zeitweise abgestellt wurde, da auf dem (Spot)Markt kein Gas mehr verfügbar war.... das wurde denen vom Habeck vor der Nase weggekauft.



    Das war letztlich unvernünftig, da es weltweit die Gaspreise erhöht hat, asozial anderen, ärmeren Ländern, gegenüber, die es eben dann "etwas unbequemer" hatten als wir hier und man musste den selbst angefeuerten Weltmarktpreis bei den hiesigen Abnehmern nochmals sponsoren durch Gaspreisdeckel/Bremse. Also zwei mal Geld ausgeben für eine Bequemlichkeit!!



    Grün kann nicht Wirtschaft.... ein Problem!

    • @Tom Farmer:

      Ja und nein - wir wollen doch auch differenzieren, oder?

      Politisch am Ort wie als deutliches Zeichen gegen Putin war das wohl das Gebotene, und im Nachhinein kann man (Präventionsparadox) da immer noch richten. Hätten Sie andersherum nicht womöglich dann andersherum kritisiert, vielleicht, mmh, nicht doch vielleicht?



      Ich denke auch nicht, dass Deutschland derart den Preis hochtrieb, es war v.a. Putin, der die Leitungen dichtmachte und das Gas abfackelte.



      Dabei hätte die deutsche Industrie in der Tat mal ihre Abhängigkeit von Dumping-Gas rascher ändern sollen - Altmaier von der CDU steuerte aber in die falsche Richtung, ja, die Putinquote verschärfte sich sogar, während Erneuerbare ausgebremst wurden.



      Und bevor ich als kompletter Unionsfresser dastehe: Ja, global zu denken, das haben eigentlich alle Parteien noch nicht ausreichend verinnerlicht. Wäre aber mal ein gutes Ziel für alle.

      • @Janix:

        Doch, es war maßgeblich DE das den Preis global hochgetrieben hat.



        Das Putin ursächlich die Verantwortung für die Krise trägt ist ja unstreitig. Nur wie man mit einer Krise umgeht und durch eigene Fehler (auch noch auf dem Rücken anderer) sogar verschärft, diese Analyse anzustellen ist mehr als gerechtfertigt und auch notwendig um das nächste mal besser zu sein. Aber nur wenn man besser werden will... ist klar.

        • @Tom Farmer:

          Woaruf könnten wir uns einigen? Dass wir noch mehr hätten einsparen können, vom Poolbesitzer über Industrie bis sogar zum Scherflein der Witwe. Das predige ich ja sowieso die ganze Zeit.



          Aber bitte auch, dass wir als Eckstein der EU nicht angreifbar für Putins Erdgasdruck sein durften.

          • @Janix:

            Einigen müssen wir uns ja nicht, sondern es geht um eine Meinungsartikel von Frau Krüger. Habeck ist mit einem dicken Geldbeutel in einen Markt gegangen um seine (deutschen) Interessen auf Kosten anderer durchzudrücken. Es gibt keinen Grund das gut zu finden.



            Nur weil eine total bequeme Gesellschaft in einer globalen Krise keine Nachteile für sich haben will, und woanders sogar Schaden produziert ist sie kein Vorbild!



            Das mit der Bequemlichkeit wird sich aber noch ändern, siehe Vance gestern in MUC, Demographie, Klimawandel, .... sich gedanklich darauf vorbereiten scheint hilfreich. Macht fast keiner.... siehen eben dieses Thema hier.... schön warm solls bleiben und Robert ist ein Superheld.

            • @Tom Farmer:

              Niemand ist ein Superheld, ich nicht, Sie nicht, "Robert" nicht. Wie bereits an anderem Ort geschrieben danke ich ihm für die wieder entfesselte Energiewende - das Managen der Krise war ordentlich, aber nicht dankenswert (zumindest aus meiner Sicht). Das Letzte hätte auch nach meiner Meinung ein Altmaier hinbekommen, das Erste leider nicht.



              Die Gaspreise gehen ansonsten sowieso hoch, sobald die Kosten für Dritte eingepreist werden. Und dann noch mal richtig, wenn die Infrastruktur auf immer weniger Nutzer umgelegt wird.



              Der Hinweis, dass Fossilheizungen endlich sind, hatte schon auch etwas.

  • Es ist geradezu Hanebüchen den Extrem Winter 1978/79 ( de.wikipedia.org/w...astrophe_1978/1979 ) mit dem sehr Milden Winter 2022/23 zu vergleichen. Realsatire als Wahlkampf ?

  • "Der Markt regelt eben nicht"



    Doch, doch, das tut er. Recht effizient sogar.



    Es ist halt nur die Frage, ob einem das Ergebnis gefällt.

  • Das ist der zweite Beitrag innerhalb von wenigen Tagen mit Lobhudelei für die Ampel, die uns anscheinend alle gerettet hat.

    Ehrlich, von einer Regierung darf man erwarten, dass sie in der Lage ist, die Bürger mit Strom und Wärme zu versorgen. Das ist das absolute Minimum, wozu Volksvertreter fähig sein sollen. Alle Länder in Europa haben das problemlos geschafft. Und alle deutlich besser als Deutschland. Oder in welchem Land bezahlt man so viel für Strom und Gas? Aber nur hier lobt man dafür die Regierung.

    • @Micha.Khn:

      Wenn sie die Steuervergünstigungen auf die Energieversorgung in anderen Ländern mal mit einberechnen, dann sind die Energiepreise in Deutschland gar nicht mal so hoch. Seit wann ist der Staat für die Energieversorgung zuständig? Da kümmern sich Firmen und verdienen sehr viel Geld. Nur weil das nicht zuverlässig funktioniert, muss der Staat korrigierend eingreifen.

    • @Micha.Khn:

      Robert Habeck hat sogar die Braunkohlemeiler weiter betreiben lassen und Sicherheit zu gewährleisten. Die Lage war damals sehr kritisch und wurde ohne Versorgungslücken bewältigt. Das war eine Ausnahmesituation, damit kommen große Organisationen wie auch Verwaltungen und Ministerien sind immer schlecht klar, siehe Corona. Da die Union gerne mal Probleme bewirtschaftet anstatt sie zu lösen ist es jetzt nicht so unwahrscheinlich, dass die das verkackt hätten.

    • @Micha.Khn:

      Jo. Wieviele dieser Länder, an die Sie so denken, waren derart abhängig von russischem Erdgas? Und in wievielen dieser Länder wurden die Gasspeicher unter der Vorgängerregierung an den Hauptlieferanten verscherbelt?

      • @MeinerHeiner:

        Hmm, Sie meinen also Habecks "wir kaufen das Gas, egal zu welchem Preis" war eine Meisterleistung und hat nicht noch zusätzlich die Preise für ganz Europa nach oben getrieben? Kann man natürlich auch so sehen. Ich denke, jeder mit auch nur ein bisschen Ahnung hätte das besser gemacht.