Eiskunstlauf-EM verpasst: Berliner Eisblockade

Bei der Eiskunstlauf-EM fehlen zwei gute georgische Paare mit russischen Pässen. Dafür soll der deutsche Verband mitverantwortlich sein.

Georgisches Eiskunstlaufpaar bei einer Hebefigur

Karina Safina und Luka Berulava, amtierende Juniorenweltmeister, bei der WM 2022 in Montpellier Foto: imago

Bei den Europameisterschaften im Eiskunstlauf diese Woche in Espoo, einem Vorort der finnischen Hauptstadt Helsinki, werden alle Titel neu vergeben. Dass keine Titelverteidiger am Start sind, liegt weniger an der nacholympischen Saison als an dem Ausschluss Russlands von Sportwettbewerben. Russland hat in Europas Eiskunstlauf so dominiert, dass letztes Jahr alle vier Titel, drei Silber- und zwei Bronzemedaillen an SportlerInnen dieser Nation gingen.

Doch während bei Frauen, Männern und im Eistanz auch im nach­olym­pi­schen Jahr und ohne Russland starke Starterfelder mit würdigen TitelanwärterInnen antreten, sind es beim Paarlauf gerade einmal 13 Paare. Chancen auf die Medaillen haben die beiden italienischen Paare Sara Conti/Nicolo Macii und Rebecca Ghilardi/Filippo Ambrosini, aber auch die deutschen Paare Annika Hocke/Robert Kunkel sowie Alisa Efimova/Ruben Blommaert.

Dass es an der Spitze nicht mehr europäische Paare gibt, hat auch mit der deutschen Eislauf-Union zu tun, glaubt man ihrem ehemaligen Bundestrainer Alexander König. Der hatte im Herbst in Berlin zwei georgische Paare trainiert, die zur absoluten europäischen Spitze gehörten, in Finnland aber nicht antreten. Karina Safina/Luka Berulava sind die amtierenden Juniorenweltmeister und Vierte der letztjährigen europäischen Titelkämpfe. Das andere Paar, Anastasia Metelkina/Daniil Parkmann, hat sich in dieser Saison bei König sehr verbessert, sodass auch sie der europäischen Spitze angehörten.

Doch beide Paare mussten im Dezember ihr Training in Berlin abbrechen, weil, so König, eine Blockadehaltung der DEU es ihnen nicht ermöglichte, rechtzeitig ein Visum zu beantragen. Sie sind König zufolge im Dezember nach Russland zurückgekehrt, wo sie bis zur Teilmobilmachung im September 2022 gelebt und trainiert hatten. Dort hätten sich König zufolge beide Paare getrennt. Die SportlerInnen seien auf neuer Partnersuche.

Trainingsmöglichkeit außerhalb Russlands

Alle vier haben neben der georgischen auch die russische Staatsangehörigkeit, so dass in Russland die Gefahr besteht, dass die Männer zum Militärdienst müssen. In Georgien gibt es allerdings keine Eisbahn, auf der sie trainieren können. Deshalb hatte sich der georgische Eislaufverband nach der Teilmobilisierung in Russland Ende September bemüht, für alle seine Sportler Trainingsmöglichkeiten außerhalb Russlands zu finden. Das geht aus einem Schreiben des georgischen Verbandes hervor, das der taz vorliegt. Die beiden Spitzenpaare trainierten nach dem Willen des georgischen Verbandes bei Alexander König in Berlin.

Doch das untersagte ihnen die Deutsche Eislaufunion (DEU) in einem Schreiben an den georgischen Verband vom 12. Oktober, das der taz vorliegt: Die Eisbahn in Berlin könne man den Paaren nicht zur Verfügung stellen, wenn sie mit König trainieren, denn die DEU habe mit König keinen Vertrag, der habe aktuell keine Trainingsgruppe, steht dort. Alexander König hatte die Olympiasieger Aljona Savchenko/Bruno Massot trainiert.

Vor gut einem Jahr kam es aber zum Bruch zwischen dem Eislaufverband und ihrem ehemaligen Bundestrainer. Alexander König: „Die Georgier und ich wurden der oft leeren Eisfläche in Berlin verwiesen und mussten uns in Oberstdorf einen anderen Trainingsort suchen.“ Dort wohnten die Sportler allerdings in Ferienwohnungen. Eine Visabeantragung war damit unmöglich, denn dazu hätten sie Wohnraum am Trainingsort benötigt. In Berlin hatten sie hingegen eine Wohnung. Erst am 7. November lenkte die DEU ein und erlaubte König und den Paaren wieder das Training in Berlin. Zwischenzeitig hatte die DEU einen neuen Vorstand gewählt, der möglicherweise die Konfrontation nicht wollte.

Der georgische Verband lehnte es vor dieser Erfahrung allerdings ab, seine Paare bei der Beantragung eines Visums für Deutschland, das sie ab Ende Dezember gebraucht hätten, zu unterstützen. Die verbliebene Zeit wäre für den bürokratischen Prozess ohnehin zu kurz gewesen. Beide Paare kehrten nach Russland zurück. Mit ihrem Fleiß und ihrem hohen sportlichen Können hatten sie die Berliner Juniorenpaare im Trainingsalltag sehr motiviert. Die erheblichen Gebühren der Paare für Eisnutzung und Trainerhonorare fließen seitdem nicht mehr nach Berlin, sondern sie bringen dem von internationalen Wirtschaftssanktionen betroffenen Russland willkommene Einnahmen.

Wenn sich das Verhalten der DEU unter internationalen Eislaufverbänden herumspricht, wovon auszugehen ist, hat die DEU dem Trainingsstandort Deutschland einen Bärendienst erwiesen. Gegenüber der taz bestreitet die DEU allerdings „den geschilderten Sachverhalt.“ Die DEU schreibt: „Bestätigen können wir, dass zwei international startende Paarlaufpaare, die Georgien repräsentieren, […] an unserem Bundesstützpunkt in Berlin in der Verantwortung von Alexander König auf unseren Eiszeiten trainiert haben.“

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