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Energieknappheit in BerlinAm Ende motiviert nur Geld

Kommentar von Stefan Alberti

Der Senat macht Privathaushalten keine Vorgaben zum Sparen. Das ist realistisch, weil eine Kontrolle kaum machbar wäre. Ein Wochenkommentar.

Strom sparen – wieso? Kam doch immer günstig aus der Steckdose

S icher, es gibt sie. Jene Menschen, die sich wirklich mitverantwortlich für die Gemeinschaft fühlen, für das große Ganze und die Zukunft des Planeten. Die die Heizung runter drehen werden und nicht acht Minuten unter der heißen Dusche stehen, wie es angeblich zwei von drei Deutschen täglich durchschnittlich tun. Und weil Berlin fast vier Millionen Einwohner hat, werden in der Hauptstadt sogar einige zehntausend so bewusst handeln.

Aber ob auch der der große Rest tatsächlich jene Achtsamkeit entwickelt, die Regierungschefin Franziska Giffey (SPD) am Dienstag nach der Senatssitzung erneut einforderte, so wie sie es seit Wochen tut? Achtsamkeit im Sinne von: Sich immer bewusst sein, was man oder frau da gerade macht und was das für Umweltfolgen für sich und – noch wichtiger – andere hat?

Abstrakt betrachtet ist das Kants kategorischer Imperativ, konkret sind das Fragen wie: Muss das Licht in der Küche brennen, wenn ich die ganze Zeit im Wohnzimmer in? Bin ich jetzt unter der Dusche nicht auch nach zwei, drei Minuten sauber und aufgewärmt? Und schon immer: Muss ich mit dem Auto zum Brötchenholen fahren?

Giffey ist jemand, der nach eigenem Bekunden das Glas immer für halb voll statt halb leer hält. Doch ein Blick auf das bisherige Verhalten der großen Mehrheit macht es schwer, die Dinge ähnlich optimistisch zu betrachten wie die Regierungschefin. Die hat vor einiger Zeit auf eine taz-Frage dazu mal sinngemäß gesagt, ohne diese Haltung könnte sie ihren Job gar nicht machen. Denn das, was nun allenthalben als schier bahnbrechende Energiespartipps zu lesen oder hören ist, ist uralt. Dass es überhaupt Zeilen- und Sendeplatz findet, deutet nicht darauf hin, dass es bislang sonderlich beherzigt wurde.

Energiesparmöglichkeiten sind lange bekannt

Schon in den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts hatte beispielsweise das Wuppertaler Klimainstitut von Ernst Ulrich von Weizsäcker vorgerechnet, wie viel Strom sich ohne sonderliche Einschränkungen, sondern lediglich durch bewussten Umgang mit Beleuchtung, Heizung und Elektrogeräten sparen lässt. Mit jener Achtsamkeit also, die heute Giffey einfordert.

Hat es was gebracht? Leider nicht oder zumindest nicht genug. Gas und Strom waren ja ausreichend verfügbar und für die meisten auch so gut bezahlbar, dass der Blick auf die Abrechnung oft bloß deshalb passierte, um zu einem noch günstigeren Anbieter zu wechseln. Das fügte sich ein in das allgemeine Umweltverhalten, unterbrochen bloß durch die Corona-Pandemie: Immer mehr Passagiere an den Berliner Flughäfen und anderswo, immer mehr spritfressende SUVs auf den Straßen, kaum gesunkener privater Energieverbrauch.

Das mag nun eine äußerst pessimistische Betrachtung sein. Eine, die zur Frage führt: Was bleibt dann noch, wenn staatliche Reglementierung wünschenswert, aber kaum zu kontrollieren wäre und zugleich Spareffekte durch persönliche Achtsamkeit nicht massenhaft zu erwarten sind? Verzweifeln?

Nein. Denn das Sparen wird auf dem Wege kommen, der immer für Motivation sorgt: übers Geld. Wenn das bislang so reichlich verfügbare Gut Energie über Knappheit deutlich mehr als bisher kostet, ergibt sich zwangsläufig ein sorgsamerer Umgang. Staatliche Hilfsprogramme, ob von der Bundesregierung oder vom Senat, werden sich auf die konzentrieren müssen, die grundsätzlich zu wenig im Portemonnaie haben. Alle anderen werden selbst sehen müssen, dass sie ihre Energiekosten verringern, egal ob Öko oder Umweltsau. Das ist traurig, aber wohl wahr.

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Redakteur für Berliner Landespolitik
Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.
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8 Kommentare

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  • "Abstrakt betrachtet ist das Kants kategorischer Imperativ..." - Nee, eher nicht. Ansonsten volle Zustimmung. Den Kommentar auch gerne den Gaspreisdeckel-Kollegen zu lesen geben.

  • "Wenn das bislang so reichlich verfügbare Gut Energie über Knappheit deutlich mehr als bisher kostet, ergibt sich zwangsläufig ein sorgsamerer Umgang."



    Genau, man muss durch eine populistisch Effekte haschende und bisher wirkungslose Sanktionspolitik (bisher ist noch kein Schuss weniger in der Ukraine durch die Russen abgefeuert worden) das Gut Energie (Gas) durch künstliche Verknappung wirksam verteuern und somit den unwilligen Verbraucher zum Sparen zwingen. Herzlichen Glückwunsch zu dieser Art Zwangsbeglückung.

  • Ja, nur so kein ein nachhaltiger Wandel erzeugt werden. Ansonsten scheitert er an der üblichen Position des „aber ich doch nicht, erst die anderen, weil…unfair“.

  • Soso, der kleine Mann spart nicht genug.



    Ich glaube kaum, dass die Menschen am Ende der Nahrungskette es sich leisten, Energie zu verschwenden.

    Man darf sich doch vielmehr fragen, welche Unmengen an Energie verschwendet werden durch die dogmatische Haltung irgendwelcher, insbesondere ökologisch getunchter, Parteien gegen eine echte Modernisierung des Individualverkehrs ?

    Warum wird seit Jahrzehnten ein hybrides Antriebskonzept quasi torpediert ?



    Es gibt seit Jahrzehnten Konzepte, Autos mit Radnabenmotoren anzutreiben und den Strom dafür mit einem kleinen, getriebelosen Gasmotor zu erzeugen. Der Motor ist quasi wartungsfrei und kann schnell mal gegen ein moderneres Aggregat getauscht werden.



    Getriebe, Kupplung und eine komplizierte Drehzahlsteuerung entfallen !

    Warum gibt es an kaum einer Ampel eine Restlaufzeitanzeige (die für wenige Euros bei der nächsten Wartung angebracht werden könnte)

    Warum wurden die Ampeltakte bei 50 km/h belassen obwohl die Geschwindigkeit auf 30 km/h gesengt wurde ?

    Warum wurden die früher üblichen gelben Blinklichter als Hinweis "Nächste Ampel wird bei rot erreicht" abgeschafft ?

    Warum gibt es Land auf Land ab "GRÜNE" Wellen bei denen die Autos an jeder Ampel



    anhalten müssen?

    Warum sind die Ampeln nicht vernetzt um einen synchronen, energiesparenden Verkehrsfluss zu ermöglichen ?

    Warum ist der ÖPNV so grottenschlecht ? Im Innnenstadtbereich grade mal so lala. Im Außenbereich katastrophal.

    Warum ist das Tarifkonzept des ÖNPV so undurchschaubar und zergliedert und zudem teuer ?

    Sehen sie: Wirksame Maßnahmen werden noch nicht einmal gedacht - geschweige denn umgesetzt.

    Einfach nur dem Dogma folgend "Autos scheisse, Radfahrer vor".

    Und das bei einer Politik die Arbeitsplätze weit ab der Wohungen fordert und fördert so dass viele Menschen täglich mehr als 70km zwischen Arbeit und Wohnung zurücklegen müssen.

    • @Bolzkopf:

      Nicht ganz auf dem Stand der Technik. Radnabenmotoren haben sich nach einem kurzen Hype als wenig praktikabel erwiesen.



      Sie erhöhen das Drehmoment der Räder (schlecht) und bedingen 2-4 Motoren wo ansonten nur einer reicht.



      Auch Getriebe (nur 2-3 Gänge) sind in modernen Elektrofahezeugen nicht aus Nostalgie vorhanden sondern weil sie effzienter sind als Elektromotoren über einen extrem weiten Drehzahlbereich zu betreiben, Elektromotoren/Radnabenmotoren KANN man über eine weiten Drehzahlbereich betreiben, aber effizient ist es nicht.

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @Bolzkopf:

      "viele Menschen täglich mehr als 70km zwischen Arbeit und Wohnung zurücklegen müssen."

      Würde man so argumentieren, wie einst Marie-Antoinette (Brot und Kuchen), dann sollten diese Pendler doch einfach zu ihrem Arbeitsort ziehen.

      • @17900 (Profil gelöscht):

        Das würden viele liebend gern tun.



        Wenn dort Wohnungen wären.

        Schauen sie sich doch mal das aktuelle Vorzeigeprojekt an: Die Tesla-Gigafactory



        (52.39692289707259, 13.799347513418178)

        Weit und breit kaum Wohungen - ok - Berlin ist um die Ecke.



        Aber Platz für Wohnungen direkt nebenan ist reichlich vorhanden.

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @Bolzkopf:

      Warum, warum....



      weil die Menschen dämlich sind bzw. hauptsächlich an ihrem eigenen Wohl interessiert sind.

      Ihre Vorwürfe sind alle berechtigt!

      "Autos scheisse, Radfahrer vor".



      Tja, aber die Subventionen für ein schickes Elektroauto werden gerne eingesackt. Natürlich nur von Leuten, die es sich leisten können. Bezahlen müssen aber alle!



      Woher soll künftig der Strom kommen. Wir alle werden dafür zu Kasse gebeten.