Handel mit CO2-Zertifikaten: Emissionen sollen mehr kosten

Das EU-Parlament stellt die Weiche für mehr Klimaschutz: Der Umweltausschuss stimmte dafür, den Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten auszuweiten.

Dampfwolke raucht aus einem Schornstein

Wie kriegen wir das klimaneutral? Kraftwerk in Berlin Foto: Paul Langrock

BRÜSSEL taz | Mit einer grün angehauchten Mehrheit hat sich der Umweltausschuss des Europaparlaments am Dienstag in Brüssel für die lange umstrittene Ausweitung des Emissionshandels auf Gebäude und Verkehr ausgesprochen. Bisher waren diese beiden wichtigen Sektoren ausgespart worden.

Der zusätzliche Handel mit Verschmutzungsrechten soll zunächst aber nur Konzerne und kommerzielle Aktivitäten treffen. „Normale“ Bürger und Haushalte bleiben vorerst verschont. Sie sollen erst ab 2029 zur Kasse gebeten werden – wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.

Auf diese Weise wollen die Abgeordneten sicherstellen, dass Autofahren und Heizen nicht noch teurer wird als sowieso schon. Zu den Bedingungen zählt etwa, dass die Energiepreise unter den Durchschnittspreisen von März 2022 liegen. Außerdem soll es Geld aus einem neuen, milliardenschweren Klimasozialfonds geben. So will die EU soziale Härten vermeiden.

Weniger rücksichtsvoll gehen die Abgeordneten mit der Industrie um. Nach 2030 wird sie den vollen CO2-Preis bezahlen müssen. Zudem soll sie keine freien Zertifikate mehr erhalten. Bisher profitiert ausgerechnet die Schwerindustrie von kostenlosen Emissionsrechten. Für den Kompromiss stimmten neben den Grünen auch Sozialdemokraten, Linke und Liberale. Keine volle Unterstützung gab es von den Konservativen, nachdem ihr Chefverhandler Peter Liese (CDU) einige Kröten schlucken musste. „An einigen Stellen geht der Kompromiss mir persönlich zu weit“, erklärte Liese. Als Beispiel nannte er die „drastische Verschärfung des Klimaziels für 2024“. Ein Wermutstropfen sei auch, dass private Heizungen und Autos erst ab 2029 in den Emissionshandel einbezogen werden.

Ein großer Erfolg fürs Klima

Insgesamt sei die Einigung aber „gut für das Klima, für die Arbeitsplätze und für die Menschen“, so Liese. Begeistert zeigte sich der grüne Umweltexperte Michael Bloss. Der Kompromiss sei „ein großer Erfolg“ für das Klima. „Alle, die bei den Europawahlen für mehr Klimaschutz gestimmt haben, dürfen sich gehört fühlen.“ Aus der Industrie kam ein gemischtes Echo. Der Präsident des DIHK, Peter Adrian, befürchtet Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen, da andere Regionen der Welt noch keine CO2-Bepreisung haben. Die Ausweitung des Systems auf Gebäude und Verkehr begrüßte er jedoch.

Peter Liese

„An einigen Stellen geht mir der Kompromiss zu weit“

Der Emissionshandel ist ein zentraler Baustein des europäischen Klimaschutzpakets „Fit for 55“, mit dem der Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um 55 Prozent gesenkt werden soll. Der Handel deckt rund 43 Prozent aller europäischen Kohlendioxid-Emissionen ab. Bisher erzielt er aber nicht die erhoffte Steuerungswirkung; dies soll die Reform ändern. Wohl im Juni muss noch das Plenum des Europaparlaments über die Vorschläge abstimmen. Danach müssen sie auch noch mit den EU-Mitgliedsstaaten verhandelt werden. Ob das Gesetz also so umgesetzt wird, ist noch unklar.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil von „Fit for 55“ ist der CO2-Grenzausgleich. Auch dort zeichnet sich eine Einigung ab. Mit dem neuen Grenzausgleich werde „die heimische Industrie vor Produktion in Ländern mit niedrigeren Klimastandards geschützt“, sagte Delara Burkhardt, klimapolitische Sprecherin der Sozialdemokraten im EU-Parlament. Außerdem werde sichergestellt, dass Verschmutzer innerhalb und außerhalb der EU für ihre Emissionen zahlen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.