EU und USA gegen Paketflut aus China: Shein und Temu bald teurer?
Brüssel und Washington knöpfen sich Ramschhändler wie Shein vor. Die Kommission schlägt vor, Zollbefreiung für teils gefälschte Waren zu streichen.
Beide Aktionen seien nicht abgesprochen, erklärte Handelskommissar Maroš Šefčovič in Brüssel. „Wir arbeiten regelbasiert“, betonte er. Es sei „reiner Zufall“, dass die EU und die USA gleichzeitig zuschlügen. Aus seiner Sicht sei aber Eile geboten.
Es gelte, die Verbraucher und die Umwelt vor einer Flut minderwertiger Textilien und teilweise gefährlicher Produkte zu schützen. Der EU-Kommission zufolge kamen im vergangenen Jahr 91 Prozent aller E-Commerce-Importe mit einem Wert von bis zu 150 Euro aus China. Das Volumen habe sich damit seit 2023 mehr als verdoppelt – von 1,9 Milliarden auf 4,17 Milliarden Sendungen. Nun erwägt die EU, die Zollbefreiung für Sendungen im Wert von bis zu 150 Euro zu streichen – und die Bestellungen aus Fernost damit zu verteuern.
Entscheidungen sind aber noch nicht gefallen. Die Brüsseler Behörde legte lediglich Empfehlungen vor, aber noch keine Gesetze. So sollen die nationalen Verbraucherschutzbehörden in den 27 EU-Ländern gemeinsam gegen Shein vorgehen. Onlinehändler sollen künftig kontrollieren, ob die auf ihren Plattformen angebotenen Produkte legal sind und den EU-Sicherheitsnormen entsprechen. Parallel dazu plant die EU-Kommission Reformen im Zollrecht.
Wachsende Beliebtheit auch in Deutschland
Shein ist ein Händler für Mode und Sportartikel, der in China gegründet wurde und seinen Sitz heute in Singapur hat. Er gilt als eines der größten Modeunternehmen der Welt. Plattformen wie Temu, Ali-Express oder Shein erfreuen sich auch in Deutschland wachsender Beliebtheit. „Viele dieser Importe verstoßen gegen europäische Gesetze, zum Beispiel aus den Bereichen Produktsicherheit und Verbraucherschutz“, so das Bundeswirtschaftsministerium.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) kritisierte, die Kommission gehe viel zu zögerlich vor. Statt erst beim Paketversand müsse die EU bereits beim Verkauf ansetzen. „Bisher werden Anbieter nicht daran gehindert, unsichere Produkte über Online-Marktplätze zu verkaufen“, sagte VZBV-Handelsreferentin Stefanie Grunert.
Die 150-Euro-Grenze beim Zoll „muss jetzt so schnell wie möglich fallen“, forderte der Chef des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange (SPD). Sie sei nicht mehr zeitgemäß. „Dadurch werden wir von Sendungen aus Drittländern überflutet und der Zoll hat überhaupt nicht mehr die Möglichkeit, entsprechend zu prüfen.“
Wesentlich drastischer gehen derweil die USA gegen die Billigflut aus China vor – und ziehen damit die Schrauben im Handelskonflikt mit China schärfer an. So hat Präsident Donald Trump ein Schlupfloch für Sendungen geschlossen und die sogenannte „De minimis“-Ausnahme von Einfuhrzöllen beendet, die bislang zollfreie Lieferungen von Paketen mit geringem Wert aus der Volksrepublik in die USA ermöglichte.
Weiter Pakete aus China in den USA
Diese Regeln erlaubten es Onlinehändlern wie Temu und Shein, Pakete mit einem Warenwert von weniger als 800 Dollar zollfrei in die Vereinigten Staaten zu schicken. Trump hatte zudem vor wenigen Tagen Zölle in einer Höhe von zehn Prozent gegen Waren aus China verhängt, die Volksrepublik reagierte mit Gegenmaßnahmen.
Briefe und Päckchen aus China würden aber weiter transportiert, teilte die US-Post (USPS) mit. USPS werde Zeit brauchen, um sich auf die neuen Zoll-Regelungen einzustellen und über eine erneute Beförderung der Pakete zu entscheiden, sagte Morningstar-Analystin Chelsey Tam. Internationale Logistiker erklärten ebenfalls, sie transportierten weiter Pakete aus der Volksrepublik in die USA. Fed-Ex teilte etwa mit, der Konzern liefere weiter. Der Onlinehändler Amazon wollte sich nicht äußern.
Analysten gehen davon aus, dass sich die Sendungen von Temu oder Shein in die USA durch das Vorgehen der US-Regierung verteuern werden. Es sei aber nicht zu erwarten, dass dies die Zahl der Sendungen dramatisch drücken werde. Die chinesischen Onlinehändler seien voraussichtlich auch unter den neuen Regeln billiger als US-Handelsketten.
China reagierte empört. Diese US-Maßnahme sei „unsinnig“, sagte der Sprecher des Außenministeriums in Peking, Lin Jian. „Wir fordern die USA nachdrücklich auf, die Politisierung und Instrumentalisierung von Handels- und Wirtschaftsfragen und die unsinnige Bestrafung chinesischer Unternehmen zu unterlassen.“
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