EZB-Umfrage zu virtuellem Euro: Ein Nein steht nicht zur Debatte
Laut EZB-Chefin Christine Lagarde soll es spätestens 2026 den „E-Euro“ geben. Bei einer Befragung dazu zeigen sich großes Interesse – und Lücken.
Dabei arbeitet die EZB bereits seit Monaten am „E-Euro“. Aufgeschreckt von Meldungen über die neue virtuelle Facebook-Währung Diem (zunächst Libra), die dem Euro Konkurrenz machen könnte, hat die Zentralbank in Frankfurt eine Expertengruppe sowie Bürger und Unternehmen konsultiert. Die Befragung wurde nun mit Rekordbeteiligung beendet – 8.221 Antworten sind laut EZB eingegangen.
„Die hohe Anzahl von Antworten auf unsere Umfrage zeigt das große Interesse an der Gestaltung der Vision eines digitalen Euro“, sagte EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta. Die Ergebnisse sollen aber erst im Frühjahr vorgestellt werden.
Ein Nein zum „E-Euro“ stand bei der Befragung, die offenbar vor allem für Akzeptanz sorgen sollte, nicht zur Wahl. Vielmehr ging es um Details wie Datenschutz, Sicherheit und europaweite Verfügbarkeit. Wenig überraschend interessierten sich die meisten Befragten für Datenschutz und Anonymität – dies immerhin ließ die EZB bereits durchblicken. Wie beides in der Praxis gewährleistet werden soll, blieb jedoch offen. Unklar ist auch, wie der „E-Euro“ eigentlich ausgestaltet werden soll – und wer ihn bekommt.
Varianten und offene Fragen
Eine viel diskutierte Möglichkeit ist, das digitale Geld allen zugänglich zu machen – aber nur bis zu einem Höchstwert von etwa 100.000 Euro. Das könnte als bombensicheres Depot dienen, da die Zentralbank garantiert. Aber schon bei der Frage, ob das digitale Konto bei der EZB angesiedelt wäre oder bei normalen Banken oder Sparkassen, scheiden sich die Geister. Die Geschäftsbanken würden gern mitmischen. Sie fürchten, ansonsten massiv an Geschäft einzubüßen. Doch wie lassen sich „normale“ und digitale Konten voneinander unterscheiden? Was passiert bei einer Krise? Einige Experten fürchten, dass dann ein Run auf das sichere digitale Geld einsetzen könnte. Statt den Euro zu stärken, könne der „E-Euro“ für neue Turbulenzen sorgen.
Fest steht, dass Geschäftsbanken, Fintechs und die europäischen Zentralbanken, auch die Deutsche Bundesbank, hinter den Kulissen heftig um die Ausgestaltung ringen. Der Bundestag und das Europaparlament sitzen derweil auf der Zuschauerbank. Dabei fürchten viele Abgeordnete, die neue digitale Währung könne über kurz oder lang dem Bargeld den Garaus machen. Die EZB beschwichtigt: Der digitale Euro solle es nur ergänzen, beteuert Lagarde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind