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Eklat in HamburgSenat sperrt Protestler aus

Kommentar von Petra Schellen

Beschäftigte des Hafenbetreibers wollten bei Hamburgs Neujahrsempfang gegen die Teilprivatisierung protestieren. Sie durften nicht ins Rathaus.

Umstritten:: Teil-Übernahmen der HHLA durch die Schweizer Reederei MSC Foto: dpa/Scherer Fotografie

D arf man einen besinnlichen Neujahrsempfang stören? Einfach in gelber Warnweste im Hamburger Rathaus erscheinen inmitten all der ausgewählten BürgerInnen, Trachtengruppen und Schützengilden, die dem Bürgermeister ihren Neujahrsgruß entbieten dürfen? Nein, derlei Störung passt offenbar nicht ins Hamburger Rathaus des Jahres 2024. Anders als besagte Trachtengruppen wurden die zwölf Beschäftigen des Hafenbetreibers HHLA als „Gruppe“ abgewiesen – als handele es sich um gefährliche VerbrecherInnen.

Dabei wollten die HHLA-Leute nur ein mahnender Farbfleck sein, vielleicht auch ein, zwei Worte der Skepsis überbringen angesichts der geplanten Teilprivatisierung ihres Betriebs. Die soll dem Senat frisches Geld bescheren, und das geht so: Der Senat reduziert seinen 70-Prozent-Anteil auf 50,1. Die Schweizer Reederei MSC kauft die übrigen, bislang auch von EinzelaktionärInnen gehaltenen Anteile und erreicht so 49,9 Prozent.

Das bedeutet eine starke Machtfülle. Und angesichts der Tatsache, dass Privatisierungen in Hamburg – etwa beim Verkauf der Krankenhäuser gegen Volkes Willen – oft Qualitätsminderung und Arbeitsplatzabbau brachten, ist die Sorge der HHLA-Leute verständlich. Demonstrationen vor dem Rathaus und eine von 3.000 Menschen unterzeichnete Onlinepetition hat es schon gegen den Deal gegeben. All das hat der Senat ausgehalten – und da sollen zwölf HHLA-Beschäftigte im Rathaus eine Bedrohung sein? Hat etwa Kanzler Scholz’ legendäre Angst vor Gelbwesten-Protesten à la Française beim Zutrittsverbot Pate gestanden?

Er hoffe auf ein friedlicheres Jahr, hat der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) gesagt. Vor allem wolle er den Zusammenhalt in der Stadt bewahren. Aber wie kann das gelingen, wenn man Teile der Bevölkerung vom bürgernahen Neujahrsempfang ausschließt? Zumal deren Bedenken berechtigt scheinen, ist ein Privatinvestor doch per definitionem kein Wohltäter der Werktätigen, sondern auf Profit ausgerichtet.

MSC-Beteuerungen helfen nicht

„Wir sehen eine Beteiligung von Reedereien an Hafenbetrieben insgesamt kritisch, weil durch diese Verbindungen der Druck auf Arbeitsbedingungen, Tarife und Arbeitsplätze erhöht wird“, sagt die Gewerkschaft Ver.di. Da hilft es auch nicht, dass MSC beteuert, langfristig Arbeitsplätze erhalten und eine Erfolgsgeschichte schreiben zu wollen.

Im Übrigen ist das Szenario nicht neu: Schon 2007 wollte der damalige CDU-Senat unter Bürgermeister Ole von Beust (CDU) die HHLA zu 49,9 Prozent privatisieren – an die Deutsche Bahn, deren Zentrale nach Hamburg ziehen sollte. Kanzlerin Angela Merkel (auch CDU) verhinderte es. Allerdings, in puncto Bürgernähe könnte Tschentscher von seinem Vor-Vor-Vorgänger lernen: Der ließ beim Neujahrsempfang 2007 im Rathaus den Protest von 300 HHLA-Beschäftigten in Arbeitskleidung zu und ertrug deren schlechte Laune. Aber für den rot-grünen Wohlfühl-Empfang des Jahres 2024 war das wohl zu viel. Da wollte man einfach mal Ruhe haben vor dem mauligen Volk.

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Redakteurin
Seit 2000 Redakteurin der taz am Standort Hamburg. Schwerpunkte: Kultur und -politik, Drittes Reich, Judentum, Religion allgemein.
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2 Kommentare

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  • Ich kann keinen Eklat erkennen. Die Mitarbeiter konnten jederzeit vor dem Rathaus demonstrieren.

  • Noch ist es MSC nicht gelungen, den Kleinaktionären, dazu gehören auch Hafenarbeiter, so viele Aktien abzukaufen, dass es zusammen mit der Stadt zu 95% der Anteile reicht, also für einen "squeeze-out" (d.h. Enteignung auf kapitalistisch). Also ihr Hafenarbeiter, Gewerkschafter, Aktionäre, demonstriert eure Standhaftigkeit an der Börse! Verschwendet eure Zeit nicht im Rathaus!