Emissionen von Pestiziden: Klimagift unter dem Radar

Das Pestizid Sulfurylfluorid heizt die Erde auf. Umweltinstitut München fordert ein EU-weites Verbot.

Ak­ti­vis­t:in­nen stellen die giftige Begasung von Exportholz vor dem Reichstag nach Foto: Joerg Farys/Umweltinstitut München

BERLIN taz | Treibhausgase wie CO2 und Methan sind in aller Munde – es geht allerdings noch klimaschädlicher: Das Treibhausgas Sulfurylfluorid (SF), das als Pestizid gegen Schädlingsbefall von Holzstämmen verwendet wird, ist laut Umweltbundesamt rund 5.000-mal so klimawirksam wie CO2. SF treibt dadurch die Erderwärmung an, ist aber auch hochgiftig für Organe und Wasserorganismen.

Trotzdem wird das Gas von der Europäischen Union kaum reguliert. So wird es nicht in den EU-Emissionshandel einbezogen. Denn: Bisher prüft die EU für die Zulassung von Pestiziden nicht, wie klimaschädlich sie sind.

Mit einer Aktion vor dem Reichstag will nun das Umweltinstitut an diesem Donnerstag auf das Klimagift aufmerksam machen. Der Verein fordert die Bundesregierung auf, ein EU-weites Verbot von SF einzuführen. Mit dem Pestizid wird hauptsächlich Rundholz begast, das exportiert wird. Häufig setzen Einfuhrländer das voraus, um ihre Ökosysteme vor neuen Arten wie Borkenkäfern zu schützen.

In den letzten Jahren ist der Gebrauch von SF deutlich gestiegen: Hitze- und Dürreperio­den begünstigten den Schädlingsbefall, sodass mehr Bäume gefällt wurden. Das Kalamitätsholz wurde vermehrt in Länder wie China und Australien exportiert – und dafür begast.

In den vergangenen drei Jahren wurden laut dem Umweltinstitut am Hamburger Hafen 2,96 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente durch die Begasung mit SF ausgestoßen. Zum Vergleich: Die jährlichen Emissionen des innerdeutschen Flugverkehrs liegen bei 2,5 Millionen Tonnen CO2.

Wiederzulassung steht aus

Ende Oktober läuft die EU-Zulassung für SF als Pestizid aus. Über einen Antrag eines von mehreren SF-Herstellern auf Wiederzulassung wird in der EU-Kommission im Juli entschieden. Das Umweltinstitut erwartet zunächst eine Verlängerung um ein Jahr, da die EU verpasst habe, das Pestizid zu prüfen. 2024 könnte dann eine Wiederzulassung auf 10 Jahre anstehen.

Dennoch sei Deutschlands Einsatz gegen SF wichtig: „Damit würde der Druck aufgebaut, die Forschung nach Alternativen für SF zu fördern. Bisher ist es einfach zu bequem, das Pestizid zu benutzen“, sagt Antonia Messerschmitt, die Expertin für Landwirtschaft beim Umwelt­institut.

Noch gibt es kaum verwendbare Alternativen. Ähnliche Pestizide sind entweder noch giftiger, nicht zugelassen oder von den Einfuhrländern nicht anerkannt. Das Umweltinstitut informiert dennoch über mögliche Alternativen mit einer Ausstellung, die die Aktion morgen um 10 Uhr begleitet.

Nach Ansicht der Umweltinitiative muss der Holzexport drastisch verringert werden. Damit sinke nicht nur der Gebrauch von SF. Das Holz könne umweltfreundlich im deutschen Holzbau verwertet werden und dadurch als Klimaschutzmaßname wirken, da Holz CO2 bindet.

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