Ebola-Epidemie in Westafrika: Nigeria ruft den Notstand aus
9 Menschen im westafrikanischen Land sind infiziert, weitere 139 stehen unter Quarantäne. Guinea hat seine Grenze geschossen. Die Lage des ausgeflogenen Spaniers ist stabil.
KANO/BERLIN/MADRID dpa/rtr | Im Kampf gegen die immer weiter um sich greifende Ebola-Epidemie verstärkt Nigeria seine Anstrengungen. Das Land stellte 139 möglicherweise mit dem Virus Infizierte unter Quarantäne, wie die Tageszeitung Punch am Samstag berichtete. Präsident Goodluck Jonathan rief auf Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) den nationalen Notstand aus und bewilligte am Freitagabend 1,9 Milliarden Naira (8,6 Millionen Euro) zur Soforthilfe gegen Ebola. Die Zahl der Infizierten in Nigeria stieg um zwei auf neun.
Guinea hat seine Grenzen zu Sierra Leone und Liberia geschlossen, um die Ausbreitung der Ebola-Epidemie zu stoppen. Die Maßnahme sei in Absprache mit den beiden Nachbarstaaten ergriffen worden, erklärte die Regierung in Conakry am Samstag. So solle vermieden werden, dass weitere Infizierte ins Land kämen. Seit März sind in Guinea mindestens 367 Menschen an Ebola gestorben, 18 Kranke werden derzeit auf Isolierstationen behandelt.
Dem ersten nach Europa gebrachten Ebola-Patienten geht es den Umständen entsprechend gut. Der Zustand des spanischen Geistlichen Miguel Pajares sei weiterhin stabil, sagten am Samstag die Ärzte, die den 75-Jährigen in einem Madrider Krankenhaus behandeln. Pajares hatte sich in Liberias Hauptstadt Monrovia mit dem Virus infiziert und war am Donnerstag in seine Heimat geflogen worden. Dagegen starb eine Mitarbeiterin des Missionars, eine aus dem Kongo stammende Nonne, am Samstag in Monrovia an dem Virus. Dies teilte die katholische Hilfsorganisation „Juan Ciudad“ mit, für die Pajares gearbeitet hatte.
Spanien ist nach den USA der zweite westliche Staat, der seit dem Ausbruch der Epidemie in Westafrika einen mit Ebola infizierten Staatsbürger heimgeholt hat. Pajares hatte in Monrovia in einem mittlerweile geschlossenen Krankenhaus gearbeitet. „Juan Ciudad“ teilte am Samstag mit, man wolle schon in Kürze ein Sanitäter-Team nach Monrovia entsenden, das das Krankenhaus wieder öffnen solle.
Besserung bei US-amerikanischem Arzt
Dem US-Arzt Kent Brantly, der sich in Liberia mit Ebola infiziert hatte und in die USA ausgeflogen worden war, geht es wieder deutlich besser. „Ich fühle mich jeden Tag ein bisschen stärker“, erklärte Brantly in einer von seiner christlichen Hilfsorganisation verbreiteten Stellungnahme am Freitag (Ortszeit). Er hatte das zuvor lediglich an Affen getestete, experimentelle Mittel Zmapp erhalten.
Ein Kanadier, der kürzlich in Nigeria war, kam zur Beobachtung auf eine Isolierstation in Toronto, wie der Sender Global News am Samstag berichtete. Der Mann habe grippeartige Symptome, die auch für Ebola typisch seien. Eine genaue Diagnose gebe es noch nicht.
Seit auch Nigeria von der Epidemie betroffen ist, gibt es erstmals direkte Flugverbindungen zwischen einem Ebola-Gebiet und Deutschland. Die Lufthansa fliegt täglich von Frankfurt am Main aus zwei Ziele in Nigeria an: Lagos und Abuja. Passagiere aus Nigeria bekommen am Frankfurter Flughafen Info-Material ausgehändigt. Auch mit Blick auf die Vorkehrungen am Flughafen sagte der Leiter des Frankfurter Gesundheitsamtes, René Gottschalk, der Frankfurter Rundschau: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir da irgendetwas übersehen.
RKI-Präsident sieht keine Gefahr für Deutschland
Für die Bevölkerung in Deutschland ist die bislang schwerste bekannte Ebola-Epidemie nach Experteneinschätzung keine Bedrohung. Das Risiko einer Weiterverbreitung bestehe nicht, „weil es in Deutschland und Europa alle Voraussetzungen zur sicheren Versorgung Betroffener gibt“, sagte der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Reinhard Burger, der Passauer Neuen Presse.
Es sei „unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich, dass Reisende die Krankheit nach Deutschland oder Europa mitbringen“, sagte RKI-Chef Burger. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch sei durch direkten Kontakt oder mit Blut oder anderen Körperflüssigkeiten von erkrankten Menschen oder Verstorbenen möglich. Personen im engsten Umfeld dieser Erkrankten hätten ein Ansteckungsrisiko.
Ebola brach im westafrikanischen Küstenstaat Guinea aus und breitete sich in den Nachbarländern Sierra Leone und Liberia aus. Knapp 1.000 Menschen sind bereits an der Fieberkrankheit gestorben. Die WHO hatte den Ausbruch der Seuche am Freitag zum Internationalen Gesundheitsnotfall erklärt und die vier Länder Nigeria, Guinea, Liberia und Sierra Leone aufgefordert, den Notstand auszurufen. Grund dafür sei, dass die meisten dieser Länder ein mangelhaftes Gesundheitssystem hätten und dringend internationale Unterstützung zur Bekämpfung der Epidemie bräuchten. Für Deutschland habe die WHO-Einstufung keine direkte Folge.
Im Krisengebiet in Guinea testet der Virologe Thomas Strecker aus Marburg Blutproben auf den gefährlichen Erreger. „Dieser Ebola-Ausbruch ist in seiner Gesamtheit verheerend“, sagt Strecker, der beim „Europäischen mobilen Labor“, einem von der EU geförderten Projekt, arbeitet, der Nachrichtenagentur dpa. „Es ist traurig zu beobachten, dass sich trotz der Maßnahmen immer mehr Menschen infizieren.“
Nach 40 Jahren immer noch kein Impfstoff
Für Ebola existiert weder ein zugelassenes Gegenmittel noch eine Impfung. Die Virusinfektion, die mit schwerem Fieber und Blutungen einhergeht, verläuft sehr schnell und endet in den meisten Fällen tödlich. Bis zum 6. August waren der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von den betroffenen Ländern 1.779 Ebola-Fälle gemeldet worden, die entweder schon bestätigt waren oder bei denen es einen Verdacht gab. 961 Menschen starben bis dahin.
Vor diesem Hintergrund sehen Forscher auch die eigene Zunft kritisch: „Es ist beschämend, dass wir nach fast 40 Jahren noch immer kein Medikament und keinen Impfstoff gegen Ebola in der Hand haben“, sagte der Marburger Virologe Stephan Becker dem Focus. Mehrere Medikamente und Impfstoffe seien bereits an Affen getestet worden, aber Forscher hätten klinische Tests am Menschen bislang unterlassen. „Wir hätten viel früher damit anfangen müssen.“ Becker rechnet damit, dass frühestens nächstes Jahr ein Impfstoff zur Verfügung steht.
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