Einflussnahme im Bundestag: 28.694 registrierte Lobbyisten

Seit Januar soll das Lobbyregister bei Bundestag und Regierung für Transparenz sorgen. Die Ampel arbeitet gerade an Verschärfungen. Doch reicht das?

Der Bundesadler im Plenarsaal des Bundestags.

Der Bundesadler wacht über die Abgeordneten im Bundestag, wird auch ausreichend über ihre Kontakte zu Lobbiesten gewacht Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN taz | Transparency International befürchtet, dass die Ampelkoalition das Lobbyregister nicht ausreichend nachschärfen wird. „Ich bin skeptisch“, sagte der Vorsitzende Hartmut Bäumer der taz. Zweifel hat der Transparency-Chef unter anderem daran, ob die „Riesenausnahmen“ etwa für Kirchen, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände aufgehoben werden. Weil deren Arbeit zum Teil grundgesetzlich geschützt ist, müssen sie sich bislang nicht registrieren.

„Es betrifft nicht die Religionsfreiheit, wenn die Kirchen als Lobbyisten tätig werden“, kritisiert Bäumer. Das gleiche gelte für die Tarifautonomie und die Gewerkschaften. Die Argumente seien an den Haaren herbeigezogen. „Aber ich befürchte, dass die Ausweitung an der SPD scheitert.“

Die Ampel aus SPD, Grünen und FDP hat im Koalitionsvertrag festgelegt, dass sie das Lobbyregistergesetz schärfen will, dabei soll auch „der Kreis der eintragungspflichtigen Interessenvertertungen grundrechtsschonend und differenziert erweitert“ werden.

Das vom Grundgesetz geschützte müsse dabei sauber von nicht geschützten Interessen getrennt werden, sagte Stephan Thomae, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP, der taz. „Das ist nicht ganz einfach.“ Die Koalition arbeite daran. „Wenn es gut läuft, sind wir bis zum Jahresende fertig.“ Das gelte auch für die Einführung eines exekutiven und legislativen Fußabdrucks, der zeigen soll, wer auf Gesetzentwürfe Einfluss genommen hat. Die Koalition sei gerade dabei, mit den zuständigen Ministerien eine endgültige Formulierung zu erstellen, bestätigt der Grüne Bruno Hönel.

Es drohen Bußgelder bis 50.000 Euro

Das Lobbyregister wird seit Anfang des Jahres auf der Internetseite des Bundestages geführt. Damit soll transparenter werden, wer Einfluss auf politische Entscheidungen und die Gesetzgebung nimmt.

Lob­by­is­t:in­nen müssen sich registrieren und Auf­trag­ge­be­r:in­nen und Themen nennen, sowie Angaben zum personellen und finanziellen Aufwand ihrer Lobby­tätigkeit bei Bundestag und Bundesregierung machen. Bei Verstößen droht ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro, welches allerdings noch nicht verhängt wurde. Die Einführung des Fußabdrucks war zuletzt an der Union gescheitert.

Bislang gibt es beim Lobbyregister 5.069 Einträge, darunter Unternehmen, Verbände, Organisationen und Einzelpersonen. „Bei 701 der 5.069 Einträge wurden die Angaben zu finanziellen Aufwendungen verweigert, das ist derzeit rechtlich noch möglich“, sagt Christian Heyer, der Leiter des Lobbyregisters bei der Bundestagsverwaltung.

12.611 einzelne Lob­by­is­t:in­nen sind registriert, also Leute, deren Job es ist, die Interessenvertretung unmittelbar auszuüben. Hinzu kommen die gesetzlichen Ver­tre­te­r:in­nen der verzeichneten Organisationen. Insgesamt sind es 28.694 Personen.

Heyers Team sucht in den vorhandenen Daten auch nach Verstößen. Immer wieder kommt es etwa vor, dass Lob­by­is­t:in­nen sich registrieren, ihre Auf­trag­ge­be­r:in­nen aber nicht. „Es gibt über 100 Fälle, in denen immer noch kein Eintrag vorgenommen wurde und sich eine Ausnahmeregelung nicht aufdrängt“, sagte Heyer. „Dem werden wir weiter intensiv nachgehen.“ Der Grüne Hönel verweist auf ein anderes Problem: Dass die Eintragspflicht durch ­Zwischenschaltung von Lobby­agenturen umgangen wird. „Auch dies ist eine erhebliche Schwäche des Registers, die es zu beseitigen gilt.“

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