Eiszeit zwischen Russland und der EU: Wladimir Putins Retourkutsche
Der Kreml antwortet auf die Ausweisung von russischen Diplomaten aus Polen: Vier polnische Corps-Angehörige in Moskau müssen ihre Koffer packen.
MOSKAU taz | Von der Eintrübung der politischen Beziehungen zwischen Russland und der EU bleiben auch die diplomatischen Kanäle nicht mehr verschont. Am Montag gab das Außenministerium in Moskau bekannt, dass Russland einige polnische Diplomaten des Landes verwiesen habe. Dem war die Ausweisung mehrerer russischer Angehöriger des diplomatischen Corps in Polen vorangegangen. „Die russische Seite hat angemessene Gegenmaßnahmen ergriffen. Eine Reihe polnischer Diplomaten hat das Gebiet unseres Landes wegen einer mit ihrem Status unvereinbaren Tätigkeit schon verlassen“, hieß es auf der Website des Außenministeriums.
Nachdem in Warschau ein hochrangiger Offizier der polnischen Armee und ein Anwalt als vermeintliche Informanten des russischen militärischen Geheimdienstes aufgeflogen waren, setzte Warschau mehrere russische Mitarbeiter des Außenministeriums vor die Tür.
Die Retourkutsche ließ nicht lange auf sich warten. Am Freitag wurde die polnische Botschaft darüber in Kenntnis gesetzt, dass vier ihrer Mitarbeiter bis Sonntag das Territorium der Russischen Föderation zu verlassen hätten. Es soll sich um drei Militärattachés und einen Mitarbeiter der politischen Abteilung gehandelt haben. Polen zählt zu den schärferen Kritikern Russlands in der EU, was gelegentlich zu bilateralen Verstimmungen führt. 2000 wurden auf einen Schlag gleich neun polnische Botschaftsangestellte in Moskau zu personae non gratae erklärt.
Auf die neueste Ausweisung polnischer Diplomaten aus Russland reagierte der Außenminister Polens Grzegorz Schetyna in Brüssel. Abwiegelnd erklärte er, dass Moskau eine „symmetrische Antwort“ gegeben habe und die Angelegenheit nun für Polen „abgeschlossen“ sei. Zu den im Oktober verhafteten Polen, denen Spionage für einen „ausländischen Geheimdienst“ vorgeworfen wird, wollte er sich nicht äußern.
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft bleiben die Männer bis zu drei Monate in Haft. „Sobald wir weitere Schritte unternehmen“, so Schetyna, „informieren wir die Öffentlichkeit.“ Ende Oktober 2014 zog das polnische Außenministerium auch die Akkreditierung des Korrespondenten des russischen Senders „Russland heute“ ein. Begründung: die Tätigkeit Leonid Swiridows ginge „über den Rahmen dienstlicher Verpflichtungen eines Journalisten hinaus“.
Auch ein lettischer Staatsbürger russischer Herkunft wurde am Wochenende im staatlichen russischen Kanal NTV als vermeintlicher Agent Lettlands und des US-Geheimdienstes CIA enttarnt. Des Landes verwiesen wurde auch die Leiterin des politischen Referats an der deutschen Botschaft in Moskau. Russland reagierte damit auf die Ausweisung eines Konsulatsmitarbeiters in Bonn, dessen Spionagetätigkeit vom Verfassungsschutz mehrere Monate überwacht worden war. Die Leiterin der politischen Abteilung war letzte Woche zur deutschen OSZE-Vertretung in Wien versetzt worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour