Ehemodelle in Frankreich: Dauert nur fünf Minuten
Seit 1999 gibt es in Frankreich eine Alternative zur Ehe. Damals gab es Kritik, heute ist Pacsen fast so beliebt wie Heiraten.
„Das Gesetz über den PACS war ein Fortschritt, denn es hat es erlaubt, zu ganz Frankreich über die Homosexualität zu sprechen“, sagte der Vorkämpfer der Rechte von Schwulen und Lesben, Jan-Paul Pouliquen, 2021 der Zeitung Le Monde. Das Thema führte allerdings in der Nationalversammlung zu heftigen Debatten, in deren Verlauf die erzkonservative Abgeordnete Christine Boutin sogar eine Bibel aus der Handtasche zog.
Die konservative Opposition und katholische Kreise sahen die traditionelle Ehe und Familie durch den Pakt gefährdet. Knapp 100.000 Menschen gingen mit Slogans wie „Schwule zum Metzger“ auf die Straße.
Heute entscheiden sich vor allem heterosexuelle Paare für den PACS, weil er ganz unbürokratisch in fünf Minuten mit einer Unterschrift im Standesamt geschlossen werden kann. Für die Auflösung ist lediglich ein unterschriebenes Formular nötig, das per Einschreiben ans Rathaus geschickt werden muss.
Die Güter bleiben getrennt
„Der PACS ist ein von zwei volljährigen Personen desselben oder anderen Geschlechts geschlossener Vertrag, um ihr gemeinsames Leben zu organisieren“, steht im Code Civil, dem bürgerlichen Gesetzbuch. Die beiden Partner, die zusammenleben müssen, verpflichten sich, im Falle von Krankheit oder Arbeitslosigkeit finanziell füreinander einzustehen.
Bei der Steuer und der Sozialversicherung sind die Paare den Verheirateten gleichgestellt. Die Güter bleiben dagegen in der Regel getrennt und werden auch im Todesfall nicht vererbt. Im Gegensatz zu Verheirateten haben Verpacste im Todesfall auch keinen Anspruch auf die Rente des/der anderen. Ein weiterer Nachteil: Der PACS wird in Ländern wie Deutschland lediglich bei gleichgeschlechtlichen Paaren anerkannt.
Seit vergangenem Jahr können PACS-Paare auch Kinder adoptieren. Für die Kinder, die der Partner oder die Partnerin mit in die Beziehung bringt, hat der andere allerdings kein Sorgerecht. Dennoch ist die eingetragene Partnerschaft in Frankreich ein Erfolgsmodell.
Nachdem in den ersten Jahren nur rund 20.000 PACS-Paare pro Jahr registriert wurden, ein Viertel davon homosexuell, sind es inzwischen mehr als 190.000. Während die Zahl der Eheschließungen immer weiter zurückgeht, steigt die Zahl der verpacsten Paare. Auch die Einführung der Ehe für alle 2013 brach den Trend zum PACS nicht. Bei homosexuellen Paaren ist das Pacsen heute noch deutlich beliebter als das Heiraten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen