Edward Snowden beim CCC-Kongress: „Unsere Arbeit war nie wichtiger“

Flüchtlinge, die Edward Snowden halfen, in Hongkong unterzutauchen, werden jetzt selbst verfolgt. Beim 34C3 in Leipzig bittet ihr Anwalt um Unterstützung.

Edward Snowden spricht auf einer Videowand beim 34. Chaos Communication Congress in Leipzig

Snowden: Nicht physisch da, aber trotzdem anwesend Foto: dpa

LEIPZIG taz | „Sie sollten mal Edward Snowden hierher holen“, hat Christian Ströbele am Mittwochabend noch gewitzelt. Was er nicht wusste: Snowden würde den Jahreskongress des Chaos Computer Clubs besuchen, nicht physisch, aber doch persönlich und live. Am Donnerstag war sein Auftritt angekündigt und viele Besucher*innen schienen nervös. Quer durch die große Eingangshalle der Leipziger Messe bildete sich schon mehrere Stunden zuvor eine Schlange an Interessierten, die den berühmtesten Hacker der Welt nicht verpassen wollten.

Doch zuvor erzählten der Handelsblatt-Journalist Sönke Iwersen und der Hongkonger Rechtsanwalt Robert Tibbo die Geschichte von sieben anderen Flüchtlingen: Jenen drei Familien aus Sri Lanka und den Philippinen, bei denen Edward Snowden in Hongkong kurz nach seinem Outing untertauchte. Bei Flüchtlingen würde die Polizei Snowden nicht vermuten, erklärt Tibbo sein damaliges Handeln. Und tatsächlich: Snowden konnte nach zwei Wochen aus Hongkong fliehen, nach Russland, wo er noch immer im Asyl lebt.

Tibbos Entscheidung, die einen seiner Mandanten schützte, würde aber in den Folgejahren seine anderen Mandant*innen in Gefahr bringen. Nachdem bekannt wurde, dass Snowden bei den Flüchtlingen in Hongkong Schutz gefunden hatte, habe die Regierung Hongkongs sie bestraft, so Tibbo. Ihre Unterstützung sei gekürzt worden, ihren Kindern sei der Schulbesuch verweigert worden. Außerdem sei ein Beamter der srilankischen Polizei eingereist, um nach einigen der Flüchtlinge zu forschen. Deren Familien seien wiederum auf Sri Lanka bedroht worden.

Zwar gebe es Anstrengungen den sieben „Snowden-Flüchtlingen“ Asyl in Kanada zu verschaffen, doch in Hongkong drohe ihnen die Ausweisung. „Wenn meine Mandanten in ihre Heimatländer abgeschoben werden, erlischt ihr Asylanspruch“, so Tibbo. „2019 werden sie auf jeden Fall nicht mehr in Hongkong sein, sondern entweder in Kanada oder ihren Heimatländern.“ Er selbst sei auch ins Visier geraten: So habe die Regierung sich über ihn bei der Anwaltskammer beschwert und kurzfristig zahlreiche alte Fälle reaktiviert, offenbar um ihn zu überlasten.

Nach dem Vortrag wurde Edward Snowden eingeblendet. Von den großen Bildschirmen sprach der Whistleblower, der 2013 zahlreiche interne Dokumente des US-Geheimdienstes NSA öffentlich gemacht hatte, zu dem vollen Saal. „Alles, was ihr soeben gehört habt, ist etwas, das Hacker schon immer wussten: Regierungen missbrauchen ihre Macht“, sagte er. „Diese Familien brauchen unsere Hilfe, dieses Problem muss gelöst werden.“ Er appellierte an die „Hacker-Ethik“, Macht herauszufordern und skeptisch zu bleiben: „Unsere Arbeit war noch nie wichtiger.“

Zuletzt, als die Zeit des Vortrages abgelaufen war, und viele Zuhörer*innen bereits begannen den Saal zu verlassen, kamen auch die Geflüchteten aus Hongkong zu Wort. Sie waren offensichtlich bis mitten in die Nacht wach geblieben, um am Vortrag in Deutschland teilnehmen zu können. Sichtbar müde konnten sie wegen eines Technikfehlers zuerst nicht angesprochen werden. Schließlich blieb nur wenig Zeit. Warum halfen sie Snowden, fragte eine Zuschauerin. „Er brauchte Hilfe, also wollten wir ihm helfen“, antwortete eine Frau. Ob sie es wieder tun würden, fragt Anwalt Tibbo. „Ja“ war die schlichte Antwort.

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