Endlich Schengen-Beitritt: Rumänien und Bulgarien können dazu
Der österreichische Innenminister Karner hat sein Veto aufgehoben. Experten sahen in der Blockade von Anfang an einen diplomatischen Fehler.
Zwei Jahre lang hatte Österreich den Schengen-Beitritt Rumäniens und Bulgariens blockiert. Anfänglich noch gemeinsam mit den Niederlanden, dann als einziges EU-Mitgliedsland. Nun hat der österreichische Innenminister Gerald Karner (ÖVP) sein Veto im EU-Ministerrat endlich aufgehoben.
Die Erleichterung in den beiden Ländern ist groß, doch fragen sich viele, warum dieser Schritt erst jetzt kommt. Immerhin bestätigt die Europäische Kommission seit 2011, dass beide Länder die Anforderungen für einen Beitritt in die Schengenzone erfüllen. Alle anderen 26 EU-Staaten befürworten die Aufnahme.
Schon im Sommer 2023 zeigte sich, wie isoliert die österreichische Regierung in dieser Frage war. Bei einer Resolution stimmten 526 EU-Abgeordnete für die Aufnahme, nur 57 dagegen. Schengen sei eine der „spürbarsten Errungenschaften der europäischen Integration“, heißt es im Abstimmungstext. Zahlreiche Expert:innen, selbst Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen kritisierten die Blockade der österreichischen Regierung.
Nicht mehr als ein PR-Stunt
Diese hatte sich, so vermuten viele Beobachter, aus innenpolitischen Gründen gegen die Aufnahme gesperrt. Kurz nach Bekanntgabe des Vetos fanden Landtagswahlen in Niederösterreich statt, dem für die konservative ÖVP wichtigsten Bundesland. Die Partei hatte mit großen Verlusten zu rechnen, daher wollten sie, so scheint es, mit der Blockade Sympathisanten der rechtsradikalen FPÖ an sich ziehen. Nichtsdestotrotz verloren sie die Mehrheit im Landtag.
Vor einem Jahr hatte Österreich unter großem Getöse „Schengen Light“ für Rumänien und Bulgarien verkündet. Gemeint war mit diesem PR-Begriff das Ende von Grenzkontrollen bei Flugreisenden aus diesen Ländern. Diese spielen aber eine nur untergeordnete Rolle.
Viel bedeutsamer war und ist die Einreise auf dem Landweg. Zahlreiche österreichische Firmen sind in den beiden Ländern engagiert. Rund 150.000 Rumänen und etwa 40.000 Bulgaren leben in Österreich. Wer seine Heimat besuchte, hatte mit stundenlangen Wartezeiten an den Grenzen zu kämpfen – am Ende auch ein beträchtlicher wirtschaftlicher Schaden.
Warum nun doch der Sinneswandel? Aus Sicht des Innenministeriums hat sich die Lage beim Außengrenzschutz seitdem deutlich verbessert. Die Zahl der illegalen Grenzübertritte seien in Rumänien und Bulgarien um etwa die Hälfte zurückgegangen, auch in Österreich kam es zu weniger Aufgriffen. „Ohne dieses Veto wäre diese massive Reduktion nicht gelungen. Unsere Forderungen werden ernst genommen“, sagte Innenminister Gerald Karner (ÖVP).
Migrationskommissar beeinflusste ÖVP
„Man hätte den Druck freilich auch anders ausüben können“, sagt Paul Schmidt, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik. Statt eines kompletten Vetos wären temporäre Grenzkontrollen der diplomatisch klügere Weg gewesen. Auffällig sei bei der damaligen Entscheidung gewesen, Ungarn auszublenden, obwohl illegale Migration nach Österreich zwangsläufig über ungarisches Territorium erfolgen müsse.
Die von vielen Experten kritisierte Blockade habe in Rumänien und Bulgarien zudem das Gefühl verstärkt, „Europäer zweiter Klasse“ zu sein. Dies sei angesichts der ohnehin instabilen politischen Lage in beiden Ländern gefährlich und könne radikalen Kräften in die Hände spielen.
Die jetzige Kehrtwende erklärt er mit einem Ende der innenpolitischen Verwertbarkeit kurz nach den letzten Nationalratswahlen. Aber auch mit dem neuen EU-Migrationskommissar Magnus Brunner, der aus den Reihen der ÖVP stammt. Er dürfte, vermutet Schmidt, hinter den Kulissen die innerparteilichen Weichen gestellt haben.
Die Grenzkontrollen werden voraussichtlich ab dem 1. Januar abgeschafft. Stichprobenkontrollen sollen aber noch bis zum 1. Juli durchgeführt werden, so die Entscheidung.
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