piwik no script img

Einwanderungspolitik der CDUNun will Merkel Migration

Nach SPD und Teilen der Union fordert jetzt auch CDU-Chefin Angela Merkel ein Gesetz. Die Opposition reagiert skeptisch.

Mal hüben, mal drüben: flexibel kann die Kanzlerin. Foto: reuters

Berlin taz | Die CDU schwenkt um: Parteichefin Angela Merkel schließt sich offenbar den Forderungen von SPD und Teilen der Union an, ein Einwanderungsgesetz einzuführen. Der Parteivorstand solle nach der Sommerpause einen entsprechenden Antrag an den Parteitag beschließen, sagte ein CDU-Sprecher am Freitag in Berlin und bestätigte damit einen Bericht des Nachrichtenmagazins Spiegel.

Mit der Positionierung der Kanzlerin steuert eine monatelange Debatte auf ihr Ende zu. Sie begann im Januar, als CDU-Generalsekretär Peter Tauber laut über ein Einwanderungsgesetz nachdachte. In so einem Gesetz könnte festgelegt werden, wie viele Migranten nach Deutschland kommen dürfen und nach welchen Kriterien sie ausgewählt werden. Tauber schlug vor, nach Deutschkenntnissen, Ausbildung und potenziellem Arbeitsplatz zu entscheiden.

In der SPD fand er dafür offene Ohren. Fraktionschef Thomas Oppermann warb um eine Regelung nach dem Vorbild des kanadischen Punktesystems. Darin wird jedes Jahr neu festgelegt, wie viele Arbeitskräfte aus dem Ausland die Wirtschaft braucht. Potenzielle Einwanderer, die die gewünschten Fähigkeiten mitbringen und einige andere Kriterien erfüllen, dürfen kommen.

Die CDU reagierte gespalten auf die Vorschläge. Der Wirtschaftsflügel der Partei plädierte ebenfalls für ein Gesetz, Innenminister Thomas de Maizière wandte sich dagegen. Das geltende Aufenthaltsrecht sei ausreichend, sagte er. Außerdem sei das kanadische Punktesystem zu bürokratisch.

Die Vorlage, über die die CDU nun abstimmen soll, stammt von einer parteiinternen Kommission unter Leitung des nordrhein-westfälischen CDU-Chefs Armin Laschet. „Deutschland ist ein Einwanderungsland“, schreibt die Arbeitsgruppe. Sie fordert, bisherige Migrationsregelungen in einem Gesetz zusammenzufassen, die Sprachförderung von Zuwanderern zu verbessern und Migranten schneller einzubürgern. Weitere Details nennt das Papier nicht.

Koalitionspartner freut sich trotzdem

Der Koalitionspartner freut sich trotzdem über die Neuigkeit aus dem Konrad-Adenauer-Haus. „Zu uns kommen zahlreiche Menschen, die nicht politisch verfolgt sind und die deshalb kein Asyl bekommen. Vielen können und wollen wir eine Perspektive bieten: in der Ausbildung, auf dem Arbeitsmarkt und in unserer Gesellschaft“, sagte SPD-Innenpolitikerin Eva Högl. Deutschland brauche ein klares Bekenntnis zu mehr Einwanderung.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter reagierte skeptischer. „Deutschland ist schon längst ein Einwanderungsland, und wir brauchen ein modernes Einwanderungsgesetz. Frau Merkel darf aber nicht meinen, sie komme mit Tricks davon: Ein schöner Titel ‚Einwanderungsgesetz‘ reicht nicht. Es muss auch drin sein, was draufsteht“, sagte er der taz. Seine Fraktion hatte zu Jahresbeginn ein eigenes Konzept vorgelegt. Es sieht neben einem Punktesystem unter anderem eine Erleichterung des Familiennachzugs vor.

Fundamentalkritik kommt nur von der Linkspartei. „Wir sind gegen eine Einwanderungspolitik, die Menschen in nützliche und unnütze Migranten sortiert“, sagte die Abgeordnete Sevim Dağdelen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • In Kanada, neben dem Punktesystem, gibt es auch humanitäre Aspekte, wonach die Familienangehörige nachziehen können. Da es in Deutschand einen stegenden Fachkräftemanel gibt (nicht Führungskräftemangel), bilden damit die Familienangehörigen des ersten Grades eines jeden zugezogenen Arbeitnehmers eine notwendige Arbeitnehmergruppe, um die fehlenden 16 Millionen Fachkräfte bis 2050 überhaupt aufbringen zu können. Dazu kämen noch Flüchtlinge.

     

    Wie schon der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) forderte. "Wer heute gegen Zuwanderung demonstriert", sagte Dercks, "gefährdet seine eigene Rente."

     

    Bezug nehmend auf diese Aussage von Herrn Dercks kann man mit dem Rentensystem in unserem Land verdeutlichen, dass das ganze Wirtschafts- und Sozialsystem durch den steigenden Fachkräftemangel gefährdert ist. Die Steuereinnahmen werden nähmlich auch sinken.

  • Blöde Bildunterschrift! Der Mensch, der die abgesondert hat, hat damit indirekt erklärt, dass ihm Betonköpfe lieber sind als Leute mit der Fähigkeit zur (intellektuellen) Veränderung. Vermutlich, weil sie sich besser als Feindbild eignen.

     

    Wieso solch ein Mensch ausgerechnet in der taz ausgerechnet einen Beitrag zur Migrationsdebatte bebildern muss, ist mir ein Rätsel. Personalmangel? Finanznot? Nicht genügend Kriege auf der Welt?

  • Einwanderer - Auswanderer - Wanderer. Die Menschheitsgeschichte ist eine Geschichte der Wanderer. Ohne diese Wanderer von einer Himmelsrichtung in die andere und wieder zurück wäre die Menschheit ausgestorben. Die Motive waren verschieden. Die Nahrungssuche war und ist vorrangig. Die Gründe für Hunger sind bekannt. Auch "Hunger nach Veränderung" ist zutiefst menschlich und war immer ein Auslöser für positive Veränderungen.

    • @Gion :

      Danke für den Kommentar.

  • Ein derartiges Gesetzt wird nichts wesentliches ändern, weil die Masse der Flüchtlinge ja gerade unter Umgehung von Gesetzen zu uns kommen (müssen).

  • Guten Morgen, Union ! Aufgewacht und verstanden, wo es doch schon so lange brennt ? Ein Zuwanderungsgesetz mit festen Quoten, etwa nach dem Vorbild Canadas, würde vielen Bürgern ihre, berechtigte oder unberechtigte, Angst nehmen und unserem Land insgesamt gut tun. Just do it !